Aktuell
1. Dez 1993
Zur Zeit ist die Umsteigesituation am Wittenbergplatz Richtung Osten sehr unbefriedigend. Die U2 fährt planmäßig alle drei Minuten, U1 und U15 zusammen auch. Theoretisch besteht also bei jedem Zug Anschluß zur selben Zeit zur jeweils anderen Linie. Durch die Bahnsteigsituation am Wittenbergplatz ist dies jedoch praktisch nur zwischen Ul und U2 am selben Bahnsteig gegenüber möglich, also alle sechs Minuten. Ein Umsteigen zur U15 ist, wie aus der Skizze der Ist-Situation ersichtlich, nur durch Bahnsteigwechsel möglich und wird daher von den Fahrgästen nicht angenommen. In der Folge sind die Züge der U1 überfüllt und die Züge der U15 relativ leer. Eine Abhilfe dieser Situation ist nur möglich, wenn alle Züge Richtung Schlesisches Tor (später Warschauer Straße) am selben Bahnsteig abfahren. Dies ist entweder durch eine erneute Linienveränderung oder durch einen Umbau des Bahnhofs Wittenbergplatz möglich.
Eine Linienänderung würde bedeuten, daß Ul und U3 wieder wie früher fahren und die U2 von Krumme Lanke nach Vinetastraße. Damit verbunden sind jedoch eine Reihe von vor allem betrieblichen Nachteilen. Erstens ist dann wieder, wie aus dem abgebildeten Gleisplan ersichtlich, jeweils nach Ausfahrt aus dem Bahnhof eine Trassenkreuzung von Ul und U2 erforderlich, was zu Behinderungen im Betriebsablauf führt und den Betrieb insgesamt unzuverlässiger macht. Zweitens ist die Verlängerung des auf dem U2-Ast nach Vinetastraße unabdingbaren Drei-Minuten-Taktes bis Breitenbachplatz oder sogar Krumme Lanke erforderlich, was erhöhte Betriebskosten nach sich zieht, da der dichte Takt zwischen Wittenbergplatz und Krumme Lanke nicht unbedingt erforderlich ist. Drittens ist eine Führung der Ul nach Krumme Lanke mittelfristig durch den S-Bahn-Anschluß an der Warschauer Straße sinnvoller, da dann die Verlagerung von Verkehrsströmen von der U2 zur U1 zu erwarten ist.
So ist aus heutiger Sicht ein Umbau des Bahnhofs Wittenbergplatz die sinnvollere Maßnahme. Der vorgeschlagene Umbau hat zum Ziel, alle Züge Richtung Osten vom selben Bahnsteig abfahren zu lassen. Dazu muß am Westkopf des Bahnhofs eine Weichenverbindung eingebaut werden, die es ermöglicht, von Kurfürstendamm auf das Bahnsteiggleis der U1 von Krumme Lanke zu fahren. Als Folge wird der jetzige Bahnsteig der U15 Richtung Schlesisches Tor nur noch in den zukünftig hoffentlich seltenen Fällen benötigt, wenn die U15 nur zwischen Uhlandstraße und Wittenbergplatz pendelt.
Das Gleis der Ul von Krumme Lanke liegt bis unmittelbar zum Bahnsteigbeginn in einer Steigung (es unterfährt das Gleis von Uhlandstraße). Deshalb kann in dieses Gleis nur im Bereich des heutigen westlichen Bahnsteigendes eine Weiche eingebaut werden. Da ein auf dem abzweigenden Strang der Weiche stehender Zug nicht richtig am Bahnsteig stehen würde, kann die Bahnsteigkante in diesem Bereich nicht mehr genutzt werden, der Bahnsteig muß also am anderen Ende entsprechend verlängert werden. Dies wäre auch beim jetzigen U15-Bahnsteig Richtung Schlesisches Tor nötig, falls dort auch in Zukunft der Einsatz von Acht-Wagen-Zügen im Fahrgastbetrieb möglich sein soll. Aber aus Kostengründen sollte zunächst auf eine Verlängerung des Seitenbahnsteigs der U15 verzichtet werden, da dieser zukünftig nur noch für Züge benötigt wird, die kürzer als acht Wagen sind. Eine eventuelle spätere Verlängerung bleibt problemlos möglich.
Im Bereich der neuen Gleisverbindung müssen einige Deckenstützen entfernt werden (die Stützenreihen sind in den Skizzen als punktierte Linien eingezeichnet). Das statische System der Tunneldecke muß also ähnlich den Umbauten zur Bahnsteigverlängerung auf der U6 verändert werden, wahrscheinlich mit vorübergehender Öffnung der Tunneldecke. Am anderen Ende der Bahnsteige ist die Verlängerung ohne Veränderung des Tunnels möglich, da keine Deckenstützen im Bereich der neuen Bahnsteigkanten vorhanden sind. Lediglich einige als Aufenthaltsund Arbeitsräume genutzte Betriebsräume müssen entfernt werden.
Der Aufwand ist, bis auf den Gleisbau zum Einbau der Weichenverbindung, also vergleichbar mit dem Aufwand bei der Bahnsteigverlängerung z.B. am Oranienburger Tor, da die übrigen Gleisanlagen am Wittenbergplatz unverändert bleiben.
Noch billiger wäre die gesamte Maßnahme, wenn die Steigung der Strecke westlich von Wittenbergplatz so erhöht würde, daß das Bahnhofsniveau schon früher erreicht wird und somit die Weiche noch vor dem vorhandenen Bahnsteig in der Ebene gebaut werden kann. Damit entfielen die Bahnsteigabbrüche bzw. -Verlängerungen. Es wären "nur" einige Stützen zwischen U15 und U1 zu beseitigen.
Selbst diese "Sparvariante" würde natürlich mehre Millionen DM kosten, aber sicher nicht mehr, als eine Bahnsteigverlängerung auf der U6. Da auf absehbare Zeit immer weniger Geld zur Verfügung steht, müssen Verbesserungen im vorhandenen Netz Priorität haben. Vom Umbau in Wittenbergplatz würden täglich tausende von Fahrgästen profitieren. Deshalb sollte diese Baumaßnahme kurzfristig geprüft und bei vertretbarem Aufwand mittelfristig realisiert werden. Aber zuvor kann und muß natürlich die Fahrgastinformation ausführlicher und besser werden!
IGEB
aus SIGNAL 9-10/1993 (Dezember 1993), Seite 14-15