Planung und Bauten

Kaiserbahnhof in Potsdam verfällt weiter

Der Kaiserbahnhof, gelegen an der Regionalbahn-Station Potsdam - Park Sanssouci (früher Wildpark) ist einem skandalösen Verfall preisgegeben.


Freundeskreis Kaiserbahnhof

1. Mär 2000

Weder die DB AG als Eigentümerin noch das Land Brandenburg als oberste Denkmalbehörde haben Maßnahmen ergriffen, um diesen kultur- und kunsthistorischen Bahnhof, den Kaiser Wilhelm II. 1909 vom Architekten Ernst Eberhard von Ihne errichten ließ, zumindest notdürftig zu sichern.

Teil der Gesamtanlage Sanssouci

Das Bauwerk steht in unmittelbarem Zusammenhang zum Neuen Palais, wo Kaiser Wilhelm II., der „Reisekaiser", seine Reisen angetreten bzw. seine offiziellen Besucher empfangen hat. Somit ist es Teil des Ambientes der Gesamtanlage Sansuci und ein wichtiges geschichtshistorisches Denkmal. Der verantwortungslose Verfall dieses denkmalgeschützten Gebäudes erinnert an die Schicksale der Schlösser in Berlin, Potsdam und Braunschweig, deren wiederaufbaubare Ruinen letztlich aus politisch-ideologischen Gründen weggebrochen wurden.

Jetzt wird dem Kaiserbahnhof ein ähnliches Schicksal widerfahren, wenn nicht die Verantwortlichen kurzfristig Maßnahmen zur Sicherung des Gebäudes und zwar die Herrichtung des Daches, seiner Entwässerung und die Sicherung der Wände durchführen.

Einhausung wurde wieder entfernt

1991 erfolgte eine winterfeste Einhausung, die den Verfall durch die Vermeidung weiterer Nässeschäden vorübergehend aufhielt. In diesem Zusammenhang war die Herrichtung des Altbaues mit der Umnutzung für die neue Universitätsbibliothek Potsdam beabsichtigt. Auseinandersetzungen in Brandenburg wurde dieser Gedanke nicht weiterverfolgt. Die Einhausung wurde 1994 abgebrochen und somit das Gebäude dem weiteren Verfall preisgegeben.

Der Kaiserbahnhof im November 1999. Foto: Freundeskreis Kaiserbahnhof

Wichtige, bis zu diesem Zeitpunkt wiederherstellbare Interieurs wie die wertvolle Kassettendecke aus Holz, Stuckdecken, Wandverkleidungen, die große hölzerne Kaisertreppe und Parkettfußböden, sind durch eindringendes Wasser und Vandalismus in erbärmlichem Zustand und verlorengegangen. Durch einen mittels Brandstiftung verursachten Brand Anfang Januar dieses Jahres im Dachstuhl des Empfangsgebäudes und die dadurch notwendigen Maßnahmen zur Brandbekämpfung hat sich der Zustand des Gebäudes weiter verschlechtert. Eine Gefährdung der in unmittelbarer Nähe des Gebäudes verlaufenden Eisenbahnmagistrale Berlin - Potsdam - Magdeburg ist für die nahe Zukunft nicht auszuschließen.

UNESCO-Weltkulturerbe

Inzwischen hat die UNESCO den Kaiserbahnhof in Potsdam zum Weltkulturerbe erklärt. Das hat die Öffentlichkeit Potsdams für das Problem kurzzeitig sensibilisiert, jedoch noch zu keinen konkreten Ergebnissen geführt. Die DB AG als Eigentümerin hat sich von allein überhaupt nicht geäußert und auf Anfragen lediglich völlig unverbindlich über angebliche Verhandlungen mit potentiellen Investoren informiert.

Die Landesregierung Brandenburg hat für den Fall, daß die DB AG die Sicherung des Bauwerkes in Angriff nimmt, eine Förderung von 2,5 Mio. DM unverbindlich zugesagt. Jedoch konkret ist noch immer nichts geschehen.

Freudeskreis mahnt Entscheidung an

Der Freundeskreis Kaiserbahnhof e.V. hat es sich zur Aufgabe gestellt, die Verantwortlichen in die Pflicht zu nehmen, das Gebäude zu erhalten. Warum soll die DB AG nicht in der Lage sein, ca. 4 Mio. DM zur Bauwerks - Sicherung aufzubringen? Die Versprechungen der DB AG, Investoren zu finden, sind nach jahrelangem Hinhalten nicht mehr ernst zu nehmen.

Alle Appelle an die Verantwortlichen blieben ungehört. Deshalb wird das weitere Drängen auf politischer Ebene nunmehr auch durch die Prüfung rechtlicher Schritte gegen die DB AG ergänzt.

Der Freundeskreis beschäftigt sich mit möglichen Nutzungsvarianten, die sowohl die Wiederaufnahme des Projektes Universitätsbibliothek, gastronomische und museale Nutzungskonzepte, als auch die Nutzung als künftigen S-Bahnhof bei einer wünschenswerten Verlängerung der SBahn bis nach Golm am Berliner Ring sowie die Verknüpfung mehrerer Nutzungen einschließen.

Fazit

Ohne finanzielles Engagement der DB AG, des Landes Brandenburg und eventuell des Bundes wird der Kaiserbahnhof, mit welcher Nutzung auch immer, wohl kaum in altem Glanz wieder entstehen können.

Freundeskreis Kaiserbahnhof

aus SIGNAL 1/2000 (Februar/März 2000), Seite 17