Fernverkehr

IR im Jahr 2001 - Stand Anfang Januar

Wie bereits bekannt ist, will die Bahn zum Fahrplanwechsel im Frühling 2001 diverse Interregio-Verbindungen streichen bzw. durch von den Ländern finanzierte Regionalexpreßzüge ersetzen. Die Streichliste ist nach einigem Hin und Her mehrfach verändert worden.


Deutscher Bahnkunden-Verband, Landesverband Brandenburg

1. Feb 2001

In Brandenburg sollen auf folgenden Linien Interregios gestrichen werden:

Als Ersatz sind meist Regionalexpreßlinien vorgesehen. Der RE 1 soll im Stundentakt bis Magdeburg verkehren (allerdings mit diversen Halten mehr als der IR). Der RE 2 verkehrt zukünftig durchgehend im Stundentakt zwischen Rathenow und Cottbus über die Berliner Stadtbahn. Dieses stellt für die Reisenden durchaus eine Angebotsverbesserung dar, worauf die Bahn nicht müde wird, hinzuweisen. Allerdings wird nicht gesagt, was Reisende, die weiter Richtung Görlitz wollen oder aus Potsdam kommen, machen sollen.

Für Reisende nach Schwerin ergibt sich dann abwechselnd eine Umsteigeverbindung von den zukünftig in Ludwigslust haltenden IC Dresden - Hamburg zum Stadtexpress oder sogar alle zwei Stunden eine Direktverbindung mit dem bis Schwerin verlängerten RE4.

Angebot nach Rostock noch unklar

Haltepunkt Seegerfeld (Herlitzwerke) am 2. Januar 2001 mit dem durchfahrenden Interregio 2274. Foto: Sven Jagdhuhn

Noch nicht ganz klar ist die Zukunft der Verbindung Berlin - Rostock. Nach mehreren Protesten in Mecklenburg-Vorpommern hat die Bahn dem Land zugesagt, die Strecke weiterhin mit IR-Wagenmaterial und zu den gewohnten Fahrzeiten zu befahren, so daß sich für den Reisenden nichts ändern soll. Anderseits sehen die Bahnpläne vor, die bisher in Nauen endenden Züge des RE 5 aus Elsterwerda wieder nach Neustrelitz zu führen und sie dann weiter nach Rostock zu verlängern.

Damit würde sich die bisher schon katastrophal lange Fahrzeit wegen der Halte um Falkensee weiter verlängern. Darüberhinaus lassen nicht alle Bahnsteiglängen dort wie auch südlich von Berlin einen Halt der bisherigen 6-Wagen-Züge nicht zu. Verkürzte Züge Berlin - Rostock würden jedoch im Sommer und an Wochenenden zu massiven Kapazitätsproblemen führen.

Die Bahn und ihre (?) Fahrgäste

Es mag abgesehen von diesen Problemen aus Fahrgastsicht scheinbar egal sein, ob diese Züge als RE oder IR fahren. Auch scheint die Argumentation der Bahn, sie könne sich unrentabele Züge nicht leisten, auf dem ersten Blick nachvollziehbar. Jedoch ist es in verschiedener Hinsicht auch für den Fahrgast bedeutsam.

Zum einen dürfte unmittelbar einleuchten, daß Gelder, die für diese Züge ausgegeben werden, in anderen Relation dann fehlen. Streckenabbestellungen sind zumindest mittelfristig zu befürchten. Zum anderen ist es für die Bahn immer das einfachste, Subventionen einzustreichen statt durch echte Attraktivitätssteigerung (bzw. Stopp der in den letzten Jahren zu beobachtenden Attraktivitätssenkung) sich selbst um mehr Fahrgäste zu bemühen. Für diese fehlende Attraktivität gibt es viele Beispiele, etwa die katastrophalen langsamen Fahrzeiten und der Umweg von Oranienburg über Spandau. Die IR Berlin - Stralsund sind nur minimal schneller als die RB (die weit öfter halten) auf dieser Linie, ähnliches gilt für die IR nach Magdeburg.

Gesetzliche Gratwanderung

Im übrigen sind bei der Bahnreform die Anteile der eigenwirtschaftlichen und subventionierten Verkehre festgelegt worden. Eine einseitige Änderung ist gegenüber den Ländern zumindest nicht fair. Den Ländern ist es zudem gesetzlich nicht erlaubt, Fernverkehrsleistungen zu subventionieren. Die Bahn argumentiert daher, diese Züge seien überwiegend von Nahverkehrsreisenden genutzt und demzufolge subventionierbarer Nahverkehr. Dies mag in manchen Fällen nicht völlig aus der Luft gegriffen sein, an anderer Stelle (wie etwa Berlin - Rostock) entspricht es dagegen eindeutig nicht den Tatsachen.

Die Schweriner Landesregierung hält sich über ihre endgültige Entscheidung weitgehend bedeckt. Es sickert aber durch, daß man die Subventionen für die IR Berlin - Rostock (man spricht von 12 Millionen Mark im Jahr allein für den Mecklenburger Anteil) wohl notgedrungen bezahlen will. Die Summe entspricht den üblichen Sätzen für Bestellungen im Regionalverkehr. Dennoch: vergleicht man die Zahlen für die Auslastung (DB-Angaben: 110 Personen/Zug) mit denen für eine Rentabilität (laut DB 190 - 200 pro Zug) und berechnet die Einnahmeverluste, so kommt heraus, daß die tatsächliche Differenz etwa bei der Hälfte dieses Satzes liegt.

Andere Länder - bessere Lösungen?

Wie es auch gehen könnte, deutet sich in Baden-Württemberg an. Dort ist in Diskussion, daß die Ersatzleistungen für die auf dem Abschnitt Ulm - Lindau gestrichenen IR von der privaten Eurobahn übernommen werden sollen. Der Zuschußbedarf des Landes entspricht etwa der Hälfte dessen, was die DB für ihre Leistungen fordert. Da die Eurobahn auch die bisher von der DB gefahrenen Regionalexpreßzüge auf dieser Strecke übernehmen soll, blieben dann Zugangebot und Zuschußbedarf für das Land gleich.

Bei aller Kritik an Bahn und Ländern muß jedoch die Situation vom Bund geklärt werden. Einerseits wird die Bahn hinsichtlich der Kosten der Infrastruktur gegenüber der Straße (und auch im Vergleich mit anderen europäischen Bahnen) benachteiligt. Anderseits ist der Bund nach wie vor zu 100% Eigentümer der Bahn und für den Fernverkehr mitverantwortlich.

Deutscher Bahnkunden-Verband, Landesverband Brandenburg

aus SIGNAL 9-10/2000 (Januar/Februar 2001), Seite 29-30