Regionalverkehr

Gutachten zum ÖPNV in der Prignitz

Im Auftrag des DBV Brandenburg wurde ein Gutachten zum Thema Vernetzung von Bus und Bahn in ländlichen Räumen am Beispiel der Landkreise Prignitz und Ostprignitz-Ruppin erarbeitet.


Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV), Landesverband Brandenburg

1. Jan 2000

Die Ausgangsbedingungen

Das Untersuchungsgebiet als Teil des äußeren Entwicklungsraumes des Landes Brandenburg ist eine typisch ländlich geprägte, dünn besiedelte Region mit einer Bevölkerungsdichte von 47 Einwohnern/qkm und einer sehr dispersen Siedlungsstruktur, die nur an wenigen Stellen eine bündelungsfähige Verkehrsnachfrage als Voraussetzung für den konventionellen Linienverkehr im ÖPNV erzeugt. Letzteres betrifft in erster Linie die Gebiete um Wittenberge-Perleberg, Kyritz - Wusterhausen - Neustadt (Dosse) und Neuruppin als Räume mit Verdichtungsansätzen, wo unter anderem starke Pendler- und Schülerverkehrsströme, verbunden mit einem relativ dichtem ÖPNV-Angebot zu verzeichnen sind.

Die Infrastruktur für den ÖPNV

Sie weist bei Fahrweg, Zugangsstellen und Verknüpfungspunkten der Verkehrsträger oft noch erhebliche Mängel auf. Für den Verkehrsträger Schiene steht mit der Hamburger Bahn mittlerweile eine gut ausgebaute „Hauptschlagader" zur Verfügung, die aber unter ihrer Randlage im Untersuchungsgebiet leidet. Das Rückgrat der Bahnerschließung wird vielmehr die im Entstehen begriffene Ausbaustrecke des Prignitzexpreß sein.

Bahnhof Glöwen mit seiner Fehlinvestition: Der Bahnsteigtunnel (im Bild rechts) nicht erforderlich, da der Bahnhof zwei Seitenbahnsteige hat, die von der Straße her zugänglich sind. Nur ein Bahnsteig besitzt eine Rampe für Rollstuhlfahrer, die zweite Bahnsteigrampe fehlt. Der Tunnel liegt im Bereich der ehemaligen Wendeschleife. Eine Schleifenfahrt für Busse zur Bedienung der Haltestelle ist nicht mehr möglich. Foto: Matthias Hansen, März 1999

Deutliche Verbesserungen werden die vorgesehenen bzw. laufenden Umgestaltungen der Bahnanlagen in Wittenberge, Neuruppin und Neustadt (Dosse) mit sich bringen. Demgegenüber läßt der schlechte Zustand der Zweigstrecken wie Pritzwalk - Putlitz oder Neuruppin - Neustadt( Dosse) keine attraktiven Reisezeiten zu. Hier genügen sowohl Ausstattung als auch Bauzustand der meisten Bahnhöfe und Haltepunkte meist nicht den Anforderungen.

Beim Regionalbusverkehr wirkt sich der mangelnde Ausbauzustand im untergeordneten Straßennetz weniger gravierend auf das Fahrplanangebot aus.

Das bestehende ÖPNV-Angebot

Beim Verkehrsträger Schiene sind, wie zum Beispiel durch die Einführung des RE-Stundentaktes auf der Hamburger Bahn, erste Schritte hin zu einer angebotsorientierteren Gestaltung der Fahrpläne zu verzeichnen. Die Regionalbusfahrpläne hingegen orientieren sich an den Bedürfnissen des Schülerverkehrs bzw. der nicht wahlfreien Verkehrsteilnehmer. Wegen des besonders an Wochenenden und Feiertagen geringen Fahrtenangebotes und der meist unübersichtlichen Fahrpläne können die Regionalbusse lediglich eine bescheidene Grundmobilität sichern und stellen deswegen keinerlei Alternative zum motorisierten Individualverkehr dar.

Eine Abstimmung der Busfahrpläne auf den der Bahn findet mit wenigen Ausnahmen nicht statt. Besonders im Landkreis Ostprignitz-Ruppin verkehren die Regionalbusse auf einigen Relationen in Konkurrenz zur Bahn.

Vorschläge zur Neukonzeption

Derzeit wird versucht, mit dem Produkt „konventioneller Linienverkehr" sämtliche Mobilitätsbedürfnisse in der Region zu befriedigen. Daß das in einer dünn besiedelten Region nicht möglich ist, zeigen die unattraktiven Regionalbusfahrpläne.

Die Neukonzeption des ÖPNV sollte deswegen in Form eines mehrstufig differenzierten Systems erfolgen. An dessen oberster Stelle steht das nach den Prinzipien des Integralen Taktfahrplans („ITF") zu gestaltende SPNV-Angebot mit den Knoten Wittenberge und Neustadt (Dosse) als Kristallisationspunkten. Die notwendigen Investitionen müssen in erster Linie der Erhöhung der zulässigen Geschwindigkeiten auf den Zweigstrecken dienen.

Dem SPNV nachgeordnet ist ein Netz von Bushaupt- und Ergänzungslinien, das durch alternative Bedienungsformen zu untersetzen ist. Letzteren muß die Erschließung der Räume zwischen den Hauptverkehrsachsen vorbehalten bleiben. Damit reduziert sich die Zahl der Regionalbuslinien drastisch, die andererseits an definierten Punkten mit dem SPNV zu verknüpfen sind. Dieses sind die Zugangsstellen Wittenberge, Karstadt, Perleberg, Putlitz, Meyenburg, Pritzwalk, Glöwen, Neustadt (Dosse), Wittstock, Neuruppin, Rheinsberg und Radensieben.

Wegen der dünnen Besiedlung kann allerdings nicht von vornherein garantiert werden, daß durch den ITF mit seinem dichten Fahrtenangebot auch die nötigen Fahrgastpotentiale erschlossen werden können. Eine vereinfachte Fahrgastprognose ergibt, daß für den dauerhaften Bestand des Personenverkehrs auf einigen Zweigstrecken unbedingt die Verlagerung eines möglichst großen Anteils des Schülerverkehrs auf die Schiene erforderlich ist.

Weitere Fahrgastpotentiale können durch die Verlegung, Neu- und Wiedereinrichtung von SPNV-Zugangsstellen erschlossen werden.

Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV), Landesverband Brandenburg

aus SIGNAL 10/1999 (Dezember 1999 / Januar 2000), Seite 13