Fernverkehr

Sind die vorbeugenden Sicherheits-Maßnahmen der DB AG ausreichend?

Zahlreiche Zugentgleisungen bzw. Kollisionen auch in diesem Jahr lenken das Interesse der Öffentlichkeit auf die Sicherheit bei der Deutschen Bahn AG. Die Untersuchung der Unfälle ist eine schwierige Aufgabe, und es wäre vermessen, dies hier anzugehen. Vielmehr soll auf einige generelle Probleme eingegangen werden.


IGEB, Abteilung Fernverkehr

1. Jul 1999

Das Basis-Sicherheitsproblem der Bahn sind Gefahren, sie sich durch Überfahren haltzeigender Signale ergeben. Es ist bis heute nicht gelungen, Unfälle auszuschließen, obwohl dies technisch möglich wäre. Zahlreiche Unfälle passierten, wenn Haltsignale mit hoher Geschwindigkeit überfahren wurden (zum Beispiel der Unfall in Rüsselsheim 1990).

Signalbrücke am Bahnhof Zoo. Foto: Chr. Schultz, Mai 1999

Einer Zwangsbremsung am Hauptsignal (Indusi 2000 Hz) folgt dann ein großer Bremsweg, der häufig in die Fahrstraßen anderer Züge reicht. Ältere Bauarten der Zugsicherung „Indusi" lassen solche Geschwindigkeiten leider zu. Auf Neubaufahrzeugen sind dagegen Systeme installiert, die die Abbremsung zwischen Vor- und Hauptsignal kontinuierlich überwachen. Hier kann die Prüfgeschwindigkeit von 95 km/h hinter dem Halt ankündigenden Vorsignal bis zum Hauptsignal nicht überschritten werden, und es müssen beim 500 Hz-Zwischenmagneten höchstens 65 km/h (mit anschließender Verminderung auf 45 km/h) erreicht sein. Zusätzlich sind bei der neuen Sicherungstechnik „PZB90" nach Halt zum Beispiel am Bahnsteig bei unberechtigter Anfahrt auf ein Haltsignal nur 25 km/h möglich (bei Halt kein Durchrutschweg!). Niedrige Geschwindigkeiten und kurze Bremswege reichen dann innerhalb der Schutzstrecken (meistens 200 Meter) aus. Die vorgesehene Umrüstung aller Triebfahrzeuge und Steuerwagen bzw. auch die Streckennachrüstung verläuft sehr schleppend und muß unbedingt beschleunigt werden.

Sicherung der Neubaustrecken

TGV-Neubaustrecken in Frankreich sind eingezäunt, Straßenbrücken darüber sind gegen Durchbruch elektrisch gesichert (Meldung und Zugstopp). Es gibt für jedermann bedienbare Notrufsäulen an den Strecken. Morgens vor der Betriebsaufnahme fahren Leerloks („Besen") die Hochgeschwindigkeitsstrecken zur Kontrolle auf Hindernisse ab. Alle diese Maßnahmen sind in Deutschland bei der Deutschen Bahn AG nicht anzutreffen.

ICE 1-Drehgestelle/V max

Der ICE-1 besitzt älteremastahlgefederte Drehgestelle; die Konstruktionsgeschwindigkeit sind 200 km/h. Die zulässige ICE-Geschwindigkeit von 280 km/h ist zur Zeit nur auf Abschnitten der Hochgeschwindigkeitsstrecken ohne Tunnel zugelassen und kam deshalb bisher kaum zum Tragen. Es ist jetzt vorgesehen, auch in Tunnels - und deshalb durchgehend - 280 km/h zu fahren, was (nach den Problemen mit diesem Laufwerk) kritisch zu beurteilen ist. Auch ist fraglich, ob die Fahrt mit Höchstgeschwindigkeit bei stark überbesetzten Zügen zu verantworten ist. Hierzu wäre eine Risikoabschätzung des Eisenbahn-Bundesamtes sicherlich hilfreich.

Fazit

Die Beispiele belegen, daß Sicherheitspotentiale teilweise nicht ausgeschöpft sind.

IGEB, Abteilung Fernverkehr

aus SIGNAL 4/1999 (Juli 1999), Seite 15