Fernverkehr

Potsdam nicht vom IC-Verkehr abkoppeln!


PRO BAHN
Landesverband

1. Jun 1992

Nach der Elektrifizierung der Strecke Güterglück - Michendorf - Drewitz - Berlin Zoologischer Garten wird der ICE- bzw. IC-Verkehr zwischen Magdeburg und Berlin ab 1993 auf diese Strecke verlagert werden. Damit soll nach den bisherigen Plänen von DR/DB der IC-Halt in Potsdam Stadt ersatzlos entfallen. Weil die Planverfahren für den Ausbau der derzeit befahrenen Strecke Magdeburg - Brandenburg - Potsdam - Berlin im wesentlichen schon abgeschlossen sind und weil in diesem Zusammenhang so umfangreiche Umbauten im Bereich der Stadt Potsdam vorgesehen sind, wird eine Streckenführung der IC-Züge über Potsdam Stadt (z.B. Beelitz Heilstätten - Caputh-Geltow - Potsdam Hbf) tatsächlich nicht mehr möglich sein. So weit - so schlecht.

Nun scheint aber ein Schildbürgerstreich ganz erheblichen Ausmaßes bevorzustehen, den die Potsdamer und andere Interessierte nicht nachvollziehen können: DR/DB planen, an einem Potsdamer Bahnhof für den Traktionswechsel der lokbespannten IC-Züge zu halten, ohne daß die Potsdamer und ihre Gäste ein bzw. aussteigen dürfen. Die Bürger dieser Stadt, die zu DDR-Zeiten die Bahn für Fahrten in die Bundesrepublik nutzen durften, werden wohl nicht ganz unbegründet an die Zeit erinnert, als die Transitzüge im Bahnhof Griebnitzsee lange hielten und niemand in dieser Stadt den Zug verlassen oder besteigen durfte.

Sollte hier keine Lösung möglich sein? Die Stadt und der Landkreis Potsdam, die Gemeinde Rehbrücke, auf deren Territorium der gleichnamige Bahnhof liegt, wie auch die Landesregierung Brandenburg haben ihr dringendes Interesse bekundet, daß der Bahnhof Rehbrücke im Zuge jetzt laufender Baumaßnahmen für einen IC-Halt ausgebaut wird, indem z.B. die Bahnsteige verlängert und die Bahnsteigkanten erhöht werden. Der Bahnhof besitzt ein Empfangsgebäude mit Fahrkartenausgabe und Gastronomie sowie eine Fußgängerbrücke und ist unmittelbar neben den Endhaltestellen von zwei Potsdamer Straßenbahn- und Stadtbuslinien gelegen. In unmittelbarer Nähe befinden sich das Potsdamer Residence-Hotel und ein prosperierendes Industriegebiet. Die Gemeinde Rehbrücke würde für eine bessere Erschließung des Bahnhofsvorgeländes für Taxis und ruhenden Verkehr sorgen. Die Beseitigung eines schienengleichen Straßenüberganges durch den Bau eines Tunnels befindet sich in einem fortgeschrittenen Planungsstadium. Und schließlich könnte dieser Bahnhof als künftiger Bahnhof "Potsdam-Rehbrücke" nach Fertigstellung der ICE-Strecke Berlin - Hannover z.B. für den IR-Verkehr auf der "Wetzlarer Bahn" in Richtung Kassel sowie für den umfangreichen Regionalverkehr auf dieser Strecke bestens genutzt werden.

Alle diese Gründe sprechen für einen IC-Halt in Potsdam-Rehbrücke und erfordern schnelles Handeln von DR/DB, um bis zum Fahrplanwechsel 92/93 eine entsprechende Lösung zu bieten, damit die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam nicht im Jahr ihres 1000-jährigen Jubiläums vom hochrangigen IC- bzw. ICE-Verkehr abgekoppelt wird.

PRO BAHN
Landesverband

aus SIGNAL 4/1992 (Juni 1992), Seite 14