Brandenburg
Einige (nicht immer ernst gemeinte) Gedanken zum ländlichen Nahverkehr
1. Mär 2004
Nun wissen wir, wie ein tolles Angebot gemacht wird, das nicht angeboten wird. Dem VBB sei Dank, uns diese Wissenslücke geschlossen zu haben. Aber auch der Nahverkehrsgesellschaft Elbe-Elster GmbH.
Denn Letztere bietet einen Rufbus auf den Linien 520 Herzberg/Elster - Elsterwerda und 525 Herzberg/Elster - Bad Liebenwerda an. Werktags nach 18 Uhr, sonn- und feiertags nach 6 Uhr bis Betriebsschluss. Wann immer der sein mag, 20,22 oder 24 Uhr. Und das mit behindertenfreundlichen Fahrzeugen, die zehn feste Sitze und vier Klappsitze bieten. Und das nur für einen Euro Komfortzuschlag zum ganz normalen VBB-Ticket.
Anrufen und dann kommt der Bus. Aber das Rufbusangebot funktioniert nach dem Prinzip „Der Fahrgast dachte, der VBB lachte". Denn die Fahrt muss einen Tag vorher bestellt werden. Also nichts für spontan zur Reise entschlossene Fahrgäste. Doch vielleicht gibt es ja genügend Leute, die schon heute wissen, dass sie morgen fahren wollen. Aber Halt! Der VBB will ja tatsächlich keine Fahrgäste befördern, sondern nur so tun als ob. Und deswegen sind zur vortäglichen Anmeldung auch noch fünf Personen nötig, die mitfahren, als eine Kleingruppe. Damit das Gefährt auch zur Hälfte (ohne Klappsitz gezählt) voll wird.
Aber der gutwollende Fahrgast hat ja einen Tag Zeit rumzutelefonieren, ob es vier weitere Leute im Elbe-Elster-Kreis gibt, die an einem bestimmten Tag zur bestimmten Zeit eine Busfahrt mit den Linien 520 oder 525 absolvieren wollen.
Dass dieses Angebot einfach toll und kundenwerbend ist, scheint für VBB und Nahverkehr Elbe-Elster keine Frage zu sein, denn sie bieten gleich an, den Rufbus doch für Ausflüge im Gelegenheitsverkehr nutzen zu können. Anruf genügt - einen Tag vorher.
Wenn nun fünf Mitfahrer für die Fahrt ab Herzberg gefunden sind, von denen aber drei nur bis Falkenberg fahren möchten - endet die Fahrt dann in Falkenberg, weil es nach Bad Liebenwerda dann nur noch zwei Fahrgäste sind? Womöglich findet sie gar nicht statt.
Dann kann es ja vorkommen, dass ein Fahrgast (wieder derjenige, der die Fahrt erst „vollmacht"??) krank wird - oder sich einfach nicht wohlfühlt. Der nächste Arzt, der am Abend oder Wochenende Bereitschaftsdienst hat und das für die Absage notwendige Attest ausstellen kann, liegt aber zwölf Kilometer entfernt.
Wer es einmal probieren möchte: die Elster-Nahverkehrs GmbH ist erreichbar unter der Rufnummer 0 35 31 /65 00 - 10 montags bis freitags von 4 bis 20.45 Uhr und samstags von 7 bis 14 Uhr.
Nach eigener Aussage plant die Elster-Nahverkehrs GmbH weitere solcher „Angebote" für 2004. Freuen wir uns also auf Busfahrpläne, die ein tolles Fahrtenangebot vorgauckeln.
Da dieses Angebot so toll ist, wird es der VBB bestimmt auf die Hauptstadt Berlin anwenden wollen. Zugang nur für Fahrgäste mit einem Berichtigungsnachweis, der per Handy oder Internet zugestellt wird - nach erfolgter telefonischer Anmeldung und Rückmeldung eines Berechtigungscodes. Der Bus fährt nur, wenn 50 Fahrgäste vorgemerkt haben, damit der Bus auch schön halbvoll wird. Aber auch dem Spontanfahrer wird geholfen: „Bring' Se Fahrjäste, dann kann ick den Mota anstellen und wir könn' los." Weil dann der Bus ja wohl seltener fahren wird, werden Verspätungen unerheblich. Und endlich haben die Herren Chauffeure genügend Zeit, sich ihrer wichtigsten Aufgabe zu widmen, den Kontrollen an der vorderen Tür. „Wejen de Berechnung." Aber das obligatorische „Guten Tag" beim Einsteigen nicht vergessen!
DBV Brandenburg
aus SIGNAL 1/2004 (Februar/März 2004), Seite 19