Nahverkehr

S-Bahn-Betriebskonzept 2004

Ein IGEB-Vorschlag


IGEB, Abteilung S-Bahn und Regionalverkehr

1. Aug 1999

In den nächsten Jahren werden durch Netzänderungen (zum Beispiel Nordkreuz) auf jeden Fall neue Linienführungen notwendig. Durch den Netzausbau kann die S-Bahn ihre Vorteile als schnellstes innerstädtisches Verkehrsmittel besser zur Geltung bringen.

Zusammen mit den zahlreichen geplanten und teilweise fast fertigen Bebauungsverdichtungen im Stadtgebiet und Stadtrand Berlins wird dies zu einem Fahrgastzuwachs führen. Neben einer neuen Linienstruktur ist deshalb auch eine Ausweitung des jetzigen Angebotes nötig. Diesen Notwendigkeiten trägt nach Ansicht des Berliner Fahrgastverbandes IGEB dieses Konzept Rechnung.

Diese Gelegenheit sollte genutzt werden, um mehr Systematik in die Linienführungen zu bringen und eine bessere Abstimmung mit dem Regionalverkehr zu erzielen. Der Fahrgastverband IGEB stellt hier ein Konzept vor, daß diesen Gegebenheiten Rechnung trägt. Dabei ist es sehr hilfreich, daß das Netz der Berliner S-Bahn schon von seiner Anlage sehr gut durchdacht ist.

Das Ringsystem ...

... ist der älteste Teil der S-Bahn in Berlin. Die Züge des Vollrings bekommen als Rückgrat die Liniennummer S1 und verkehren den ganzen Tag über alle 10 Minuten. Zusätzlich zu ihnen verkehrt auf dem Süd- und Westring die Linie S6 von Königs Wusterhausen nach Gesundbrunnen (die heutige S46). Als eine der wichtigen Grundlinien im Netz bekommt sie eine einstellige Nummer. Die heutige S45 heißt demnach S65 und wird ebenfalls nach Gesundbrunnen verlängert.

Dadurch ergeben sich auf fast drei Vierteln des S-Bahn-Ringes einen durchgehenden 5-Minuten-Takt im Tagesverkehr.

S10 und S8 bleiben in ihrer jetztigen Form erhalten, die S8 als Ergänzung zur Stammlinie S10 heißt dann aber S16. Auch zwischen Schönhauser Allee und Treptower Park gibt es auf diese Weise einen 5-Minuten-Takt (S8, S10 und S1).

Im Abendverkehr entfällt die Linie S16 und die S65 wird verkürzt. Anstelle der in der Tabelle angegebenen Version Grünau - Papestraße (um das bisherige Angebot von zwei Zuggruppen in Grünau zu halten), ist auch eine Führung Flughafen Schönefeld - Papestraße denkbar, da der Südring im Gegensatz zur Stadtbahn nicht alternativ mit dem RegionalExpress erreichbar ist.

Zuggruppen- und Linienübersicht

Lediglich die nur von der S1 befahrenen Abschnitte Gesundbrunnen - Schönhauser Allee und Treptower Park - Neukölln werden im Tages- und Abendverkehr „nur" alle 10 Minuten bedient. Auf dem Ostring werden zwischen Gesundbrunnen und Papestraße zwei zusätzliche Zuggruppen im Berufsverkehr gefahren, was von Schönhauser Allee bis Treptower Park und von Neukölln bis Papestraße einen ungefähren 3-Minuten-Takt ergibt.

Die Stadtbahn ...

... bildet das Herzstück des S-Bahn-Netzes. Sie wird zu allen Tageszeiten im 4-Minuten-Grundtakt von fünf Linien bedient. Dadurch ergeben sich auch abends zu allen fünf Außenstrecken an der Ostseite direkte Züge. Neben Verstärkern im Tagesverkehr wird in der Hauptverkehrszeit ein 2-Minuten-Takt durch Verdichtung aller fünf Linien auf einen 10-Minuten-Takt angeboten. Auf der S75 zwischen Warschauer Straße und Grunewald kann bei Überlastung der Stadtbahn auch ein 20-Minuten-Takt vertreten werden. Im Abendverkehr fährt von Ostbahnhof nach Ahrensfelde und Köpenick alle 10 Minuten ein Zug.

Die „Arbeitsteilung" mit der Regionalbahn ist für die Stadtbahn von großer Bedeutung. Die Strecke nach Spandau wird von den Linien S3 und S5 befahren, damit sich keine unnötige Konkurrenz zu den RE-Zügen nach Flughafen Schönefeld ergibt und beide Hauptstrecken am östlichen Ende der Stadtbahn direkt erreichbar sind.

Nach Potsdam fährt nur noch eine Zuggruppe der S7, die anderen Fahrten von Wannsee nach Potsdam übernimmt die Linie S4 von Oranienburg. Auf diese Weise werden doppelte Angebote mit DB-Regio, zum Beispiel Potsdam - Berlin Stadtbahn, reduziert und neue umsteigefreie Verbindungen geschaffen. Das bedeutet auch abends einen 10-Minuten-Takt zwischen Wannsee und Potsdam. Der Verstärker der unveränderten S9 zum 10-Minuten-Takt (heute S6) heißt dann natürlich S95 und wird ebenfalls im Berufsverkehr nach Westkreuz verlängert. Die Führung der S 75 nach Grunewald ist notwendig wegen der starken Belastung der Kehranlage Westkreuz. Es ergibt sich ein regelmäßiges Nummernschema aus den Linien S3, S5, 57, S9 und S75.

Das Nord-Süd - System ...

... besteht aus den drei Linien S2, S4 und 58. Die S4 und das Linienpaar S2 und S8 bilden zwei sich überlagernde 5-Minuten-Takte. Die S4 übernimmt den Verlauf der heutigen S1 und wird ganztägig alle 20 Minuten nach Potsdam verlängert. Der 5-Minuten-Takt wird im Berufsverkehr von Waidmannslust bis Wannsee angeboten, wo auch abends alle 10 Minuten gefahren wird (am Tage ab Frohnau).

Die S2 fährt zwischen Hennigsdorf und Blankenfelde und die S8 Bernau - Teltow Stadt. Auch nach Hennigsdorf wird in der HVZ alle 10 Minuten gefahren, da es keinen Regionalbahn-Anschluß an Berlin gibt. Außerhalb des Beufsverkehrs reicht die zweite Zuggruppe bis Tegel. Ohne Streckenausbau ist dies möglich, weil sich bei Beibehaltung der Kreuzung in Mahlow die Zugbegegnungen im Nordabschnitt nach Reinickendorf und Heiligensee verschieben. Die Verstärkungszüge aus dem Süden haben in Tegel zehn Minuten Wendezeit.

Abends bilden S8 und S10 zwischen Blankenburg und Bornholmer Straße sowie S8 und S2 von Bornholmer Straße nach Priesterweg einen 10-Minuten-Takt, wenn sie ihre Fahrplanlage gegenüber dem Tagesverkehr ändert. Zwischen der S2 und S10 ergibt sich damit in Bornholmer Straße ein bahnsteiggleiches Umsteigen ohne Zeitverlust. Zusammen mit der alle 10 Minuten fahrenden S4 ergibt sich zwischen Anhalter Bahnhof und Bornholmer Straße im Abendverkehr rechnerisch ein 5-Minuten-Takt.

Außerdem bietet dieses gleichmäßige Angebot die besten Umsteigemöglichkeiten vom östlichen Südring und Schöneweide zur Nord-Süd-Bahn.

Schlußbetrachtung

Mit diesem Angebot wird die S-Bahn der mittelfristig erwarteten Nachfrage gerecht. Außerdem ist dieses Angebot mit einem Bestand von etwa 850 Viertelzügen incl. Werkstattreserve von etwa 12,5% fahrbar. Das bedeutet, nur 50 zusätzliche Viertelzüge sind zu der jetzigen Option auf 550 Stück der Baureihe 481 zu ergänzen, um auf alle Altbaufahrzeuge verzichten zu können.

Die Angebotsausweitung mit diesem fast unveränderten Bestand ist auf einigen Strecken beachtlich: Auf der Stadtbahn im Berufsverkehr von heute 21 Züge auf dann 30 Züge stündlich, auf der Nord-Süd - Bahn von 18 Zügen auf 24 Zügen stündlich und auf der Wannseebahn von heute sechs auf zwölf Züge pro Stunde.

Trotzdem bleibt der Ausbaubedarf für dieses Angebot begrenzt. Es werden keine zusätzlichen Kehrgleise und Verbindungskurven notwendig.

Für dieses IGEB-Konzept wurden nur die beschlossenen Aus/Umbauten bis 2004 berücksichtigt. Auf weitere Ausbauten wurde hier wegen des kurzfristigen Betrachtungshorizontes bewußt verzichtet.

Die Signalanlage auf der Stadtbahn ist offiziell auf die hohe Zugdichte ausgelegt, denn es sollen sogar 40 Züge pro Stunde möglich sein (entspricht dem vom Hersteller zugesicherten 90-Sekunden-Takt).

Die fahrplanmäßige Nichtnutzung der Nordringkurve Ostkreuz und der Halenseekurve begründet sich in betrieblichen Problemen. Bei einer ständigen Nutzung der eingleisigen Halenseekurve ist in Richtung Halensee das Ringgleis Richtung Westkreuz niveaugleich zu kreuzen, was bei dichtem Takt große betriebliche Probleme mit sich bringt. Die Nordringkurve ist in Ostkreuz nur mit einem Bahnsteig Richtung Nordring ausgestattet. Außerdem sollen sich Fahrplan-Unregelmäßigkeiten der Stadtbahn möglichst nicht auf das Ringsystem übertragen.

Die neue Nummernsystematik mit den ungeraden Liniennummern auf der Stadtbahn und den geraden Liniennummern, deren Nummern eine Verdoppelungsreihe ergeben, auf der Nord-Süd-Bahn, erfordert nur einen geringen Aufwand. Insgesamt brauchen nur drei Stammlinien eine neue Nummer.

Eine weitere Ausweitung würde erst der Bau der zweiten Nord-Süd-S-Bahn („S21") mit Verbindungen zum Ring an beiden Enden mit sich bringen.

IGEB, Abteilung S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 5/1999 (August 1999), Seite 11-13