Berlin
Am 24. Juli 2003 ist im Alter von 77 Jahren Heinz Knobloch verstorben. Mit ihm verliert Berlin einen Schriftsteller, der in einzigartiger Form Geschichte und Geschichten miteinander zu verbinden verstand. Seine literarischen Wanderungen durch Berlin, über Plätze und Höfe, durch Straßen und Grünanlagen beschreiben nicht nur die Orte, sie lassen stets tiefer blicken, auf Menschen, ihre Beziehungen und ihre ganz persönlichen Schicksale.
1. Sep 2003
1982 erschien im Buchverlag Der Morgen sein Band mit Erzählungen „Stadtmitte Umsteigen - Berliner Phantasien". Die Titelgeschichte „Stadtmitte Umsteigen" führt uns in die gleichnamige U-Bahn-Station. Mit ihr überschritt Heinz Knobloch in doppelter Hinsicht Grenzen: Dass ein DDR-Autor - zumindest literarisch - die Grenze zwischen Ost und West aus dem Weg räumen darf, war damals nicht üblich. Und seine Geschichte von der gescheiterten Flucht einer Gruppe SS-Männer durch den U-Bahn-Tunnel verweist uns auf das wechselvolle Schicksal Berlins. Mit der banalen Frage, ob im Verbindungsgang wohl noch Werbeplakate aus dem August 1961 hängen, konnte er uns mit Leichtigkeit in die deutschdeutsche Realität zurückholen. Rund ein Jahrzehnt später ließ sich die Frage übrigens für kurze Zeit mit einem „Ja" beantworten.
Auch anderen Themen als dem Schicksal von U- und S-Bahn-Stationen näherte sich Heinz Knobloch in seinem Werk, Weltgeschichtliches und Kenntnis des Details ebenso wie die Sympathie für seine „Helden" miteinander verbindend. Er stellte uns den uniformierten Retter der Neuen Synagoge ebenso vor wie die Sekretärin Rosa Luxemburgs - Menschen, die sonst vergessen würden.
Heinz Knobloch war ein sympathischer Forscher und Chronist des Alltages, abseits offiziöser und üblicher Sichtweisen. Er wird fehlen
Berliner S-Bahn-Museum
aus SIGNAL 4/2003 (August/September 2003), Seite 19