Berlin

Wo ein Wille ist ...

Als Begleitmusik zur Generalsanierung der Görlitzer Bahn zwischen Baumschulenweg und Grünauer Kreuz im Jahre 2004 spielt uns der Berliner Senat eine ganz eigene Wunschmelodie. Wenn man will, ist auch Geld da.


IGEB Stadtverkehr

1. Jul 2003

Die Deutsche Bahn saniert im nächsten Jahr ihre Strecke von Baumschulenweg zum Grünauer Kreuz und erneuert in diesem Zusammenhang auch die Brücken über den Sterndamm am Bahnhof Schöneweide. Diese sind schon länger ein Engpaß im Autoverkehr, während der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) davon nicht betroffen ist, denn die Straßenbahn hat einen eigenen Bahnkörper und die meisten Buslinien enden dort als Zubringer oder kreuzen die Bahn an dieser Stelle nicht.

Ganz klar ist: Wenn die Bauarbeiten an dieser Stelle einmal abgeschlossen sind, dann möchte die DB AG nicht in wenigen Jahren nochmal alles aufreissen um eine Straßenverbreiterung unter der Brücke zu ermöglichen. Der Senat ergriff also richtig die Gelegenheit, um zu untersuchen, wie er seine Veränderungswünsche in das laufende Projekt der Deutschen Bahn einbringen kann. Dabei stellte sich heraus, daß eine Verbreiterung der Brücke in die städtebaulich gewünschte Südrichtung sehr teuer wird. Die Rede ist von mindestens 11 Millionen Euro nur allein als Anteil des Landes Berlin.

Als Alternative bot sich für Berlin eine Verlegung der Straßenbahn auf eine separate Trasse an, die ebenfalls nicht mehr als 11 Millionen Euro kosten soll, aber dafür den Platz unter der alten Brücke freimacht, um die Straße verbreitern zu können. Dieser Straßenbahn-Tunnel soll dann aus Geldern für den ÖPNV gebaut werden. Er soll auch auch für den Bus befahrbar sein und die Haltestelle soll einen direkten Zugang zu den Bahnsteigen bekommen; außerdem liegt sie nah am neuen Einkaufszentrum, das derzeit unmittelbar am Bahnhof Schöneweide entsteht. Ein weiteres Plus ist die Verlängerung des bestehenden Fußgängertunnels auf die Johannisthaler Seite.

Situation am Bahnhof Schöneweide (Linienführung und -nummern der Straßenbahnen und Busse stimmen allerdings mit den heutigen nicht überein).
Heute Halten die Straßenbahnen direkt vor dem Empfangsgebäude des Bahnhofs Schöneweide an der Grünauer Straße - eine durchaus befriedigende und bewährte Lösung. Sie unterqueren dei Bahnanlagen dann südlich (Sterndamm). Die Senatsplanungen sehen an der Eisenbahnüberführung die Verbreiterung des Sternammes vor. Deshalb soll die Straßenbahn den Bahnhof in einem Tunnel unterqueren. Karte: IGEB-Archiv

Insgesamt eine gute Idee, aber die Umsteigesituation am Bahnhof Schöneweide ist nicht die schlechteste und deshalb fragen wir uns: Warum wird der Straßenbau-Etat, der den größten Nutzen aus dieser Planung zieht und der Veranlasser ist, nicht mit den Kosten belastet? Hier zeigt sich, daß offenbar genug Geld da ist, wenn es um die Förderung des Kraftverkehrs geht. Wenn aber wie im Fall Alexanderplatz oder anderer Straßenbahn-Projekte wirklich ausschließlich der ÖPNV profitiert, dann wird gespart!

Ein Straßenbahn-Tunnel unter dem Bahndamm mit neuer Haltestellenlage wirft noch weitere Fragen auf. Was passiert mit dem Bahnhofsvorplatz, der heute als Haltestelle dient?

Hier ist geplant, den Taxistand sowie P+R-Plätze anzulegen, die durch den Kaufhausbau verloren gingen. Wir befürchten, daß dann vor dem Platz eine Asphaltwüste entsteht die nur für Autofahrer interessant ist und würden gerne mehr grün sehen, um auch die Anwohner dort vom Umbau profitieren zu lassen.

Wie kann die weitere Nutzung der Tramwendeschleife sichergestellt werden, möglichst aus beiden Richtungen?

Hier konnte man uns zum Glück mitteilen, daß die Schleife erweitert wird für den Einsatz von 60-Meter-Zügen und dann auch von beiden Richtungen benutzbar ist.

Wie können die Umsteigebeziehungen zu den Bussen gesichert werden, die nur auf den beiden Seiten des Bahnhofs halten? Hier hat die BVG das letzte Wort, eventuell werden die Busse, die jetzt nur auf der Schöneweider Seite fahren, durch den Tunnel geleitet, um das Umsteigen zu erleichtern. Wir bleiben an der Sache dran, um eine Verbesserung zu erzielen.

Was wird aus dem Empfangsgebäude, wenn der Kundenstrom an Umsteigern es nicht mehr braucht?

Das zur Straße stehende Bauwerk steht unter Denkmalschutz, wir befürchten allerdings, daß mittelfristig wegen sinkender Umsätze die Serviceangebote dort entfallen.

Bleiben den vielen dort endenden Buslinien genügend Aufstellflächen?

Die gesamte Fläche auf der Johannisthaller Seite bleibt bestehen und wird in Verbindung mit dem neuen Fußgängerausgang lediglich neu geordnet.

Verschlechtert sich die Fußwegsituation von der Johannisthaler Seite zum Bahnhof und zu den Haltestellen, wenn die Straße massiv verbreitert wird?

Laut Senatsauskunft nicht, aber die letzten Anpassungen an der Ampelschaltung werden sowieso erst nach Inbetriebnahme erfolgen, wir werden das also erst später sehen.

Die Lösung ist also insgesamt durchdacht, aber es muß jeden Betrachter ärgern, daß eine schnelle und finanzierbare ÖPNV-Verbesserung in dieser Stadt nur noch ein Anhängsel der Autoförderung ist. Wir meinen, daß der Senat sich hier deutlich artikuliert hat, wo seine Prioritäten liegen.

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 3/2003 (Juni/Juli 2003), Seite 16