Nahverkehr
1. Dez 1992
Ausnahmsweise ist keiner der zahlreichen und z.T. unzumutbaren Pendelverkehre bei der Berliner S-Bahn gemeint, sondern ein ähnlich ärgerlicher bei der U-Bahn, genauer: auf der Linie 6. Wieder einmal mutet die BVG ihren Fahrgästen lange Wartezeiten zu, weil sie offensichtlich nicht von alten Gewohnheiten aus Mauerzeiten lassen will. Derzeit verkehrt die U6 abends wegen Bauarbeiten nur alle 30(!) Minuten. Bis Ende 1989 war von solchen Pendelverkehren nur der Verkehr zwischen Wedding und Kreuzberg sowie der zum Grenzübergang Friedrichstraße betroffen. Heute erschließt die U6 wieder große Teile der Berliner City-Ost. Ein 30-Minuten-Takt ist also völlig unzureichend und paßt auch nicht zum abends bei S-Bahn, Tram und Bus üblichen 20-Minuten-Takt.
Dabei wäre es bei geschickter Ausnutzung der Gleise möglich, den Pendelverkehr auf den Abschnitt Zinnowitzer Straße - Kochstraße zu beschränken und alle 20 Minuten zu fahren - und zwar ohne einen zusätzlichen Zug! Freilich stellt das erhöhte Anforderungen an die Fahrdienstleitung. Die von Süden kommenden Züge müssen in Kochstraße kehren. Nachdem der endende Zug das Bahnsteiggleis geräumt hat und auf das südwärts führende Gleis umsetzte, muß der Pendelzug auf das freigewordene Gleis einfahren. In Zinnowitzer Straße müssen die von Norden kommenden Züge am Bahnsteig kehren und auf demselben (westlichen) Gleis zurückfahren und vor Reinickendorfer Straße auf das "richtige" Gleis nach Norden wechseln. Bei der S-Bahn funktioniert so etwas durchaus, nicht nur bei der DR. Eingleisigen Betrieb gab es jüngst auf der Nordbahn, und im Bf. Zoo fahren derzeit der Pendelzug und kehrende Planzüge auf dasselbe Bahnsteiggleis. Warum ist das bei der U-Bahn nicht möglich?
Natürlich ist am derzeitigen Pendelverkehr nichts mehr zu ändern. Aber dieses muß das letzte "mauergeprägte" Pendeln auf der U6 sein. Bei künftigen Bauarbeiten muß das Interesse der Fahrgäste im Vordergrund stehen!
IGEB
aus SIGNAL 9-10/1992 (Dezember 1992), Seite 15