Berlin

Stabilisierung des Betriebes auf der Ringbahn

Seit der vollständigen Inbetriebnahme des Berliner S-Bahn-Ringes im Juni 2002 zeigt sich, dass die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der eingebundenen Linien nicht zufriedenstellend sind. Damit der Ring wieder rund läuft, hat die Abteilung S-Bahn- und Regionalverkehr der IGEB der S-Bahn Vorschläge für ein verändertes Betriebskonzept vorgelegt. Die wichtigste Aussage: Durch einen Vollringbetrieb könnte das System stabilisiert werden.


IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

1. Jul 2003

Unter der Maßgabe, den Aufwand bei Zügen und Personal im Vergleich zum heutigen Betrieb nicht oder höchstens geringfügig zu vergrößern, hat die Abteilung zwei Varianten entwickelt: Die Variante „Standard" ist mit der gleichen Zugzahl fahrbar wie der Fahrplan ab 24. Februar 2003 und damit kostenneutral zu realisieren. Die Variante „Plus" erfordert eine leicht höhere Zugzahl, um die Bedienung der Görlitzer Bahn mit sechs Zuggruppen wie bisher zu ermöglichen.

Betriebskonzept der Berliner Ringbahn, Variante Standard. Zuggruppenplan des Ringsystems, Tagesverkehr. Zeichnung: IGEB

Für die Abteilung ist die Variante „Plus" die Vorzugsvariante. Im Falle eines verstärkten Kostendruckes präferiert sie Variante „Standard". Beide Varianten sind als Diskussionsgrundlage zu verstehen und wurden überschlägig kalkuliert. Die Grundsätze werden im Folgenden vorgestellt. Auf Unterschiede der einzelnen Varianten wird besonders hingewiesen.

Grundsätze

Um eine separate Ringlinie mit Erfolg betreiben zu können, sind vier Zuggruppen erforderlich. Damit ist die Taktdichte gegeben, die benötigt wird, um bei Betriebsstörungen Züge in andere Umlaufpläne zu verschieben, ohne dass es für die Fahrgäste merkbare Fahrplanabweichungen gibt. Diese Zuggruppen sollten nicht im „reinen" 5-Minuten-Takt verkehren, weil auf dem Ostring und dem Südring noch weitere Linien von der Görlitzer Bahn einbrechen. Ein 6/4-Minuten-Takt ist daher am besten geeignet. Daraus ergibt sich eine Umlaufzeit von 64 Minuten. Jede zweite Runde wird diese um weitere zwei auf 66 Minuten gestreckt.

Betriebskonzept Plus. Zeichnung: IGEB

Zusammen mit den abzweigenden Linien ergibt sich dann auf den betreffenden Abschnitten ein 3/3/4-Minuten-Takt. Auf dem Ostring wird die zusätzliche S 8/S 85 mit Halbzügen zwischen Treptower Park und Schönhauser Allee zur Verdichtung überlagert. Auf dem Südring verstärkt die S 46 mit Vollzügen zwischen Neukölln und Bundesplatz. Beide Linien (S 8/S 85 und S 46) verkehren generell alle zehn Minuten.

Daraus ergibt sich ein Bedarf für den Ersatz der heutigen Linie S 45 zur Verdichtung des Angebots nach Schönefeld im Tagesverkehr. Diese Aufgabe kann eine zweite Zuggruppe der Linie S 9 zwischen Schönefeld und Warschauer Straße übernehmen (Variante „Plus"). Alle Züge über Köllnische Heide fahren als S 46, die Bedienung von Spindlersfeld wird der S 8 zugeschlagen. Die Verstärkerzüge nach Grünau im Tagesverkehr haben dann die eigene Liniennummer S 85.

Zum schnellen Räumen des Bahnsteiggleises in Bundesplatz sind besondere Regelungen mit zusätzlichen Personalen erforderlich („Kehrführer").

Im Abendverkehr wird ein solch dichtes Angebot nicht mehr benötigt, deshalb verbleiben nur noch zwei Zuggruppen im 10-Minuten-Takt auf dem Ring. Da die Umlaufzeiten sich nicht ändern,- ist hier eine Durchbindung zur S 46 vorgesehen. Es ergibt sich eine Betriebsführung, wie sie derzeit von der S-Bahn Berlin GmbH gefahren wird : Königs Wusterhausen - Südring - Gesundbrunnen - Sonnenallee - Westend. Dadurch ergeben sich auf dem Ostring zwischen Treptower Park und Schönhauser Allee und auf dem Südring zwischen Neukölln und Westend jeweils 5-Minuten-Takte.

Vorteile

Erste Reaktion der S-Bahn Berlin GmbH

Dieser Vorschlag wurde der Betriebsleitung der S-Bahn Berlin GmbH im April 2003 vorgelegt. Die Reaktion darauf war zurückhaltend. Hauptsächlich aus drei Gründen hält die S-Bahn GmbH das vorgelegte Konzept für nicht günstig:

Ringbahnzug im Bahnhof Papestrasse. Foto: Alexander Frenzel, Dezember 2002

Zu diesen Argumenten

Die gesteigerte Fahrplantreue ist sicher auch dem Ende des 2002/2003 besonders langen Winters zu verdanken. Ob die als Reaktion auf die Störungen durchgeführten betriebs- und fahrzeugtechnisch Maßnahmen wirklich greifen, werden wir erst wissen, wenn das derzeitige „Schönwetter-Ringsystem" auch im kommenden Herbst und Winter noch stabil funktioniert.

Das gleichmäßige Zuggruppenangebot im Dreieck wird bei der S-Bahn anscheinend ein wenig dogmatisch gesehen. Die von der IGEB vorgeschlagene Stärkung der Ringrelation und Schwächung der Relation Neukölln - Baumschulenweg entspricht der Rangfolge der Nachfrage.

Das Rückwärts-Kehren in Bundesplatz ist in der Tat nicht einfach. Mit einem Kehrführer und anderen unterstützenden Maßnahmen könnte es aber machbar sein.

Foto: IGEB

Die S-Bahn Berlin GmbH kündigte an, dass die Grundsätze der Betriebsführung auf dem Ring auch 2004 wie gehabt fortgeführt werden sollen.

Ansonsten hofft die S-Bahn (ebenso wie die Abteilung) auf eine Anpassung der Infrastruktur auf dem Ring, die ihn leistungsfähiger macht und somit die Verspätungsanfälligkeit senkt (Verkürzung der Blockabschnitte und Bau einer dritten Kante auf einem Ringbahnhof, um Züge austauschen und enden lassen zu können). Diese Maßnahmen sind aber realistischerweise nicht kurzfristig zu erwarten.

Die Abteilung wird die Entwicklung der Zuverlässigkeit der Ringbahn weiter aufmerksam verfolgen und natürlich auch Ihre Leserpost zu diesem Thema in die weitere Diskussion einbeziehen.

Vergleich des Zugbedarfs

Zur echten Vergleichbarkeit wurde die bisher eine Ring-System-Relation befahrende Linie von Lichterfelde Süd (S 25 bzw. S 26) mit einer Zuggruppe in die Berechnung mit einbezogen.

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 3/2003 (Juni/Juli 2003), Seite 12-13