Berlin
Vor kurzem lagen die Planfeststellungsunterlagen zum Umbau des maroden Bahnhofes Ostkreuz öffentlich aus. Der Bahnhof soll völlig neu gestaltet und umgebaut werden.
1. Jan 2003
Die unteren S-Bahnsteige sollen für die in Ost-West-Richtung verlaufenden Linien zugunsten eines Richtungsbetriebes umgebaut werden, so dass die Fahrgäste alle in die jeweilige Fahrtrichtung verkehrenden Züge nutzen können. Zukünftig werden am Bahnhof Ostkreuz aber auch Regionalzüge an den drei neu entstehenden Regionalbahnsteigen der Frankfurter, Wriezener und der Ringbahn halten können. Die jeweiligen S- und Regionalbahnsteige sollen über großzügige Treppen, Fahrtreppen und Aufzüge miteinander verbunden werden, so dass sich die Situation für die umsteigenden Fahrgäste deutlich verbessern wird. Während der Bauzeit soll es keine wesentlichen Betriebseinschränkungen auf der S-Bahn sowie bei Regional- und Fernbahn geben. Der dadurch vorgesehene etappenweise Umbau, der 2004 beginnen soll, wird allerdings voraussichtlich acht Jahre in Anspruch nehmen. Die Umbaukosten werden auf ca. 350 Millionen Euro geschätzt.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB hat im Rahmen des Planfestestellungsverfahrens zu den öffentlich ausgelegten Plänen folgende Stellungnahme abgegeben:
„Der Berliner Fahrgastverband IGEB e.V. begrüßt das beabsichtigte Bauvorhaben, da es eine wesentliche Verbesserung der Zugangs- und Umsteigesituation am S-Bahnhof Ostkreuz und durch die geplanten Regionalbahnsteige eine deutliche Verbesserung der Vernetzung zwischen S-Bahn- und Regionalbahnnetz darstellt.
Zu folgenden Punkten sind die Planungen aus Fahrgastsicht jedoch korrekturbedürftig:
Eine Verlängerung der Fernbahngleise der Wriezener Bahn zum Ostbahnhof und eine Weiterführung auf die Stadtbahn würde eine durchgreifende Verbesserung für die Fahrgäste der RB 25 (Wriezener Bahn) und RB 26 (Ostbahn) darstellen, die sogar für den internationalen Verkehr Bedeutung hätte. Dazu müssen die S-Bahngleise zwischen Warschauer Brücke und Ostbahnhof unterquert werden. Eine entsprechende konzeptionelle Berücksichtigung einer solchen Trasse geht aus den Unterlagen nicht hervor.
Auch wenn die Realisierung einer solche Verbindung im Augenblick nicht finanzierbar scheint, so sollte zumindest im Rahmen dieses Planfeststellungsverfahrens eine entsprechende bauliche Option für ein Gleispaar berücksichtigt und eventuelle bauliche Vorleistungen mit erbracht werden (vgl. Option für Autobahntrasse), da eine spätere Realisierung nur mit wesentlich höherem Aufwand möglich wäre.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Baumaßnahmen im Wesentlichen ohne Betriebsunterbrechungen durchgeführt werden sollen. Einige der bauzeitlichen Maßnahmen sind in der vorgesehenen Form jedoch nicht sachgerecht und bedürfen der Korrektur:
Aufwand und Nutzen dieses Umfahrungsgleises stehen in einem krassen Missverhältnis: Für die nur wenigen Betriebsfahrten zum Talgo-Betriebswerk würden durch das provisorische Brückenbauwerk und die dadurch verursachten erheblichen städtebaulichen und naturschutzrechtlichen Eingriffe umfangreiche Finanzmittel gebunden werden, die an anderer Stelle (siehe oben) sehr viel sinnvoller zugunsten einer dauerhaften Verbesserung der Infrastruktur eingesetzt werden sollten.
Sofern für die wenigen Betriebsfahrten ine Mitbenutzung der bestehenden -Bahn-Gleise nicht möglich sein sollte, wäre zu prüfen, ob die Nachtzüge während der nur kurzzeitig notwendigen Sperrung des bestehenden Fernbahngleises nicht an anderer Stelle gewartet werden können.
Auch hier ist die zwingende Notwendigkeit zur Anlage eines provisorischen Umfahrungsgleises (und die dadurch bedingten Zufahrten und Lagerflächen), durch das ebenfalls erhebliche Kosten und vermeidbare städtebauliche und naturschutzrechtliche Eingriffe entstehen, nicht nachvollziehbar. Und schließlich würde der Bau, Betrieb und Rückbau des Umfahrungsgleises auch zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Fahrgäste durch die insgesamt einjährige Sperrung des südlichen Zuganges des S-Bahnhofs Rummelsburg führen. Den Fahrgästen aus den Wohnquartieren entlang der Hauptstraße soll für diesen Zeitraum ein Umweg von rund 300 Meter vom nördlichen Eingang durch die wenig attraktive Unterführung Karlshorster Straße zugemutet werden.
Wir weisen darauf hin, dass bis zum vorgesehenen Zeitpunkt der Realisierung dieses Bauabschnittes der Nord-Süd-Fernbahn-Tunnel bereits in Betrieb sein wird und dies zu einer wesentlichen Entlastung dieses Fernbahnabschnittes beitragen wird. Für den Zeitraum der Baumaßnahmen können aus- und einsetzende Züge zum Betriebswerk Rummelsburg in verstärktem Maße über die dann zur Verfügung stehende Verbindung Ringbahn - Gesundbrunnen - Lehrter Bf geführt werden. Auch die hier durch das entfallende Provisorium eingesparten Mittel sollten zur dauerhaften Verbesserung der Infrastruktur (siehe Anregungen zum Ausbau der Wriezener Bahn) eingesetzt werden.
Mit den Vorleistungen für eine Verlängerung der Stadtautobahn A 100 sind finanzielle Aufwendungen und bauliche Erschwernisse für das Bahnbauvorhaben verbunden. Dies wird vom Berliner Fahrgastverband IGEB abgelehnt, da es im Zusammenhang mit dem geplanten Stadtautobahnbau noch grundsätzlich offene Fragen gibt. So ist zum Beispiel nicht erkennbar, wie der Verkehr einer verlängerten Autobahn auf die Frankfurter Allee abgeleitet werden kann."
IGEB
aus SIGNAL 6/2002 (Januar 2003), Seite 16-17