Aktuell

Tarifsalat und Zugangssperren

IGEB-Jahrespressekonferenz vom 13. Februar 2001


IGEB

1. Mär 2001

Nach dem Amtsantritt von Verkehrssenator Strieder gab es neue Hoffnungen. Doch nach einem Jahr überwiegen bei den Fahrgästen Skepsis und Enttäuschung.

Preistreiberei ohne Ende?

Wiederholt werden die Stammkunden zur Kasse gebeten. Sollen im Durchschnitt die Preise um nur drei Prozent steigen, sind es bei den Monatskarten fünf Prozent. Der Berliner Fahrgastverband IGEB hält diese Steigerungen für fatal. Foto: Alexander Frenzel, Bahnhof Friedrichstraße, Oktober 2000

Die Inflationsrate ist seit Jahren niedrig. Die Einkommen steigen nur geringfügig oder gar nicht Aber die Fahrpreise von Bahnen und Busse sollen auch in diesem Jahr wieder um durchschnittlich drei Prozent steigen. „Tarifstrukturanpassungen” zum 1. April 2000 hatte der VBB-Aufsichtsrat 1999 beschlossen, Erhöhungen sollte es im Jahr 2000 nicht geben. Dennoch wurden die Fahrpreise zum 1. August 2000 erhöht.

Der Regierende Bürgermeister, Herr Diepgen, und die Senatoren Strieder und Branoner hatten sich gegen Tariferhöhungen im Jahr 2001 ausgesprochen. Dennoch werden die Fahrpreise zum 1. August 2001 erhöht. Auf der Strecke bleibt die Glaubwürdigkeit der Politik - und die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs. Ein erheblicher Teil der VBB-Tarife liegt inzwischen auf der Höhe oder sogar noch über den Tarifen in den alten Bundesländern, obwohl die Arbeitnehmer in Berlin und Brandenburg 10 bis 30 Prozent niedrigere Einkommen haben als die in Hamburg, Düsseldorf oder München.

Zu den Tarifplänen im Einzelnen

Die Verbilligung der Beriner Schüler-Monatskarte von 60 DM auf 45 DM bzw. 30 DM ab dem zweiten Kind ist ein großer Pluspunkt! Dies trifft vor allem auf das Angebot einer 30 DM-Karte zu. Mit der 45 DM-Karte, so richtig und wichtig dieser Schritt ist, werden jedoch lediglich die unverschämten Preistreibereien der letzten Jahre korrigiert. So kostete eine Schüler-Monatskarte 1995 im Ostteil Berlins 39 DM und im Westteil 41 DM, und beide Karten galten nicht nur im AB-, sondern im ABC-Gebiet (also Berlin und Umland). Die 45 DM-Karte bedeutet also gegenüber 1995 eine Verteuerung um zehn Prozent, während die allgemeinen Lebenshaltungskosten in Berlin seither um insgesamt fünf Prozent gestiegen sind.

Das Fahren mit Bahn und Bus wird in Berlin einmal wieder teurer. Foto: Alexander Frenzel, Dezember 2000

Fatal ist die erneute Verteuerung der Monatskarten für Erwachsene. Ausgerechnet die Stammkunden werden zum wiederholten Male überdurchschnittlich zur Kasse gebeten. So wird die Monatskarte AB um fünf Prozent auf 110 DM (Standard) bzw. 126 DM (Premium) verteuert. Zum Vergleich: 1995 kostete die Monatskarte (Premium, Standard gab es noch nicht) 80 DM im Ostteil und 89 DM im Westteil Berlins. Die Preissteigerungsrate im Vergleich zu 1995 liegt also je nach Karte bei 24 bis 58 Prozent!

Der Berliner Fahrgastverband IGEB ist skeptisch, ob die neuen Angebote einer Berlin-Card und einer Freizeitkarte nennenswert nachgefragt werden oder gar neue Kunden erschließen. Am ehesten scheinen sie für Senioren interessant, für die es bisher keine angemessenen Angebote gibt. Aber gerade die Senioren werden unter den Bedingungen der beiden neuen Angebote zu leiden haben, da stets (Berlin-Card) oder zeitweise (Freizeitkarte) ein Ermäßigungsfahrschein zusätzlich erworben werden muß. Das heißt: Automat suchen, richtige Taste suchen, Kleingeld suchen ...

Unbegreiflich ist die Abschaffung der Kleingruppenkarte, noch unbegreiflicher deren Begründung. Sie ist eine attraktive Tageskarte für Gruppen bis zu fünf Personen, also „Ausflügler und Touristen, Kaffeekränzchen und Familien" (Zitat aus der VBB-Werbung). Sie ist mit 21 DM für Berlin (AB) im überregionalen Vergleich schon jetzt besonders teuer. In Hamburg kostet sie 13,80 DM (Montag bis Freitag erst ab 9 Uhr gültig), in München 14 DM. Das entspricht fast dem künftigen Preis der Berliner Tageskarte für nur eine Person, die ab 1. August 12 DM kosten soll. Eine fünfköpfige Familie (mit Kindern unter 14 Jahren) zahlt somit für einen Tag in Berlin nach Abschaffung der Kleingruppenkarte künftig 48,60 DM, eine fünfköpfige Familie oder Gruppe Erwachsener 60 statt jetzt 21 DM!

Wie soll Tick.et in der Regionalbahn funktionieren? Darauf haben die Befürworter noch keine Antwort. Foto: RE am Bahnhof Friedrichstraße, Alexander Frenzel, September 2000

Deshalb protestiert der Berliner Fahrgastverband IGEB auf das Schärfste gegen die Abschaffung der Kleingruppenkarte, die in fast allen Verbünden selbstverständlich zum Tarifangebot gehört. Zugleich sind wir bestürzt über die immer wieder geäußerte Begründung, die Kleingruppenkarte würde ohnehin vonrwiegend von Touristen genutzt. Erstens ist das falsch, denn auch viele Berliner und Brandenburger wissen das Angebot zu schätzen. Zweitens ist es eine Begründung mit fremdenfeindlichem Charakter, womit sich Deutschlands Hauptstadt ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellt.

Die zum 1. August geplante Tarifstruktur verdient kaum noch diesen Namen. Durch das Gefeilsche sind viele Merkwürdigkeiten entstanden. Warum kosten ein Einzelfahrschein AB und BC nun doch wieder denselben Preis (4,20 DM), während die Monatskarten BC stets teurer als die Monatskarten AB sind? Warum werden bei den Monatskarten die Karten AB, BC und ABC teurer, bei den Jahreskarten jedoch nur die Karten AB und BC, nicht aber ABC?

Die Ungereimtheiten, vor allem aber die erbitterten Schlachten im Vorfeld der Tariferhöhung sind Ausdruck dafür, daß die Verbundgesellschaft weiterhin nicht in der Lage ist, so einen Prozess zu strukturieren und zu moderieren. Das liegt nicht nur an den Personen, sondern auch an Konstruktionsmängeln in der Struktur des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg. Deshalb fordert der Berliner Fahrgastverband IGEB, daß die Verantwortung für Struktur und Höhe der Tarife künftig allein bei denen liegt, die ohnehin einen großen Teil der Kosten tragen: bei den Ländern bzw. Landkreisen. Bahn- und Bustarife waren und sind politische Preise. Dazu sollten sich alle bekennen.

Braucht Berlin „Tick.et", den elektronischen Fahrschein?

Einen Versuch ist es Wert, das neue „Tick.et". Aber vor einer Einführung sind viele Fragen zu klären, nicht zuletzt die der Kosten. Der Berliner Fahrgastverband IGEB hat bereits anläßlich des "Tick.et"-Großversuches im Jahr 1999/2000 deutlich gemacht, daß er der Einführung eines elektronischen Fahrscheines im Raum des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg aufgeschlossen gegenübersteht. Es müssen jedoch unbedingt die Interessen der Fahrgäste gewahrt werden. Insbesondere für die heutigen Abonnementkunden, die einen wesentlichen Teil der Fahrgäste darstellen, darf es keine Verschlechterungen geben, Deshalb definieren wir folgende Anforderungen an ein künftiges elektronisches System:

Die Abtastung der Fahrausweise muß aus der Entfernung erfolgen. Ein Ein- und Auschecken, bei dem jedes Mal umständlich eine Plastikkarte an einem Lesegerät vorbeigeführt werden muß, ist im Massenbetrieb nicht praktikabel und wird daher von uns abgelehnt.

Es ist ein Kartensystem vorzusehen, das zwei Möglichkeiten der Abrechnung bietet:

a) mit „aufgeladenen" Tickets ohne die Preisgabe persönlicher Daten - insbesondere für Gelegenheitskunden und Touristen,

b) mit Fahrscheinen, für die nachträglich - je nach Inanspruchnahme - ein Preis in Rechnung gestellt wird. Dies ist insbesondere für Dauerkunden von Bedeutung.

Das Tarifsystem muß für Vielnutzer Vorteile bieten. Die mit dem elektronischen Fahrschein mögliche „gerechtere" Fahrpreisermittlung darf nicht dazu führen, daß regelmäßige Fahrgäste mit astronomischen Fahrgeldforderungen konfrontiert werden. Eine Kappungsgrenze in Höhe der heutigen Monatskartentarife muß im Tarif festgeschrieben werden.

Der S-Bahnhof Kolonnenstraße im Dezember 2000. Foto: Alexander Frenzel

Bei dem von uns favorisierten Tarifsystem mit nachträglicher Entgeltabrechnung sind erhöhte Anforderungen an den Datenschutz zu stellen. So lange die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren bei Pkws mit dem Argument des Datenschutzes abgelehnt wird, dürfen auch von ÖV-Benutzern keine Bewegungsprofile erstellt und gespeichert werden. Der Tarif muß so übersichtlich und verständlich bleiben, daß die Fahrgäste vor Fahrtantritt problemlos erkennen können, wie teuer die nachfolgende Fahrt für sie wird.

Wer will noch immer Zugangssperren bei der U-Bahn?

„Der Berliner Fahrgastverband IGEB wendet sich mit Nachdruck gegen die Einführung von Zugangssperren bei der Berliner U-Bahn. Einen Nutzen haben ohne Zweifel die Hersteller solcher Systeme, aber die Fahrgäste haben nur Nachteile", schrieben wir zur Jahrespressekonferenz 2000. Das gilt auch 2001, Im Zusammenhang mit dem elektronischen Fahrschein „Tick.et“ und mit „Schwarzfahrerzahlen" wird in Berlin seit einigen Jahren die Einführung von mechanischen Zugangssperren bei der Berliner U-Bahn diskutiert. Beide Zusammenhänge sind konstruiert und falsch:

Die Einführung des „Tick.et" erfordert keine U-Bahn Zugangssperren. Das zeigte der Probelauf. Und auch künftig würden ja beispielsweise Bus und Straßenbahn ohne Zugangssperren verkehren müssen. Warum also sollten sie bei der U-Bahn erforderlich sein?

Ein Blick nach Paris

Die Pariser Verkehrsbetriebe RATP haben nach eigenen Angaben bei der Metro - trotz der Sperren - eine Schwarzfahrerquote von vier bis fünf Prozent. Zum Vergleich: bei der BVG waren es im Jahr 1998 3,4 und im Jahr 2000 drei Prozent. Auf den insgesamt 297 Metrostationen (Berlin hat 170 U-Bahnhöfe) gibt es insgesamt 3178 Sperren. Der Unterhalt dieser Sperranlagen kostet die RATP jährlich umgerechnet rund 30 Millionen DM. Dies führt unter anderem dazu, daß bei einem Fahrpreis von zur Zeit rund 1,70 DM für die Metro rund 0,60 DM für das System benötigt werden. Statt Bahnhofsbarrikaden zweite Zugänge auf den U- und S-Bahnhöfen!

Stichwort S-Bahn-Ringschluß: Auch dieser Termin rückt immer weiter nach hinten. Der jetzt genannte Termin 2003 wird sicherlich nicht der letzte sein. Foto: Frank Böhnke, November 1999

Der Berliner Fahrgastverband fordert alle Verantwortlichen auf, die kostenträchtigen Planspiele für U-Bahn-Zugangssperren sofort zu beenden und stattdessen alle diejenigen U- und S-Bahnhöfe mit einem zweiten Ausgang zu versehen, wo dieser bislang fehlt. Dazu zählt nicht nur Deutsche Oper, sondern auch die U-Bahnhöfe Sophie-Charlotte-Platz und Schillingstraße oder die S-Bahnhöfe Tempelhof und Olympiastadion. Zum einen gibt es damit einen zweiten Fluchtweg, zum anderen werden viele Stadtteile so besser an den OPNV angeschlossen. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Berliner Fahrgastverband IGEB das diesjährige 15 Millionen DM-Programm für den Bau neuer Zugänge und Aufzüge auf S-Bahnhöfen.

S-Bahnhof Kolonnenstraße - wie lange sollen wir denn noch warten?

Rund um die Schöneberger Kolonnenstraße wohnen und arbeiten viele tausend Menschen. Seit 15 Jahren wird Ihnen der Bau eines S-Bahnhofes an der Wannseebahn versprochen. Doch sie müssen noch immer warten. Seit 1989 wurde den Fahrgästen immer wieder ein bevorstehender Baubeginn für den S-Bahnhof Kolonnenstraße an der S1 angekündigt, doch passiert ist bis heute nichts, Selbst bei der umfänglichen Sanierung der Wannseebahn im August 2000 wurden noch keine Vorbereitungen für den Bahnsteigbau getroffen, 1944 war der alte Bahnhof der Wannseebahn an der heutigen Julius-Leber-Brücke geschlossen und danach nicht mehr in Betrieb genommen worden. Seitdem fährt die S-Bahn ohne Halt durch das dicht bebaute Gebiet an ihren Fahrgästen vorbei. Auch für die Geschäfte am Kaiser-Wilhelm-Platz wäre der Bahnhof Kolonnenstraße günstig gelegen. Derzeit wird als Eröffnungstermin für den neuen S-Bahnhof der Sommer 2003 genannt. Doch bahnintern wird schon wieder bezweifelt, daß dieser Termin zu halten ist.

Der Berliner Fahrgastverband IGEB verzichtet auf Beschreibungen der offiziellen und auf Spekulationen zu den inoffiziellen Gründen für die immer neuen Verzögerungen. Die Fahrgäste interessiert nur noch, daß endlich mit den Bauarbeiten angefangen wird, und daß der Bahnhof schnellstens eröffnet wird. Wie viele Jahre wollen Senat und Bahn diese besonders peinliche Ausgabe der unendlichen Geschichte denn noch fortsetzen?

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Bedarfsplan - Warum macht der Verkehrssenator nicht seine Hausaufgaben?

Laut § 5 des Berliner ÖPNV-Gesetzes sind ein Bedarfsplan für den öffentlichen Personennahverkehr und ein Nahverkehrsplan aufzustellen. Sechs Jahre nach Erlaß des Gesetzes gibt es beide Pläne noch nicht. Was sind die Aufgaben von Bedarfs- und Nahverkehrsplan? In § 5 des Berliner ÖPNV-Gesetzes wird dazu ausgeführt: Der Bedarfsplan „umfaßt die langfristigen Planungen für die Schieneninfrastruktur und andere bedeutsame lnvestitionsmaßnahmen des öffentlichen Personennahverkehrs." Im „Nahverkehrsplan sind (...) Ziele und Rahmenbedingungen für das betriebliche Leistungsangebot festzulegen." Wer also trotz gesetzlichem Auftrag beide Pläne nicht fertigstellt, scheut offensichtlich die Verbindlichkeit dieser Pläne und will weiter mauscheln wie bisher. Das war bei Verkehrssenator Jürgen Kleman offensichtlich. Warum setzt Peter Strieder diesen Kurs fort?

Beim Nahverkehrsplan fand der neue Senator Stückwerk vor, das mit seinen verkehrspolitischen Vorstellungen nicht vereinbar war. Hier wurde eine gründliche Überarbeitung unter Einbeziehung Dritter begonnen, und die bisherigen Ergebnisse Dönnen überwiegend positiv gewertet werden. Es gibt allerdings einen Mangel: Um das Betriebsprogramm bestimmen zu können, sollte zuvor das Investitionsprogramm feststehen. Deshalb sollte der Bedarfsplan vor dem Nahverkehrsplan verbindlich beschlossen werden. Ansonsten müssen im Nahverkehrsplan Aussagen zu Verkehrsleistungen getroffen werden, deren Realisierung nicht für alle nachvollziehbar und verbindlich festgelegt ist.

In der Senatsverkehrsverwaltung heißt es, die Arbeiten am Bedarfsplan würden praktisch ruhen. Warum? Hat der Senator seine Verwaltung nicht im Griff? Oder will Herr Strieder die Mauschelpolitik seines Vorgängers fortsetzen? Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert den Verkehrssenator auf, alle Spekulationen zu unterbinden, indem er schnellstens den gesetzlichen Auftrag erfüllt und einen Bedarfsplan präsentiert - und beschließen läßt.

Straßenbahnausbau im Schneckentempo

Kein Schienenverkehrsmittel kann so schnell und preiswert ausgebaut werden, wie die Straßenbahn. Andere Städte haben das bewiesen. Nur in Berlin kommt der Straßenbahnausbau nicht voran. Seit der Wiedervereinigung Berlins hat sich die Stadt nur sehr langsam auf die Qualitäten der Straßenbahn besonnen. War anfangs sogar die Einstellung der Straßenbahn im Gespräch, so begann Mitte der 90er Jahre die umfassende Sanierung des bestehenden Netzes - und eine allerdings äußerst bescheidene Netzerweiterung. Hierbei gab es bisher nur eine einzige Streckenverlängerung in den Westteil. Dies ist im Jahre 2001 eine beschämende Bilanz.

Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt die Absicht des Stadtentwicklungsplanes Verkehr, der Straßenbahn endlich „freie Fahrt in ganz Berlin" zu geben. Allerdings sind die Planungen, was bis zum Jahr 2005 realisiert werden soll, vollkommen unzureichend. Außerdem sind wieder ausschließlich Bauten im Ostteil Berlins vorgesehen. Die Chance, durch die Verzögerung des U5-Baues mehr Gelder für den Straßenbahnausbau zur Verfügung zu haben, wird offensichtlich vertan. Daher fordert der Berliner Fahrgastverband IGEB den Verkehrssenator auf, den Ankündigungen zur Straßenbahn endlich auch konkrete Planungen und Bauarbeiten folgen zu lassen. Eine hohe Attraktivität und deshalb Priorität haben für die Fahrgäste folgende Strecken:

Umständliches Umsteigen

Die Erneuerung des Berliner Straßenbahn-Fahrzeugparks ist inzwischen abgeschlossen. Wann wird es Verbesserungen beim Umsteigen zwischen Bahn und Bus geben? Foto: Marc Heller

Weite und beschwerliche Umsteigewege machen die Benutzung von Bahnen und Bussen oft unattraktiv. Das will der Verkehrssenator ändern - bisher vergeblich. Denn die Macht der Berliner Autolobbyisten und versierten Bedenkenträger ist ungebrochen. Seit vielen Jahren weist der Berliner Fahrgastverband IGEB auf lange Wege, Unbequemlichkeiten und Gefährdungen für umsteigende Fahrgäste hin. So wurden nach IGEB-Anregungen im vorigen Jahr die Umsteigewege am S-Bahnhof Lichterfelde West zwischen S-Bahn und Bus entscheidend verkürzt, Allerdings hatte der Fahrgastverband bereits 1985 (!) bei der Wiederinbetriebnahme der Wannseebahn auf diesen Mißstand hingewiesen. Am S-Bahnhof Tegel haben nun alle Beteiligten versprochen, dass spätestens zum Juni 2001 die Buslinie 133 eine Haltestelle am S-Bahnhof enthält. Doch Zweifel sind angebracht, denn noch immer hängt dieses Vorhaben in der Planungsphase fest.

Auf Grund der offensichtlichen Mißstände und der IGEB-Anregungen hatten sich Verkehrssenator Peter Strieder und seine Staatssekretärin Maria Krautzberger entschlossen, eine Plattform „Umsteigebeziehungen" bei der Senatsverkehrsverwaltung zu gründen, an der alle zuständigen Verwaltungen und Interessenvertretungen beteiligt sind. Leider hat die- se Plattform die in sie gesetzten Erfahrungen bis jetzt nur unzureichend eingelöst.

Bis jetzt setzten sich auch in der Plattform wieder die hinlänglich bekannten Berliner Bedenkenträger durch. Im Zweifel hat das Auto immer noch Vorrang vor den ÖPNV-Fahrgästen. Da werden P+R-Parkplätze, die nur einer Minderheit zu Gute kommen, ins Feld geführt, um die Verlegung von Bushaltestellen zu verhindern, was mehr Fahrgästen nützen würde. Oder aber die Durchlaßfähigkeit einer Straße für Taxis hat eine höhere Priorität, als das Neuanlegen einer Haltestelle, um Umsteigewege zu verkürzen. Senator Strieder muß aufpassen, daß der verdienstvolle Ansatz nicht unterlaufen wird. Bisher zeichnet sich ab, daß bestenfalls einige Feigenblatt-Projekte realisiert werden können. Zur selben Zeit gab es an einem wichtigen Umsteigepunkt sogar eine Verschlechterung. Das Umsteigen am neuen U-Bahnhof Pankow in die Straßenbahnen Richtung Norden ist bisher äußerst unattraktiv. Die Fahrgäste wurden auf die Zukunft (neue Straßenbahnhaltestelle nach Neubau der Bahnbrücken) vertröstet und suchten sich einen eigenen Weg. Hilflose Reaktion des bezirklichen Tiefbauamtes: Aufstellen von Gittern.

IGEB

aus SIGNAL 1-02/2001 (März 2001), Seite 4-8