Aktuell
Am 24. Februar 2005 erreicht die Berliner S-Bahn den neuen Bahnhof Teltow Stadt. Damit überschreitet die S-Bahn zum elften Mal die Berlin-Brandenburger Landesgrenze und ein Stück Umland rückt näher an Berlin heran. Teltow ist nur noch 25 Minuten vom Potsdamer Platz entfernt.
1. Mär 2005
Alle 20 Minuten fahren die S-Bahnzüge der Linie S 26 von 4 Uhr bis 1 Uhr nach Teltow Stadt, am Wochenende auch nachts alle Stunde. Ab Lichterfelde Süd verdichtet sich der Takt auf 10 Minuten. Zunächst will die S-Bahn 4-Wagen-Züge einsetzen, die bei Bedarf verlängert werden können.
Die neue Strecke von Lichterfelde Süd nach Teltow Stadt ist etwa drei Kilometer lang und größtenteils eingleisig. Ein Zwischenstopp in Seehof kann später noch eingefügt werden. Der zweigleisige Bahnhof Teltow Stadt liegt unter der Brücke der Mahlower Straße zwischen Conrad-Blenkle-Straße und Wilhelm-Leuschner-Straße. Von hier aus ist das Zentrum von Teltow günstig zu erreichen. Ein Bahnhofsvorplatz mit Pkw- und Fahrrad-Stellplätzen ist im Entstehen. Vom Parkplatz gelangt man über eine Fußgängerbrücke zum Aufzug und zum Bahnsteig. Die S-Bahn rechnet perspektivisch mit täglich 10.000 Fahrgästen.
Die Eröffnung war eigentlich zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2004 geplant, doch verzögerten sich die Bauarbeiten u.a. wegen einer insolvent gegangenen Baufirma und verspäteter Freigabe von Bundesmitteln. Dann war der 25. Februar 2005 im Gespräch, doch wegen Terminschwierigkeiten der eingeladenen politischen Prominenz an diesem Tag einigte man sich auf einen Tag früher.
Der Bau der Strecke nach Teltow Stadt geht auf eine alte Planung der Kaiserzeit zurück. Damals sollte eine Eisenbahn die neuen Siedlungsgebiete Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf bedienen. Bis 1961 gab es eine Straßenbahnlinie von Lichterfelde (Stadtgrenze) nach Kleinmachnow (Schleuse), die die Siedlung zentral auf der Hauptverkehrsachse erschloß.
In der NS-Zeit wurde in den 1940er Jahren als Arbeitsbeschaffung und möglicherweise auch mit Zwangsarbeitern mit den Erdarbeiten für eine Strecke Lichterfelde Süd—Teltow Stadt—Kleinmachnow—Stahnsdorf begonnen, um dort an die Friedhofsbahn nach Wannsee anzuschließen. Dämme, Einschnitte im Gelände und ein unvollendetes Brückenbauwerk sind heute noch deutlich zu erkennen. Im Rahmen der größenwahnsinnigen Pläne der Nazis zur „Umgestaltung Berlins zur Welthauptstadt Germania" wurde die Strecke für sechs Gleise vorbereitet.
Von 1951 bis 1961 fuhr die S-Bahn von Lichterfelde Süd über die Zonengrenze nach Teltow (Anhalter Bahn) und die Weiterführung nach Großbeeren war auch schon vorbereitet.
Mit der deutschen Teilung veränderten sich die Verkehrsströme und die projektierte Trasse querte zwischen Lichterfelde und Wannsee zwei Mal die Grenze. Dennoch wurde die Trasse auch zu DDR-Zeiten fast vollständig freigehalten. Nach der Wende wurde die Anbindung Teltows wieder dringlich. Statt des Wiederaufbaus der alten S-Bahnstrecke parallel zur Anhalter Bahn zum Bahnhof Teltow (Anhalter Bahn) wurde entschieden, die vorbereitete Trasse aus den 1940er Jahren aufzubauen. Eine richtige Entscheidung, liegt der neue Bahnhof Teltow Stadt doch bedeutend näher zum Siedlungsschwerpunkt.
Der Bahnhof Teltow (Anhalter Bahn) wird 2006 als Regionalbahnhalt in Betrieb gehen. Die bereits vor einigen Jahren neu gebaute und nie genutzte Anlage ist inzwischen mit Unkraut überwachsen und dem Vandalismus anheim gefallen. Welch ein Kontrast zum neuen Lehrter Bahnhof, an dem die Regionalbahnzüge von Teltow (Anhalter Bahn) ab 2006 halten werden.
Eine Verlängerung der S-Bahn von Teltow Stadt aus auf der vorbereiteten Trasse nach Stahnsdorf und Wannsee steht derzeit nicht auf der Tagesordnung. Die Bahn würde derzeit recht ungünstig südlich an den Siedlungsschwerpunkten vorbeifahren, die Zielrichtung der Fahrgäste wäre aber das nördlich gelegene Berlin. Doch angesichts der Siedlungsentwicklung in diesem Raum muß die Option aber eine Verlängerung von Teltow nach Stahnsdorf und langfristig nach Wannsee auf jeden Fall erhalten werden.
Mit der Eröffnung nach Teltow Stadt ist die Netzerweiterung beziehungsweise der Wiederaufbau der S-Bahn noch nicht abgeschlossen. Nun warten die Fahrgäste auf den nächsten wichtigen die Ländergrenze überschreitenden Lückenschluß: von Spandau nach Falkensee. Es ist darauf zu drängen, daß die Lippenbekenntnisse der Politiker endlich auch in greifbare Entscheidungen und Maßnahmen münden. Sowohl der Berliner Senat wie auch das Land Brandenburg haben sich ausdrücklich für die S-Bahn nach Falkensee ausgesprochen. Vom Bund besteht weiterhin die Zusage, die Wiederherstellung des S-Bahnnetzes vor dem Mauerbau am 13. August 1961 zu finanzieren, jedoch sind für die noch fehlenden Strecken zur Zeit keine konkreten Termine vorgesehen. Die Falkenseer warten auf den ersten Spatenstich! (fm)
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
aus SIGNAL 1/2005 (Februar/März 2005), Seite 4-5