Nahverkehr
Anfang der 90er Jahre hatte die BVG die Entwicklung einer neuen U-Bahn-Fahrzeuggeneration in Auftrag gegeben. Dabei stand im Mittelpunkt, die Sicherheit der Fahrgäste gegenüber Belästigungen und Angriffen auch durch die bauliche Innenraumgestaltung zu erhöhen. Daneben sagten Prognosen ein steigendes Fahrgastaufkommen voraus. Vor diesem Hintergrund wurde der H-Zug entwickelt, bei dem man als bemerkenswerte Neuerung vom ersten bis zum letzten Wagen durchgehen kann.
1. Aug 1999
Nach diesen Planungen sollten über 120 H-Züge werden. Insgesamt werden derzeit 26 Züge ausgeliefert und auf der U5 als Ersatz für die Baureihe D in Dienst gestellt.
Die Baureihe H ist im Fahrgastraum als leere Röhre konzipiert, das heißt, die Gestaltung des Fahrgastraumes kann ohne Änderungen durchgeführt werden.
Die IGEB hat stets kritisiert, daß das Sitzplatzangebot im H-Zug um 20 % gegenüber der Vorgänger-Baureihe F sinkt. Dies liegt vor allem daran, daß man den Zug ausschließlich mit Längssitzen bestückt hat, es gibt keine Abteile. Auch durch die Übergänge zwischen den einzelnen Wagen gehen Sitzplätze verloren.
Die IGEB hatte der BVG vorgeschlagen, einen Zug probeweise mit Quersitzen auszustatten. Dieser Vorschlag wurde durch die BVG umgesetzt. Ein Zug der Baureihe H ist seit Mitte Juli auf der Linie 5 mit modifizierter Sitzplatzanordnung in Dienst gestellt worden. Diese modifizierte Sitzplatzanordnung ist in den Wagen 2 bis 5 ausgeführt worden, die Wagen 1 und 6 (erster und letzter Wagen) behielten ihre Aufteilung mit Längssitzen.
Das Ergebnis überrascht: eine bisher in Berlin unbekannte Sitzanordnung wurde gefunden. Die relativ breiten Sitze in der Baureihe H führen dazu, daß leider nicht zur klassischen Abteilaufteilung (16 Sitze verteilt auf vier Abteile zwischen den Türen) übergegangen werden konnte. So mußten auf einer Wagenseite der umgestalteten Wagen die Längssitze beibehalten werden, da sonst der Durchgang bzw. den quergestellten Sitzen nur rund einen halben Meter betragen hätte.
Aber auch die quergestellten Sitze wurden nicht in zwei Abteilen angeordnet; stattdessen wurde die Anordnung „2 + 4 + 2" gewählt. Es wurde also nur ein echtes Abteil mit vier Sitzen gestaltet. Die vier anderen Sitze sind jeweils in Blickrichtung der Türräume angebracht. Unschön an dieser Anordnung: Die Fahrgäste haben in Blickrichtung Türraum nur 30 cm Beinfreiheit (der Türraum ist durch eine Trennscheibe mit 70 cm Breite vom übrigen Bereich getrennt). Darüberhinaus ist der Fußraum an den Fensterplätzen für die Fahrgäste durch einen etwa 20 x 20 cm breiten Kasten beeinträchtigt.
Positiv ist, daß in diesem Zug acht Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen. Die IGEB schlägt vor, im Falle künftiger Fahrzeug-Neubeschaffungen besser zur klassischen Abteilanordnung zurückzukehren.
Wichtig sind die Konsequenzen für die Zukunft. Weitere Fahrzeuge des H-Zuges sollten von Anfang an mit Abteilen wie bei der Baureihe F gestaltet werden. Dabei muß wahrscheinlich auch auf Sitze zurückgegriffen werden, die in der Baureihe F Verwendet werden. Möglich ist eine solche Überarbeitung sicherlich, da die BVG selbst Änderungen an zukünftigen Fahrzeugen der Baureihe H vor hat. So sollen zukünftig Züge dieser Baureihe wieder teilbar sein.
Gravierender sind die Auswirkungen auf die neue Kleinprofil-Fahrzeuggeneration. Der „HK"-Zug soll als kleinste betriebsfähige Einheit aus vier Wagen bestehen. Die einzelnen Wagen sollen ebenfalls durch Übergänge verbunden sein. Beim HK-Zug würde nach der bisherigen Planung die Zahl der Sitzplätze um 25 % gegenüber der Vorgängerbaureihe A III sinken. Als Lerneffekt aus den Erfahrungen mit dem H-Zug sollte die Konzeption für den HK-Zug noch einmal überarbeitet werden. Ziel sollte sein, daß die Zahl der Sitzplätze nur minimal sinkt.
IGEB, Abteilung Nahverkehr
aus SIGNAL 5/1999 (August 1999), Seite 6-7