Auch 2006 gab es im Fahrgastzentrum
Berlin den traditionsreichen Sprechtag für
S-Bahn-Fahrgäste im Rahmen der Schienenverkehrs-Wochen.
Auf Einladung des Berliner
Fahrgastverbandes IGEB standen am
19. September 2006 von der S-Bahn Berlin
GmbH Günter Ruppert, Sprecher der Geschäftsführung,
Eberhard Lorenz, Fachbereichsleiter
Betrieb, und Dr. Wilfried Kramer,
Fachbereichsleiter Marketing und Vertrieb,
Rede und Antwort. Die Moderation lag bei
Christfried Tschepe, dem IGEB-Vorsitzenden.
Mit etwa 100 interessierten Besuchern war
diese Veranstaltung wieder sehr gut besucht.
Den erfreulichen „Knaller des Abends"
machte Herr Lorenz gleich zu Beginn öffentlich:
Angebotsverbesserungen.
Angebotsverbesserungen
Ab 9. Oktober 2006 treten auf einigen Linien
Verbesserungen im Fahrplan ein, die auf Kritik
der Fahrgäste und Verkehrsstrom-Beobachtungen
der S-Bahn zurückzuführen sind.
Hier werden auch Vorschläge
umgesetzt, die die IGEB
gemacht hatte (s. SIGNAL 3/2006 ).
Die S3 wird bis 23.30 Uhr
zwischen Ostbahnhof und
Köpenick auf einen 10-Minuten-Takt verdichtet
(bisher 20-Minuten-Takt
ab 20.45 Uhr). Die bessere
Anbindung Köpenicks ist
ein nettes Bonbon für die
Fahrgäste der S 3, die noch
viele Jahre mit umfangreichen
Bauarbeiten ertragen
müssen.
Der morgendliche 5-Minuten-Takt auf der Ringlinie
S42 wird bis 9.45 Uhr
ausgedehnt, auf den der
10-Minuten-Takt folgt.
Hier herrscht großes Fahrgastaufkommen
durch Studierende
der TU und FU.
Die bisher in Südkreuz
endende S47 wird montags
bis freitags von 9 bis
13 Uhr bis Bundesplatz
verlängert, um die Umsteigebahnhöfe
zur S 1, U 4 und U 9 besser anzubinden.
Damit entschärft sich auch die ungünstige
Wartezeit von 8 Minuten auf den
nachfolgenden Ringzug.
Auf der S46 werden im Nachmittagsberufsverkehr
künftig eine Stunde früher
8-Wagen-Züge statt wie bisher 4-Wagen-Züge eingesetzt.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßte
diese Maßnahmen der S-Bahn Berlin ausdrücklich,
besonders vor dem Hintergrund
der SPNV-Kürzungen im Nachbarland Brandenburg.
Ein neues Fahrplanheft erscheint
aufgrund der eher geringen Anzahl an Änderungen
jedoch nicht.
Fahrradmitnahme in den S-Bahnzügen
Die S-Bahn ist sehr erfreut darüber, dass die
Kombination S-Bahn und Fahrrad gut angenommen
wird, appellierte aber auch an
alle Fahrgäste, mehr gegenseitige Rücksicht
aufeinander zu nehmen. Sie möchte keine
Reglementierung einführen, die den Fahrgästen
vorschreiben würde, wo sie in welchen
Situationen (mit/ohne Rad/Gepäck)
sitzen sollen. Sie wies darüber hinaus explizit
darauf hin, dass die Plätze im Mehrzweckabteil
nicht nur exklusiv den Fahrgästen mit
Rädern zur Verfügung stehen, sondern auch
allen anderen.
Sanierungsmaßnahmen
In den nächsten Jahren stehen nur noch
zwei große Sanierungsmaßnahmen an.
Dies sind zum einen die Görlitzer Bahn
und zum anderen der Bahnhof Ostkreuz
und damit auch der Bahnhof Warschauer
Straße und der Streckenabschnitt weiter
bis zum Ostbahnhof. Hier wird es zu verschiedenen
Bauzuständen, Schienenersatzverkehren
(vorzugsweise an Wochenenden)
und zeitlichen Linienänderungen
kommen.
Besondere Belastungen kommen dabei
wiederholt auf das „Stiefkind" der S-Bahn
- die S 3 - zu, auf deren Strecke darüber hinaus
noch weitere Baumaßnahmen in Karlshorst
und Köpenick vorgesehen sind. Die
S-Bahn plant jedoch die Einschränkungen
so gering wie möglich zu halten und den
notwendigen 10-Minuten-Takt auch während
der Bauarbeiten aufrecht zu halten.
Des Weiteren soll die S 3 aus Richtung Erkner
kommend stets wenigstens bis Ostkreuz
verkehren - abgesehen von notwendigen
kurzzeitigen Schienenersatzverkehren. Eine
von vielen Fahrgästen gewünschte Durchbindung
der S 3 auf die Stadtbahn wird es
allerdings bis zum Abschluss der Sanierung
des Ostkreuzes nicht geben.
Erweiterungs- und Ausbaupläne
Der Senat hat die S 21 zwischen Wedding
bzw. Westhafen und Hauptbahnhof (mal
wieder) verbindlich bestellt. Der Baubeginn
soll frühestens 2011, spätestens
2013 stattfinden. Der geplante Bahnhof
Perleberger Brücke wird zunächst nicht
mitgebaut. Auch wenn die S-Bahn diese
Streckenerweiterung grundsätzlich begrüßt,
sieht sie einen wirklichen Verkehrswert
der S 21 erst mit der Durchbindung
zum Potsdamer Platz, deren Bau aber erst
langfristig zu erwarten ist.
Die S-Bahn GmbH sieht die Verlängerung
ihrer Strecke von Spandau nach Falkensee
als notwendig an (s. SIGNAL 4/2006 , Seite 10
und 2/2006 , Seite 8) - erst recht, nachdem nun
auch ein unabhängiges Gutachten einen Nutzen-Kosten-Faktor
von 1,5 ermittelt hat. Daher sieht sie die Länder Berlin
und vor allem Brandenburg im Zugzwang,
die Verlängerung in die Wege zu leiten. Jedoch ist eine Entscheidung
des Landes Brandenburg
vor dem Hintergrund der Regionalisierungsmittel-
Kürzung nicht absehbar. Das Land Berlin
hat sich für die S-Bahn-Strecke
ausgesprochen. Die Strecke
würde zwischen Spandau und
Falkensee eingleisig mit Kreuzungsmöglichkeiten
geführt werden und in zwei Etappen erstellt
werden. Zunächst erfolgt der Bau bis Hackbuschstraße,
einem neu auf Berliner Gebiet vorgesehenen Bahnhof. Bis
hierhin ist im Betriebskonzept der S-Bahn ein 10-Minuten-Takt
vorgesehen. In einer zweiten Etappe wird Falkensee erreicht.
Seitens der Bahn ist weiterhin der 20-Minuten-Takt
nach Strausberg Nord vorgesehen.
Hierzu wird in Hegermühle eine
Ausweichmöglichkeit benötigt. Doch
auch hier steht die Entscheidung des Landes
Brandenburg aus.
Der Ausbau der Strecke Schönholz—Tegel
für einen 10-Minuten-Takt inklusive Bau
des geplanten Bahnhofs Borsigwalde ist
ebenso weiterhin geplant. Baubeginn
könnte 2008 oder 2009 sein. Eine durchgängige
zweigleisige Strecke wird es allerdings
wohl nicht geben.
Noch 2006 soll endlich der Spatenstich für
den S-Bahnhof Kolonnenstraße erfolgen.
Damit könnte nach über 20 Jahren Planung
dieser wichtige Bahnhof an der S 1
bis 2008 Wirklichkeit werden.
Weiteres
Einige Fahrgäste kritisierten, dass ausgerechnet
die Flughafenlinie S45 schon
zu Beginn des Rings in Hermannstraße
endet und nicht weiterfährt, wie es die
Linien S 46 und S 47 machen. Die S-Bahn
begründet dies mit dem geringeren Fahrgastaufkommen
der S 45. So hat die S 46,
nicht weiter verwunderlich, die mit Abstand
meisten Fahrgäste der drei Linien,
gefolgt von der S 47 und S 45. Die S-Bahn-Verantwortlichen
werden die Situation
jedoch weiterhin beobachten, vor allem
in Hinblick auf den nahenden Baubeginn
des Großflughafens Berlin Brandenburg
International (BBI), und wenn notwendig
die Linienführungen ändern.
Die neuen dynamischen Fahrzielanzeiger
sind nun doch für die meisten S-Bahnhöfe
vorgesehen. Allerdings erfolgt der Aufbau
in zwei Etappen. Zunächst werden
alle Ringbahnhöfe sowie die Bahnhöfe
innerhalb des Rings sowie wichtige Bahnhöfe
außerhalb des Rings mit den neuen
Anzeigern ausgestattet. In einer zweiten
Etappe sollen weitere Bahnhöfe folgen.
Dafür steht die Finanzierung jedoch noch
aus, so dass noch kein Zeitraum für die
Umsetzung genannt werden kann.
Um den Betriebsablauf besser bewerkstelligen
zu können, plant die S-Bahn
je eine Zugbildungsanlage an der Ringbahn
und an der Nord-Süd-S-Bahn. Vorgesehen
sind die Standorte Tempelhof-Südkreuz und am Nordbahnhof. Die
höhere Priorität hat die Anlage auf dem
Südring.
Ein planmäßiges Stärken und Schwächen
von Zügen, wie es derzeit auf der S 8 in
Blankenburg geschieht, ist auf anderen
Linien vorerst nicht vorgesehen. Ausnahmen
bilden Schwächungen einzelner
Züge zum Ende des Tagesverkehrs, die
weiterhin stattfinden.
Ein Einsatz von Kameras in allen Fahrgastzügen
ist seitens der S-Bahn zur
Vorbeugung gegen Vandalismus und zur
Verbesserung des Sicherheitsgefühls der
Fahrgäste mittelfristig vorgesehen. Die
Technik ist allerdings derzeit noch nicht
in der Lage, das sehr umfangreiche Material
über 48 Stunden zu speichern, wie es
die S-Bahn wünscht. Des Weiteren fehlt es
noch an Auswertungskapazitäten.
Jens Fleischmann
aus SIGNAL 5/2006 (Oktober/November 2006), Seite 9-10