Umland

Keine Züge mehr von Belzig nach Brandenburg

Zweifelhafte Gründe für Einstellung des Verkehrs durch die DB AG


Deutscher Bahnkunden-Verband, Landesverband Brandenburg

1. Feb 2001

Die DB AG läßt seit dem 1. Dezember 2000 auf der Regionalbahn-Strecke Brandenburg - Belzig (RB 52) Busse fahren. Als Grund für diese sehr kurzfristig angekündigte Maßnahme wird von der DB Netz AG mangelnde Wirtschaftlichkeit notwendiger Investitionen zur Instandhaltung der 1904 eröffneten Verbindungsstrecke genannt. Eine Meßfahrt von DB Netz habe im Oktober 2000 ergeben, daß ab 1. Dezember auf den Gleisen kein sicherer Personenverkehr mehr möglich sei. Es gibt allerdings deutliche Anzeichen dafür, daß diese Begründung nur vorgeschoben ist.

Am 27. November 2000 stand dieses Ferkel in Belzig zur Abfahrt nach Brandenburg bereit. Foto: Sven Jagdhuhn

Zum einen ist der Streckenzustand trotz offensichtlich versäumter Instandhaltung nicht so schlecht, als daß ein sicherer Betrieb nun plötzlich unmöglich wäre. Angaben der DB AG für die Kosten der angeblich notwendigen Instandsetzung gehen zwar hoch bis zu 90 Millionen DM (DB AG-Regio-Regionalbereichsleiter Friedrich beim DB-Fahrgastbeirat), dies dürfte allerdings eine Maximalvariante der Luxusmodernisierung sein. Die jetzt gegebenenfalls notwendige Investition zur Wiederaufnahme des Schienenverkehrs wird überschaubar sein.

Zum anderen hat die DB Netz AG in jüngster Zeit in diese Strecke investiert: Es wurde ein neuer Sendemast für den Zugfunk errichtet, und es wurden entlang der Strecke neue Kilometertafeln aufgestellt. Da diese jedoch allesamt falsch sind, wurden sie zur Fehlinvestition und inzwischen unlesbar, mit den Rückseiten nach vorne, montiert. Im Jahr 1999 gab es erhebliche Investitionen in neue technische Bahnübergangssicherungen, an denen sich einige Kommunen entlang der Strecke finanziell bis zur Schmerzgrenze beteiligen mußten.

DB Regio Berlin-Brandenburg hat kein Interesse

Die DB Regio AG empfiehlt dem Land Brandenburg schon seit längerem, den Schienenpersonenverkehr auf dieser Verbindung abzubestellen. Dabei ist DB Regio vertraglich aufgrund einer im Jahr 1997 gewonnenen Ausschreibung bis zum Jahr 2004 verpflichtet, diese Strecke zu betreiben. Es wird regelmäßig über die geringen Fahrgastzahlen geklagt, doch ein vom Land erwartetes erhöhtes Engagement des Betreibers zur Steigerung der Fahrgastzahlen war auf dieser Strecke nicht zu erkennen. Nicht einmal der in den Ausschreibungsunterlagen festgeschriebene Einsatz moderner Triebwagen hat auf der Verbindung Belzig - Brandenburg bisher stattgefunden.

Zwischen Havel und Fläming erschließt die Strecke Brandenburg - Belzig eine idyllische Landschaft. Foto: Sven Jagdhuhn, November 2000

Im Vergleich mit anderen Gewinnern von Ausschreibungen in Deutschland schneidet DB Regio Berlin/Brandenburg hier einmalig schlecht ab: In der Regel konnten die Fahrgastzahlen durch ein attraktiveres Angebot nach erfolgter Ausschreibung deutlich gesteigert werden. Und auch im Norden Brandenburgs macht die Prignitzer Eisenbahn auf den von ihr betriebenen Strecken vor, wie durch besseren Service und optimierten Fahrplan die Kunden selbst auf Nebenstrecken gerne die Bahn benutzen.

Im letzten halben Jahr gab es Verhandlungen zwischen DB Regio und der Prignitzer Eisenbahn, zum Betrieb der Strecke als Unterauftrag. Eine Vereinbarung darüber konnte aber nicht erzielt werden, und wenig später fand dann die Meßfahrt der DB Netz AG statt.

Für den Erhalt des Schienenverkehrs

Am 14. Dezember 2000 hatte der DBV Regionalverband Potsdam-Mittelmark alle Akteure nach Golzow (Brandenburg) zu einer Konferenz für die Zukunft der Bahnstrecke eingeladen. Vertreter der DB Netz AG waren ohne Absage nicht erschienen.

Alle Anwesenden waren sich einig, das Vorgehen der Deutschen Bahn AG nicht zu akzeptieren. Das Land Brandenburg sieht den bis 2004 bestehenden Verkehrsvertrag einseitig durch DB Regio Berlin-Brandenburg verletzt. Die Bahnanbindung sei ein wichtiges Qualitätsmerkmal der Region. Eine Busverbindung als Ersatz kann nicht akzeptiert werden. Der Bürgermeister von Golzow, Dr. Mahlow, wies auf die große Bedeutung der Bahn für den Tourismus hin. Er sieht ebenfalls eine gute Möglichkeit, die Strecke wieder für den Güterverkehr zu nutzen, um die Straßen von den Lkw-Transporten zu entlasten. Auch der Vertreter des Landkreises Potsdam Mittelmark erklärte, einen Erhalt der Bahnverbindung zu unterstützen.

Übernahme der Infrastruktur abgelehnt

Der Präsident des DBV, Gerhard Curth, informierte, daß ein Antrag des verbandseigenen Eisenbahnunternehmens Deutsche Regionaleisenbahn (DRE) zur Übernahme und sofortigen Instandsetzung der Infrastruktur von der Deutschen Bahn AG abgelehnt worden sei. Angeblich sei die Verbindungsstrecke ein wichtiger Bestandteil der Mittelstandsoffensive für Regionalnetze der DB Netz AG. Ein Termin für die mögliche Wiederaufnahme des Schienenverkehrs wurde nicht genannt.

VBB: Begründung nicht nachvollziehbar - Das Land hat „Maßnahmen" eingeleitet

Der VBB teilte schriftlich mit, daß der Betrieb der Streckeninfrastruktur sehr wohl wirtschaftlich sei. Einnahmen von jährlich rund 1,5 Millionen DM stünden Personalkosten von maximal 400 000 DM gegenüber. Es gebe also genügend Spielraum für Investitionen. Der Vertreter der LEG, Herr Dr. Böhme, ergänzte im Auftrag des Landes, daß für eine kurzfristige Wieder aufnähme des Bahnverkehrs weniger als 100 000 DM investiert werden müßten. Es wurde erklärt, daß der technische Grund für die Einstellung des Betriebs stellenweise Mängel an den Gleisen seien.

Das Brandenburger Verkehrsministerium hat eine technische Prüfung der Strekke durch die Eisenbahnaufsichtsbehörde des Bundes, das Eisenbahn-Bundesamt, veranlaßt. Das Ergebnis wird im Januar 2001 erwartet. Auf dieser Grundlage sollen die Forderungen und Konsequenzen gegenüber dem Vertragspartner DB Regio formuliert werden. An der Bestellung des Schienenpersonenverkehrs wird das Land auf jeden Fall festhalten. Durch den VBB wird zur Zeit ein Gutachten betreut, daß das Fahrgastpotential entlang der Bahnstrecke untersuchen soll. Ein Zwischenergebnis läßt nach Herstellung bestimmter Rahmenbedingungen eine erheblich gesteigerte Nachfrage erwarten.

Fazit

Das Verhalten der DB Regio AG zeigt deutlich das Desinteresse am Betrieb der Strecke. Sollte DB Regio nicht bereit sein, den bestehenden Verkehrsvertrag zu erfüllen, muß ein geeignetes Eisenbahnunternehmen mit dem Personenverkehr Belzig - Brandenburg beauftragt werden. Das Land Brandenburg und der VBB haben zu erkennen gegeben, daß sie den einseitigen Vertragsbruch durch DB Regio nicht tolerieren werden. Das gibt Anlaß, auf eine baldige Wiederaufnahme des SPNV auf der RB 52 zu hoffen.

Für den Landkreis Potsdam Mittelmark und die Fahrgäste bedeutet eine Umstellung auf Busverkehr einen Rückschritt in der Qualität der ÖPNV-Anbindung. Mit der kurzen Umsteigezeit in Brandenburg bot die Bahn bis zum 1. Dezember 2000 eine attraktive Verbindung nach Berlin, deren Standard ein Busverkehr nicht erreichen kann. Es geht bei der Diskussion jedoch auf keinen Fall darum, Bus und Bahn gegeneinander auszuspielen. Jedes Verkehrsmittel hat seine Vorteile, und der DBV wird den Landkreis darin unterstützen, für den neuen Nahverkehrsplan eine sinnvolle Aufgabenteilung beider Verkehrsmittel zu definieren.

Die Betriebseinstellung zwischen Brandenburg und Beizig wird am 11. Januar 2001 Gegenstand einer Unterredung zwischen dem Brandenburgischen Verkehrsminister Meyer und dem DBV-Bundesvorstand und DBV-Landesverband Brandenburg sein. Mehr dazu im nächsten SIGNAL

Deutscher Bahnkunden-Verband, Landesverband Brandenburg

aus SIGNAL 9-10/2000 (Januar/Februar 2001), Seite 23-24