Aktuell

Fahrplan Wechsel für Berlin:
... same procedere as every year

War es in Berlin schon mal anders? Fahrplanwechsel und weder Fahrgäste noch Mitarbeiter hatten rechtzeitig Informationen über den neuen Fahrplan, weil die jetzt vom VBB herausgegebenen Fahrplanbücher und fahrinfo-Medien auch in diesem Jahr erst zehn Tage nach dem Fahrplanwechsel vorlagen.


IGEB, Abteilung Stadtverkehr

1. Jul 1999

Immerhin: Das Fahrplanbuch für Berlin und Potsdam kostet statt zehn nur acht DM, enthält nun auch die Fahrpläne der RE- und RB-Linien und ist aufgrund einer etwas komprimierteren Fahrplandarstellung merklich dünner und auch transportfähiger geworden. Daß einzelne Fahrten, die auf kurzen Linienabschnitten zusätzlich zum Regelfahrplan verkehren gar nicht mehr oder nicht mehr in den Fahrplänn dargestellt werden, ist im Interesse der Übersichtlichkeit und der Lesbarkeit zu begrüßen.

Anders verhält es sich dagegen mit den Einschränkungen zum Sommerferien-Fahrplan. Diese sowohl hinsichtlich Taktfolge wie auch Durchfahrzeiten teilweise gravierenden Abweichungen vom Normalfahrplan sollten bei den jeweiligen Linienfahrplänen dargestellt werden - und nicht wie im aktuellen Fahrplanbuch im Einleitungstext.

Zum Jahresfahrplan-Wechsel gab es keine grundlegenden Linienänderungen im städtischen Verkehrsnetz Berlins. Die Veränderungen im S-Bahn-Netz sind bedingt durch die viermonatige Totalsperrung des Abschnittes Treptower Park - Baumschulenweg. Nach Beendigung der Brückensanierungen voraussichtlich zum 27. September 1999 werden die S-Bahn-Linien dann wieder wie bisher verkehren.

Neue S-Bahnen kaum schneller

Der ein gutes Jahrzehnt nach ihrer Indienststellung seit Fahrplanwechsel ausschließliche Einsatz von S-Bahn-Neubaufahrzeugen wirkt sich endlich durch eine Fahrzeitverkürzung auf der S-Bahn-Linie 1 aus. Obwohl die Züge der Baureihen 480 und 481 eine fast doppelt hohe Beschleunigung im Vergleich zu den Altbauzügen haben und eine größere Höchstgeschwindigkeit erreichen, werden nach Oranienburg lediglich vier Minuten Fahrzeit eingespart und in Richtung Wannsee sind es sogar nur zwei Minuten.

Schnellere U-Bahnen

Ganz im Takt: Seitdem Fahrplanwechsel fahren die U-Bahnen wieder bis Mitternacht alle zehn Minuten Foto: Marc Heller, Juni 1999

Durch Streichung von „Fahrzeitreserven" werden einige U-Bahn-Linien schneller. Am deutlichsten wirkt es sich bei der U5 aus. Die Fahrzeit Hönow - Alex verkürzt sich um bis zu vier Minuten. Und noch eine deutliche Verbesserung ist mit dem U-Bahn-Fahrplan eingeführt worden: Sie fährt auf fast allen Linien bis Mitternacht wieder im 10-Minuten-Takt und auf einzelnen Linien (wie der U8, die bisher einen sehr frühen Betriebsschluß hatte) wird die Betriebszeit merklich verlängert. Die zusätzlichen Züge führen zu besseren Umsteigebeziehungen im Spätverkehr und die U-Bahn-Benutzung wird in den späten Abendstunden attraktiver.

Straßenbahn: Beschleunigung nochmals verschoben

Von der BVG vorfinanzierter Neubau der Ampelanlage Landsberger Allee/Allee der Kosmonauten Foto: Frank Brunner

Die eigentlich zum Frühjahr vorgesehene Beschleunigung der Linie 6 ist wieder nicht erfolgt. Aus dem gültigen Fahrplan ergibt sich weiterhin eine Durchschnittsgeschwindigkeit für die Linie 6 von 17 Stundenkilometern! Und wenn man die Berücksichtigung der Straßenbahn an den wenigen bisher fertiggestellten (mit BVG-Geldern finanzierten) Neubau-Ampeln zum Maßstab nimmt, wird sich an dieser Durchschnittsgeschwindigkeit wohl auch zukünftig nichts verändern ...

Busverkehr nur mit sechs Linienänderungen

Es gab diesmal nur sechs Linienänderungen. Für Berliner Verhältnisse ausgesprochen wenig. Überfordert war damit offenbar nur die BVG selbst, denn von den sechs Änderungen sind drei im von der BVG herausgegebenen Nahverkehrsatlas nicht oder falsch dargestellt.

Erstmals erschlossen wird der Innovationspark Wuhlheide durch die Verlängerung der Buslinie 190. Durch die Führung der Buslinie 147 über Rotherstraße/Persiusstraße wird das Gebiet nördlich der Stralauer Allee besser bedient.

Beispiel Karow: Proteste lohnen

Mit der im Herbst 1998 erfolgten Vereinigung der Buslinien 350 und 358 zu einer Linie (S-Bahnhof Karow - Siverstorpstraße) wurde die Busbedienung der Karower Bahnhofstraße wieder aufgegeben. Weil dadurch die Geschäfte und Dienstleistungseinrichtungen in der Bahnhofstraße nur noch mit weiten Fußwegen erreicht werden konnten, setzten sich die betroffenen Anwohner für die Wiederaufnahme des Busbetriebs ein und hatten damit auch Erfolg. Zum Fahrplanwechsel wurde die Buslinie 350 von Siverstorpstraße kommend mit einem Teil über den Bahnhof Karow hinaus bis Alt-Karow verlängert. Durch den Übergang der Busse der Linie 150 auf die 350 in den Abendstunden fahren auch im Spätverkehr wieder Busse durch die Bahnhofstraße.

Wegen geringer Fahrgastzahlen eingestellt wurde die Linie 246 (Ring S/U-Bahnhof Tempelhof über Oberlandstraße). Ob die ersatzweise von der BVG empfohlenen Busse der Linie 146 angesichts des hohen Besetzungsgrades überhaupt noch Kapazitäten haben, bleibt offen.

Buslinie 241 kürzer und seltener

Wegen niedriger Fahrgastzahlen aufgegeben wurde die Bedienung der Baumschulenstraße durch die Buslinie 241. Sehr ärgerlich ist die Taktausweitung von zehn auf fünfzehn Minuten auf der verbleibenden Gesamtstrecke bzw. von fünf auf sieben bis acht Minuten zwischen Hermannplatz und Sonnenallee/Baumschulenstraße. Bereits zum Fahrplanwechsel im letzten September wurden ja die Takte der in diesem Bereich ebenfalls verkehrenden Buslinie 141 gestreckt.

Sieht man von diesen Angebotsreduzierungen im Busbereich ab, die im Einzelfall für die betroffenen Fahrgäste ganz erhebliche negative Auswirkungen haben können, hat der Fahrplanwechsel im großen und ganzen eher Vorteile als Nachteile gebracht.

Ob dies auch beim nächsten Jahresfahrplanwechsel noch so sein wird, darf bezweifelt werden. Denn zum Ende des Jahres 1999 läuft der BVG-Unternehmensvertrag aus. In welchem Umfang die (eigentlich ja nur bei bestimmten Themen) sparwütigen Berliner Politiker zukünftig noch Nahverkehrsleistungen bestellen, bleibt abzuwarten. Viel wird davon abhängen, ob ein neuer Unternehmensvertrag noch vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 10. Oktober abgeschlossen wird. Daß es dazu auch einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit durch die betroffenen Fahrgäste bedarf, dürfte klar sein.

IGEB, Abteilung Stadtverkehr

aus SIGNAL 4/1999 (Juli 1999), Seite 4-5