Sachsen

Busbahn in Sachsen - eine alternative zur Eisenbahn?

Die Wirtschaftlichkeit von Schienenpersonennahverkehr (SPNV) auf Nebenbahnen wird zu einem nicht unerheblichen Teil durch die Kosten der Infrastruktur (zu bezahlende Trassenpreise) sowie die Kosten für die eingesetzten Schienenfahrzeuge beeinflusst.


DBV Potsdam-Mittelmark

1. Jul 2003

Da bei der Benutzung des vom Staat kostenfrei zur Verfügung gestellten Straßennetzes keine Gebühren entrichtet werden müssen, ist ein Busverkehr kostengünstiger zu betreiben. Allerdings haben Fahrgaststudien bestätigt, das für die Kunden ein Schienenverkehrsmittel bei entsprechender Lage der Zugangstellen, ähnlichen Fahrzeiten und dem Einsatz entsprechender Fahrzeuge wesentlich attraktiver ist als ein Busangebot. Vorteile wie der höhere Fahrkomfort, die mögliche Mitnahme von Fahrrädern, vorhandene Toiletten, bequeme Sitze u.a. tragen wesentlich hierzu bei.

Das Foto zeigt die Busbahn am Bahnhof Geithain. Foto: DBV

Aufgrund geringer Fahrgastzahlen auf der Eisenbahnstrecke Geithain - Rochlitz - Glauchau hat der Verkehrsverbund Mittelsachsen die SPNV-Leistungen zum 15. Dezember 2002 abbestellt. Um den ehemaligen Bahn-Fahrgästen ein äquivalentes Angebot zu unterbreiten und diese damit vom Umstieg auf das Auto abzuhalten wurde die sogenannte „Busbahn" entwickelt.

Es handelt sich um modifizierte Diesel-Niederflurgelenkbusse vom Typ MB-Citaro. Durch den Einbau von komfortablen Sitzen, einem Getränke- und Snackautomaten, vier Haltesystemen für die Fahrradmitnahme, einem attraktiven Außen- und Innendesign sowie einer Toilette versuchen die Betreiber eine mit einem Eisenbahnfahrzeug vergleichbare Qualität zu erreichen. Dieser Versuch darf als gelungen bezeichnet werden.

In der Woche wird im 2-Stunden-Takt gefahren, am Wochenende alle vier Stunden. Bedient werden neben den Halten an den ehemaligen Bahnhöfen auch zusätzliche Haltestellen in den Ortschaften.

Um die Beförderungsqualität der Busbahn beurteilen zu können, haben Mitglieder unseres Regionalverbandes eine Fahrt mit dem Fahrzeug unternommen. Bedingt durch die topografische Lage der zuvor mit der Bahn bedienten Orte im Muldental und durch das Straßennetz sind weite Umwegfahrten notwendig, mit entsprechend längeren Fahrzeiten. Außerdem weisen die Straßen teilweise Längsneigungen von bis zu 14 Prozent auf - im Winter sicherlich problematisch. Bei der Fahrt über die oft schmalen Straßen füllt man sich wie bei einer Achterbahnfahrt. Der Bus erschließt die Orte durch zusätzliche Haltestellen und durch die, im Vergleich zu den Bahnstationen, zentralere Lage der Halte besser als es die Eisenbahn vermochte.

Fazit

Wenn die Bedienung von Eisenbahnstrecken aufgrund der geringen Fahrgastzahlen/Güterkunden, einem ruinösen Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Vorhaltung der Infrastruktur sowie wegen nicht vorhandener bzw. nicht aktivierbarer Fahrgast- und Güterpotenziale aufgegeben werden muss, kann der Ersatz durch eine Busbahn durchaus sinnvoll sein. Wenn die topografischen Gegebenheiten in der Region günstig sind und das vorhandene Straßennetz eine von der Fahrzeit mindestens äquivalente Erschließung der bisher von der Bahn bedienten Orte zulässt, ist es möglich Fahrgastverluste zu verhindern.

Wird durch die Busbahn eine bessere Erschließung der Orte erreicht, kann sogar von Fahrgastzuwächsen ausgegangen werden. Von einem Mischverkehr Bahn/Busbahn ist dringend abzuraten. Denn weniger bestellte Leistungen auf der Schiene bedeuten weniger Trassenpreiseinnahmen für den Betreiber der Infrastruktur. Dementsprechend wird dieser weniger Geld investieren, so dass die Qualität der Infrastruktur immer weiter abnimmt und demzufolge auch kein attraktiver Schienenverkehr während der verbleibenden Betriebstage mehr angeboten werden kann. Resultat sind weiter sinkende Fahrgastzahlen sowie steigende finanzielle Defizite, die letztlich zur Abbestellung der SPNV-Leistungen auch an den verbliebenen Betriebstagen und damit letztendlich zur Stillegung der Schieneninfrastruktur führen.

DBV Potsdam-Mittelmark

aus SIGNAL 3/2003 (Juni/Juli 2003), Seite 31-32