Berlin

Mit der Straßenbahn zum Fußball. Denn ein Parkhaus ist keine Lösung!

Schon immer war die Straßenbahn der Hauptverkehrs-Träger zur Alten Försterei, dem Stadion in der Wuhlheide in Köpenick, Heimstätte des Fußball-Clubs 1. FC Union Berlin. Seit dem Aufstieg des Klubs steigen die Besucherzahlen und das Verkehrsaufkommen erhöhte sich.


IGEB, Abteilung Stadtverkehr

1. Jul 2002

Das Stadion befindet sich in Nähe der Straße An der Wuhlheide mitten im Wald. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Stadion von zwei Seiten aus erreichbar: von der Straßenbahn-Haltestelle Alte Försterei (Linien 26, 61, 67) mit einem kurzen Fußweg durch den Wald oder mit der S-Bahn vom Bahnhof Köpenick (Linie S 3) mit einem ca. zehn bis 15-minütigen Fußweg. Die Straßenbahn nimmt hierbei traditionell eine Hauptrolle ein, da ein Großteil der Fans aus dem Raum Schöneweide kommt und die Straßenbahn das naheliegende Verkehrsmittel zum Stadion ist.

Während es zu DDR-Zeiten regelmäßig Sonderzug-Einsätze gab, war dies in den Jahren nach der Wende eher die Ausnahme. So standen bei Oberliga-Spielen vor 1989, als regelmäßig 18.000 Zuschauer im Stadion waren, mehrere Reko-Züge an der Haltestelle Alte Försterei zur Rückbeförderung in Richtung S-Bahnhof Schöneweide bereit. Nach der Wende spielte der Club nur drittklassig, maximal 3.000 Besucher kamen zu den Spielen. Damit reichten die regulären Straßenbahnen aus. In den letzten Jahren kam die Entwicklung des Vereins spürbar voran. Lag der durchschnittliche Zuschauerzuspruch 1998 noch bei 1.500, liegt er heute bei 9.000. Bei Spitzenspielen sind wieder bis zu 15.000 Besucher im Stadion. Das hat bereits Auswirkungen auf den Kfz-Verkehr in Oberschöneweide: nach Spielende sind die Straße an der Wuhlheide und die Wilhelminenhofstraße regelmäßig „dicht"

Seit rund einem Jahr setzt die BVG wieder Sonderzüge ein, inzwischen mit einem guten Angebot. Es fahren einzelne Züge in jede Richtung ausgehend von der Haltestelle Alte Försterei. Es gibt Probleme, vor allem wegen kurzer Züge auf den Stamm-Linien in andere Gegenden von Köpenick, besonders in den Abendstunden. So waren die Züge der Linie 60 bei einem Spiel über eine Stunde vorher hoffnungslos überfüllt, es wurden nur T 6-Solo-Wagen eingesetzt.

Konsequenz muss sein, neben dem begrüßenswerten Sonderzug-Angebot auf ein Kürzen der Regelzüge im Köpenicker Netz bei anstehenden Spielen zu verzichten.

Bei einem eventuellen Aufstieg des Vereins in die 1. Bundesliga in der nahen Zukunft sind nun größere Ausbaupläne für das Stadion bekannt geworden, deren Realisierung aber von der Finanzlage der Stadt Berlin abhängig ist. Hierbei ist unter anderem ein Ausbau des Stadions auf eine Kapazität von gut 25.000 Plätzen vorgesehen. Bei solchen Zuschauerströmen muss das Angebot an Zügen deutlich gesteigert werden. Das hätte vor allem auch Einfluss auf die Abwicklung des Regelverkehrs im Köpenicker Netz. Hierbei ist ein Abstimmen zwischen Verein und BVG dringend notwendig.

Abenteuerliche DFB-Wünsche

Der Deutsche Fußballbund fordert die Anlage von Abstellflächen bzw. den Bau eines Parkhauses für 3.000 (!) Autos an der Alten Försterei. Er beruft sich dabei auf Paragraph 4 der DFB-Bestimmungen. Dort heißt es: „Die Platzanlage soll durch leistungsfähige Verkehrswege für den Individualverkehr erschlossen sein und - nach Möglichkeit - auch günstige Anbindungen an Massenverkehrsmittel haben." Das wird von der IGEB aus städtebaulichen wie verkehrspolitischen Gründen abgelehnt. Heute stauen sich die Autos bei Spielen bis weit in die Köpenicker Altstadt, obwohl nur wenige mit dem Auto anreisen, da es so gut wie keine Parkplätze gibt. Für die Abfahrt gilt entsprechendes.

Verbindungen für den Individualverkehr dürfen bei Veranstaltungen nie Vorrang vor dem ÖPNV haben. Gerade in der Großstadt lassen sich Abstellflächen in solchen Größenordnungen nicht bereitstellen. Hinzu kommen die beschriebenen Probleme vor und nach den Spielen sowie ein unsinniger Leerstand der Parkflächen, da sie selten anderweitig zwischen den nur vierzehntägig statfindenden Spielen genutzt werden.

Es handelt sich bei der Alten Försterei nicht um ein Stadion wie das Berliner Olympiastadion, das auch andere sportliche Höhepunkte außer Fußball sieht. Merkwürdig, wie der DFB meint, in die Planungskompetenz der Kommunen eingreifen zu können.

Die gleichen Argumente sprechen gegen das in Nähe zur Alten Försterei geplante Parkhaus. Abstellmöglichkeiten sind in der etwas weiteren Umgebung ausreichend vorhanden, erinnert sei an das Parkhaus im Einkaufszentrum Forum am Bahnhof Köpenick. Hier sollte die Möglichkeit einer Nutzung durch Stadionbesucher geprüft werden. Meist finden die Spiele zu einer Zeit statt, wo das Einkaufszentrum bereits geschlossen ist und ausreichend Parkplätze zur Verfügung stehen. Bisher besteht eine solche Nutzungsmöglichkeit nicht. Das Ganze kann mit einem entsprechende Shuttle-Verkehr mit der Straßenbahn zum Stadion kombiniert werden.

Eine gute Vergleichsmöglichkeit bietet sich mit Freiburg an. Das dortige Stadion bietet ebenfalls rund 25.000 Plätze und ist bei fast jedem Spiel ausverkauft. Parkplätze gibt es allerdings kaum. Die Fans benutzen im wesentlichen die Straßenbahn oder das Fahrrad, um zum Stadion zu gelangen. Die Freiburger Verkehrs-AG stellt nach jedem Spiel rund 20 (!) Sonderzüge am Stadion bereit, um die Fans zu befördern. Die Bahnen fahren dann im Minutentakt.

Warum kein Kombiticket?

Ziel muss es sein, die Besucher auf öffentliche Verkehrsmittel zu lenken. Eine Möglichkeit wäre, ein Kombiticket zur Nutzung des AB-Bereiches einzuführen. Dem steht der 1. FC Union leider skeptisch gegenüber; ein Kombiticket würde sich nicht rechnen, der Kartenvorverkauf sei gering. Etwa zwei Drittel der Fans kaufen ihre Karten an der Stadionkasse. Vielleicht würde sich das Kaufverhalten mit einem Kombifahrschein ändern; das käme allen Beteiligten zugute. Und es gibt an den Fahrkartenautomaten immer Möglichkeiten für Sonderverkäufe. Wieso also nicht flexibel reagieren und solche Kombi-Tickets zum jeweiligen Anlass entsprechend anbieten?

Vorschläge für die weitere Entwicklung

Bei der S-Bahn sollte es eine Verdichtung des regulären 10-Minuten-Taktes geben, insbesondere vor und nach den Spielen könnten Einsetzer zwischen Ostbahnhof/Ostkreuz und Köpenick das Fahrtenangebot auf diesem Abschnitt deutlich verbessern.

Bei der Straßenbahn stellt die Achse S-Bahnhof Schöneweide <-> S Köpenick die wichtigste Verbindung dar. Auf diesem Abschnitt sollten ca. alle fünf Minuten zusätzliche Züge fahren. Weitere Sonderzüge sind aus Karlshorst und Spindlersfeld denkbar. Vor allem nach den Spielen müssten auf den Linien 62 und 68 abhängig von Zuschauerzahlen einzelne Umläufe gefahren werden, die an der Alten Försterei starten.

Es bieten sich auch bauliche Maßnahmen an. Die Haltestelle Alte Försterei sollte geringfügig nach Osten vor den neuen Haupteingang verschoben werden. Auf jeden Fall ist ein zweiter Abgang in Richtung Osten zu errichten, bisher gibt es nur einen nach Westen an der Kreuzung zur Köpenicker Allee (die Anlagen wurden nach den bewusst straßenbahnfeindlichen Grundsätzen der Senatverkehrsverwaltung Mitte der neunziger Jahre umgebaut). Im Haltestellenbereich sollten zusätzlich ein oder zwei zusätzliche Gleise für Sonderzüge gebaut werden. Der Platz dafür ist vorhanden - eine derartige Anlage existierte bereits.

Verein, BVG und S-Bahn haben es in der Hand, dass nicht nur die Spiele des 1. FC Union erstklassig sind, sondern dass auch die Fans erstklassig zu den Spielen kommen können.

IGEB, Abteilung Stadtverkehr

aus SIGNAL 3/2002 (Juni/Juli 2002), Seite 14-15