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Wahl 2002: Es wird alles, wie es ist

Mit dem Thema Bahn und Bus gewinnt oder verliert man keine Wahl. Diese Bewusstsein müssen die Verfasser der Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl 2002 gehabt haben, als Sie versuchten, die obligatorischen Versprechen gegenüber dem Wähler weitgehend auf Allgemeinplätzen unterzubringen. Wir haben aus den Programmen wesentliche Teile herausgegriffen. Wir haben aus den Programmen wesentliche Teile herausgegriffen, um sie Ihnen nachstehend zu präsentieren.


DBV Bundesverband

1. Aug 2002

Wahlprogramme

SPD

Bündnis 90/Die Grünen

Güter gehören auf die Bahn. Diese Floskel findet sich in allen Parteienprogrammen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus, die Deutsche Bahn AG schafft Realitäten. Nicht nur in der Fläche verschwinden nach und nach Güterbahnhöfe und Verladestellen, auch in Berlin (im Bild der ehemalige Güterbahnhof Halensee, links im Bild der S-Bahnhof) werden sie konzequent abgebaut. Foto: Alexander Frenzel

CDU/CSU

Die oppositionelle CDU belegt konsequent Allgemeinplätze so geschickt, dass man sie später auch nicht beim Wort nehmen kann. Die meisten Vorhaben sind in einer Legislaturperiode ohnehin nicht umsetzbar. Angesichts der Tatsache, dass die CDU-geführte Landesregierung Sachsen-Anhalts mit einem Mammut-Stilllegungsplan die Flächenbahn vernichtet, darf an der Ernsthaftigkeit des Wahlversprechens über die verbesserte Anbindung der Regionen an die großen Verbindungsachsen ruhig gezweifelt werden.

FDP

Eine untergeordnete Rolle spielt der Bahnverkehr in den Wahlprogrammen der grossen und kleinen Parteien. Foto: Manuel Schubert

Erstaunlich progressiv liest sich der Themenkomplex Bahn in den Wahlversprechen der FDP. Man kann fast alle Vorschläge mittragen. Es finden sich tatsächlich auch einige Forderungen der Bahnkunden in dem Programm wieder. Wenn die FDP nach dem 22. September wirklich darf, was sie will, dann müsste sie nur noch umsetzen, was sie verspricht.

PDS

Die PDS greift in ihrem Programm Bedürfnisse auf, mit denen sich der gemeine Wähler sicher nicht in erster Linie identifizieren kann. Wenn dem Bürger in seinem Umfeld die Bahn genommen wird, so wird er sicher nicht das Bedürfnis zu grenzüberschreitenden Verbindungen hegen. Bei Lektüre des PDS-Programms drängt sich doch der Verdacht auf, dass man nur notwendige Erfordernisse an ein Wahlprogramm erfüllen musste.

Der Verein „Allianz pro Schiene", den der DBV zwar mitgegründet hat - ihm aber nicht mehr angehört, bescheinigte der Koalition vor einem Monat: „Rot-grün hat die Schiene gestärkt." Dieser Einschätzung werden sich sicher nur wenige anschließen können. Wir stellen fest, dass bislang unter keiner Bundesregierung in so kurzer Zeit so viele Strecken stillgelegt, Eisenbahner entlassen, Bahnkunden (Fahrgäste wie Güterverlader) von der Schiene vertrieben wurden, wie in den letzten vier Jahren. Sollte Gewerkschaftschef und Allianz vorsitzendem Hansen dies wirklich entgangen sein? Eine Opposition gab es hiergegen allerdings auch nicht.

Nur gut, dass es neben Bahn und Bus ja auch noch Themen gibt, die nicht am Rand sondern im Zentrum der öffentlichen Diskussion stehen. Sonst wäre der Gang zur Wahlurne kaum spannender als die alltägliche (Bahn-)Fahrt zur Arbeit.

Als überparteilicher Interessenverband ist es für den Deutschen Bahnkunden- Verband (DBV) nicht einfach, eine wertungsfreie Würdigung der Wahlprogramme der Parteien vorzunehmen. Da wir jedoch in der Sache durchaus parteiisch sein müssen, wagen wir uns auf das Glatteis der Beurteilung; zumal es sich hier weniger um einen ideologischen, sondern eher um einen sachlichen Themenkomplex handelt.

Bei einer Themenbetrachtung der Koalitionsparteien SPD und Grüne stellt man sich schon die Frage, warum haben sie es denn nicht schon gemacht, was sie nunmehr fordern. Es sei erinnert an die Ohrfeige, die der seinerzeit noch neue Bundesverkehrsminister Bodewig für seine progressive Haltung im Umgang mit der Monopolstellung seiner Deutschen Bahn bekam. Ab diesem Zeitpunkt machte Mehdorn die Bahnpolitik; gestützt von einer kreidefressenden Gewerkschaft. Während die SPD in ihrem Wahlprogramm offenbar wieder zum Höhenflug ansetzte, als gäbe es keine Alltagsprobleme, schreiben die Grünen in ihrem Programm gebetsmühlenhaft nieder, wofür sie schon lange nicht mehr stehen. Wie sonst sollte man bewerten, dass der verkehrspolitische Sprecher der Partei, die am lautesten für die Verlagerung von der Straße auf die Schiene auftrat, als einzige in einer Presseerklärung ein positives Votum zur Verlagerung von der Schiene auf die Straße abgab, in der er dem Verkauf der Spedition Stinnes an die Deutschen Bahn AG etwas Positives abgewinnen konnte.

Bei der Novelle des Eisenbahnrechts im November 2001 hätten die Koalitionsparteien ihre jetzigen Forderungen zum Beispiel nach fairen Wettbewerbsbedingungen in die Gesetzgebung mit einfließen lassen können. Stattdessen glänzte man hier durch Zurückhaltung, was progressive Ansätze in der Eisenbahnpolitik betrifft. So gesehen fragt sich der Wahlbürger natürlich, wie glaubwürdig die hehren Ziele dieser Parteien eigentlich noch einzustufen sind.

DBV Bundesverband

aus SIGNAL 4/2002 (September/Oktober 2002), Seite 4-5