Baden-Württemberg
Am 1. Oktober 1978 war die S-Bahn Stuttgart mit einem 65 Kilometer langen Netz, drei Linien und einem neuen Verbindungstunnel in der Innenstadt (Hauptbahnhof-Schwabstraße) in den planmäßigen Betrieb gegangen. Neue Triebwagen der Baureihe 420, wie sie auch in München seit 1972 eingesetzt wurden, ersetzten betagte Elektrotriebwagen. Zugleich wurde der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (WS) eingeführt.
1. Sep 2003
Bereits im Mai 1933 wurde nach dem viergleisigen Ausbau und der Elektrifizierung der Strecken vom Hauptbahnhof nach Esslingen und Ludwigsburg ein Nahverkehr im Taktfahrplan aufgenommen. Die für Stuttgart beschafften Triebwagenzüge der Baureihe 465 fuhren 45 Jahre lang bis zum 30. September 1978 zuletzt tagsüber im 20-Minuten-Takt zwischen Esslingen und Ludwigsburg mit dreiminütigen Kopfmachen im Hauptbahnhof.
Nach dem Rahmenabkommen aus dem Jahr 1968 zwischen Land und Deutscher Bundesbahn folgten mehrere Ausführungsverträge zum stufenweisen Ausbau der S-Bahn. Kernstück ist der S-Bahn-Tunnel, der am 28. September 1985 von der Station Schwabstraße Richtung Vaihingen verlängert wurde, um die südlichen Vororte und den Flughafen an das Zentrum anzubinden. Bis zur Eröffnung der ICE-Strecke Würzburg - Fulda galt der Stuttgarter S-Bahn-Tunnel mit 8,8 Kilometern als der Längste bei der DB. Aus bautechnischen Gründen und weil etwa die Hälfte der von Hauptbahnhof kommenden S-Bahn-Züge hier endet, erhielt die Endstelle Schwabstraße nicht die übliche Stumpfgleis-Wendeanlage, bei der der Fahrer den Führerstand wechselt. Stattdessen wurde eine cirka 1,5 Kilometer lange unterirdische, teilweise zweigleisige Wendeschleife mit 190 Meter Radius gebaut, in der die S-Bahnen wie Straßenbahnen wenden.
Gegenüber dem früheren Vorortverkehr bietet das S-Bahn-System mehr Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Bequemlichkeit. Zusammen mit dem Verbundtarif und den direkten Verbindungen in die Innenstadt konnte ein schneller Anstieg der Fahrgastzahlen über die Prognosen hinaus erreicht werden. Das S-Bahn-Netz ist auf heute 177 Kilometer gewachsen, das von sechs Linien bedient wird. Mehr als 90 Millionen Fahrgäste benutzen jährlich die S-Bahn mit einem Pünktlichkeitsgrad nach DB-Angaben von rund 98 Prozent.
Mit dem neuen im Juli 2003 vereinbarten Verkehrsvertrag zwischen dem Verband Region Stuttgart und der Deutschen Bahn über die S-Bahn Stuttgart wird ein Qualitätsmesssystem eingführt. Die Zufriedenheit der S-Bahn-Fahrgäste mit Pünktlichkeit, Sauberkeit und Fahrgastinformation soll viermal pro Jahr durch eine neutrale Firma ermittelt werden. Rückwirkend ab 2002 garantiert die Deutsche Bahn AG bis zu einer Million Euro pro Jahr an Strafgeldern (Pönale), wenn die Ergebnisse nach einem Bonus-/Malussystem bewertet sind. Bereits ab einer Verspätung von zwei Minuten und 59 Sekunden gilt nunmehr eine S-Bahn als unpünktlich. „In keiner anderen deutschen Großstadtregion mit einem S-Bahn-Mischbetrieb gibt es so hohe Pünktlichkeitsvorgaben", betont der Regionaldirektor dea Verband Region Stuttgart, Dr. Bernd Sreinacher.
Ab Fahrplanwechsel 15. Dezember 2003 werden die S-Bahnen auf allen Linien auch zwischen 15.30 Uhr und etwa 19 Uhr im 15-Minuten-Takt fahren. Bis Anfang 2005 wird der Verband Region Stuttgart stufenweise 25 neue klimatisierte S-Bahn Fahrzeuge der Baureihe 423 anschaffen. Die Kosten von insgesamt 92 Millionen Euro teilen sich das Land und die Region Stuttgart zur Hälfte. Insgesamt 13 ältere Fahrzeuge des Typs ET 420 werden durch wesentlich jüngere Fahrzeuge der gleichen Baureihe ersetzt.
Der Vertrag im Gesamtvolumen von über 1,3 Milliarden Euro regelt den Betrieb der S-Bahn bis Ende 2013 und ermöglicht eine europaweite Ausschreibung des kompletten S-Bahn-Netzes in der Region Stuttgart. Im Jahr 2011 könnte somit das gesamte S-Bahn-Netz an den möglichen Gewinner der Ausschreibung übertragen werden. Dieser hätte dann den Zugriff auf alle von der Region geförderten Fahrzeuge.
Nach Realisierung aller Ausbauvorhaben und betrieblichen Verbesserungen bis 2010 spart die Region Stuttgart durch die günstigeren Preise im neuen Vertrag etwa 18,5 Millionen € jährlich. Für bestehende Strecken beträgt der Preis pro Zugkilometer 5,48 € (statt 7,67 €). Für die Strecken, die durch sechs S-Bahn-Ausbauprojekte dazukommen, zum Beispiel die Verlängerung von Plochingen nach Kirchheim/Teck, die Verknüpfung der beiden Endpunkte Marbach und Backnang und die S 60 von Böblingen nach Renningen, gilt 6,66 € pro Zugkilometer.
Insgesamt legen die S-Bahnen und Nebenbahnen in der Aufgabenträgerschaft des Verbands Region Stuttgart pro Jahr 8,7 Millionen Zugkilometer zurück.
DBV Südwest
aus SIGNAL 4/2003 (August/September 2003), Seite 42-43