Überregional
Mitte Dezember 2003 wurde der Betrieb des Umschlagbahnhofes „Hamburg und Lehrter Bahnhof” (HuL) an der Heidestraße eingestellt. Die Aufgaben wurden seit diesem Zeitpunkt von den beiden Umschlagbahnhöfen Großbeeren und Wustermark, die im Rahmen der dort angesiedelten Güterverkehrszentren errichtet wurden, übernommen.
1. Mär 2004
Über Großbeeren werden nunmehr unter anderem die „Ostwind"-Verkehre mit Russland abgewickelt, weiterhin besteht von Montag bis Freitag eine Verbindung von und nach München. Der Kombinierte Verkehr (KV) zwischen Straße und Schiene wurde mit dieser Entscheidung überwiegend in den Speckgürtel Berlins verlagert, innerhalb Berlins verbleibt dafür lediglich das Güterverkehrssubzentrum Neukölln/Treptow. Speziell der Umschlagbahnhof Großbeeren wird damit besser ausgelastet als bislang. Enttäuschend bleibt allerdings die Tatsache, daß dies auf Kosten eines Terminal-Standortes und nicht durch zusätzliche Verlagerung von Straßentransporten auf die Schiene erreicht wurde. Weitere Wachstumschancen bezüglich des Frachtaufkommens bestehen am Standort Großbeeren durchaus: Durch die von den beteiligten Bahnen vereinbarte Attraktivitätssteigerung des Transportkorridors Berlin - Warschau - Minsk - Moskau mittels automatischer Umspurtechnik, Vereinfachung der Grenzformalitäten bzw. kürzere Aufenthaltszeit der Waggons in den Grenzbahnhöfen können künftig deutlich kürzere Beförderungszeiten angeboten werden. Von diesen Maßnahmen dürfte der Containerverkehr erheblich profitieren, ggf. auch verbunden mit dem Ausbau dieses KV-Terminals!
Der Umschlagbahnhof Großbeeren wurde im September 1998 in Betrieb genommen. In diese Anlage wurden rund 20 Millionen Euro investiert, die Gesamtgröße beträgt 42 Hektar; vorhanden sind vier Umschlaggleise, eine Kranbahn mit einer Länge von 400 Metern und eine Krananlage, die für 30 Umschläge pro Stunde dimensioniert ist (zum Vergleich: am Standort Hamburg und Lehrter Bahnhof standen drei Krananlagen zur Verfügung). Eine Entlastung der Straße ist mit dem Terminal in Großbeeren bisher nicht erreicht worden. Lediglich ein längerfristiger Vertrag über den (inzwischen aber beendeten) Umschlag/Transport von Betonfertigteilen mit dem Ziel Niederlande konnte im benannten Zeitraum abgeschlossen werden.
Ein gravierender Nachteil der am Stadtrand gelegenen Umschlagbahnhöfe des Kombinierten Verkehrs sind lange Transportwege auf einem überlasteten Straßennetz, sofern Versender bzw. Empfänger nicht gerade im Speckgürtel Berlins angesiedelt sind. Das Ziel, den Verkehr umweit- und stadtverträglich zu gestalten, kann auf diese Weise wohl kaum erreicht werden.
Unverständlich ist eine solche Verlagerung auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Verschleißes der Stadtstraßen bzw. einer immer schwierigeren Finanzierung der notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen. Das von der Industrie- und Handelskammer Berlin am 15. Januar 2004 vorgestellte Memorandum „Plädoyer für eine leistungsfähige Straßeninfrastruktur" stellt in diesem Zusammenhang zum Wirtschaftsverkehr viele Forderungen, die erwartungsgemäß einseitig auf den Ausbau der Straßeninfrastruktur (zum Beispiel „innerer Ring") gerichtet sind, dabei allerdings viele Fragen der Finanzierung offen lassen. Alternative, innovative Konzepte für eine Straßenentlastung bzw. Verkehrsvermeidung bleiben unberücksichtigt.
Demgegenüber bietet der Ausbau bestehender und die Entwicklung/Einrichtung zusätzlicher, innerstädtischer Güterverkehrssubzentren - neben der Förderung von Gleisanschlüssen - Chancen, Lkw-Anlieferungen über lange Strecken zu vermeiden. Für Güterverkehrssubzentren sind in Berlin zahlreiche Häfen und Güterbahnhöfe (noch!) in attraktiver Lage vorhanden; die Bahnhöfe Ruhleben, Tegel und Pankow seien an dieser Stelle stellvertretend genannt.
Für Angebote des Kombinierten Verkehrs in den einzelnen Güterverkehrssubzentren ist dabei nicht einmal die Installation aufwändiger, teurer Krantechnik erforderlich. In vielen Terminals stehen bereits heute mobile Umschlaggeräte zur Verfügung.
Mit dem System „Mobiler" steht praxiserprobtes Umschlagverfahren zur Verfügung. Rail Cargo Austria (RCA) - ein ÖBB-Tochterunternehmen - setzt es bereits in größerem Umfang ein. Es ermöglicht, Güter rasch und einfach auf die Schiene zu bringen. Der Lkw fährt parallel zum Waggon, positioniert sich, verschiebt einen Container vom/auf den Lkw und fährt nach ca. vier Minuten wieder weiter. Der „ Mobiler"-Einsatz ist damit an jedem Ladegleis - auch unter Fahrleitungen - möglich; Terminal-Wartezeiten entfallen. Gerade für kleinere Standorte des Kombinierten Verkehrs ist dies ein ideales, kostengünstiges System, um - auch ohne Gleisanschluss - mehr Güter auf die Schiene zu bringen!
Der Ausbau des Straßennetzes allein dürfte keine geeignete, zukunftsgerechte und ressourcenschonende Lösung für die Versorgung der Stadt darstellen, speziell vor dem Hintergrund, daß in vielen Fällen die Kapazitäten des Schienen-Güterverkehrs brach liegen.
IGEB Fernverkehr
aus SIGNAL 1/2004 (Februar/März 2004), Seite 10-11