Reise & Bericht

Schwedenurlaub im Winter

Ungewöhnlich aber sehr interessant; zum Beispiel die Hinfahrt mit Bahn und Schiff. 1.100 km in 13 Stunden inklusive Fähre und dreimal umsteigen ist eine akzeptable Reisezeit!


Artur Frenzel

1. Mai 1999

6.41 Uhr ab Berlin-Lichtenberg mit dem InterRegio bis Rostock (9.28 Uhr), weiter 9.31 mit der „S-Bahn" nach Überseehafen Nord, 10.30 bis 13.15 Uhr mit dem Katamaran "Delphin" nach Trelleborg, von dort nach Malmö mit dem Expressbus X46, 15.13 Uhr und ab Malmö mit „X 2000" nach Stockholm, Ankunft 19.41 Uhr. Allerdings muß man für diese ausgefallene Route viele verschiedene Fahrscheine bereithalten, von einer durchgehenden Transportkette, die man zusammen bucht, kann keine Rede sein.

Mit dem Nachtzug nach Lappland

Bei der Regionalisierung des Nahverkehrs waren die Schweden europaweit die ersten; die Elektrotriebwagen Baureihe X10 sind in unzähligen Farbvarianten im Einsatz-hier die Silber/violette Ausführung von Malmöhus am 19.November 1998. Foto: Artur Frenzel

In Stockholm kann man gleich in den Nachtzug nach Lappland steigen oder sich einen Tag Stadtbummmel gönnen; Tageszüge gibt es in dieser Relation leider nicht. Während die Schwedische Bahn SJ für ihren Kurvenflitzer X 2000 astronomische Preise verlangt (und auch bekommt, wenn man die Auslastung betrachtet), ist die Reise im Schlaf- oder Liegewagen ausgesprochen preiswert. Das liegt auch daran, daß keine Bewirtschaftungsfirma extra Provisionen abzweigt, sondern die Wagen von der SJ selbst bewirtschaftet werden, da bei es keine extra Schlafwagenschaffner gibt. Das Zugpersonal für die Sitzwagen macht diesen Job mit, und das äußerst freundlich und kompetent. Im „Nordpilen" (Nordpfeil) nach Narvik gibt es sogar ein Kino: abends Spielfilme, morgens Kinderprogramm.

Auch sonst sind die skandinavischen Bahnen sehr kinderfreundlich. So gibt es in allen lokbespannten Schnellzügen Familienwagen mit Kinderspielplatz und großen Gepäckflächen.

Gepäckwagen sind die Regel

Als nächstes fällt dem deutschen Besucher auf, daß die schwedischen Züge noch Gepäckwagen zweckentsprechend mitführen. Bei der Ankunft eines Zuges machen sich dann Heerscharen von Elektrokarren und Gabelstaplern ans Ladegeschäft. Dabei ist die Tatsache, daß die meisten schwedischen Bahnhöfe über beschrankte Überwege statt Fußgängertunnel verfügen, sehr hilfreich.

Zwei der drei U-Bahnlinien in Stockholm fahren zwischen Gamlastan und Slussen auf einer fünfgleisigen Trasse parallel; 10. Dezember 1998. Foto: Artur Frenzel

Kundendienst wird großgeschrieben

Während der gesamten Reise gab es keine winterbedingten Störungen. Einmal habe ich aber doch eine Zugverspätung im X 2000 erlebt. Die Kundenbetreuung war vorbildlich:

  1. Die zusteigenden Fahrgäste brauchten ihren Zuschlag nicht nachzulösen.
  2. Als die Verspätung 30 Minuten überschritt, wurden ungefragt Gutscheine über 50 Kronen für die Zug- und Bahnhofsrestaurants ausgegeben, die den ganzen Tag lang gültig waren;
  3. Der Schaffner organisierte für die Umsteiger, die ihren Zug nicht mehr erreichten, ein Taxi. Er stellte einen Gutschein für die Zugstrecke aus.

Alle diese Leistungen wurden unaufgefordert und sehr freundlich von den Mitarbeitern erbracht, sie sind dort offenbar schon seit langem üblich.

Ein großes Manko sind in Schweden allerdings die eingleisigen Strecken, selbst auf elektrischen Hauptbahnen ist ein Taktverkehr dadurch leider die Ausnahme als die Regel.

Ein Interregio bei der Ausfahrt aus Göteborg. Auch die Straßenbahn dieser Stadt ist vorbildlich ausgebaut Foto: Artur Frenzel, Dezember 1998

Dänemark

Etwas anders stellt sich die Lage in Dänemark dar: die für skandinavische Verhältnisse hohe Bevölkerungsdichte und das Fehlen einer eigenen Auto- oder Erdölindustrie haben für den Bestand eines dichten Bahnnetzes gesorgt, auf dem überall mindestens ein Stundentakt angeboten wird!

Dabei sind zahlreiche der Nebenbahnen traditionelle „Privatbahnen", die sich mit der staatlichen DSB gut ergänzen. Allerdings hat auch dort der von der EU geförderte Wettbewerb um jeden Preis das Klima kälter werden lassen, was die Kooperation und Zusammenarbeit angeht.

Artur Frenzel

aus SIGNAL 2-03/1999 (April/Mai 1999), Seite 28-29