Brandenburg
Zehn Tage vor dem 100 jährigen Jubiläum der Brandenburgischen Städtebahn Treuenbrietzen - Belzig - Brandenburg - Rathenow - Neustadt (Dosse) am 25. März 2004 wurde im Bundesverkehrsministerium der Abschlussbericht „Bahnverkehr in der Region” als Teil der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Dass es sich bei „Nachhaltigkeit”, wie sie Politiker verstehen, um eine Worthülse handelt, hätten die in der Fachveranstaltung als Redner vorgesehenen Minister an diesem Tag kaum deutlicher zeigen können.
1. Mai 2004
Bundesverkehrsminister Stolpe (SPD) und der brandenburgische Verkehrsminister Szymanski (SPD) traten am gleichen Vormittag lieber unter dem Motto „Besser erholen dank Ortsumgehung" zum Spatenstich für eine acht Millionen Euro teure Ortsumgehung in Belzig an und ließen sich beim Thema Bahnverkehr vertreten. Im Gegensatz zu Ortsumgehungen sitzt das Geld für die Flächenbahn nicht locker-so die eindeutige Botschaft der beiden SPD-Politiker.
Betrachtet wurden die Brandenburgische Städtebahn und die Eifelquerbahn in Rheinland-Pfalz. Hauptproblem der regionalen Strekken ist die unzureichende Finanzierungsbasis durch die Politik. Denn im Gegensatz zur DB AG stehen anderen Infrastrukturbetreibern, die preiswerter sein können, für die Strecken nicht die gleichen Geldtöpfe zur Verfügung. Als weiteres Ergebnis stellt die Untersuchung fest, dass längerfristige Entwicklungen zu berücksichtigen sind, wobei diese Chance eine schienenorientierte Raumentwicklung braucht. Aufgabenträger sollen ihre Rolle aktiver wahrnehmen und die Mitwirkung der Akteure einfordern.
Diese Bilanz wird vom Deutschen Bahnkunden-Verband schon seit Jahren vertreten und hätte hiervon der rot-grünen Bundesregierung preiswerter erfragt werden können. Ernst zunehmen ist die propagierte „Nachhaltigkeitsstrategie" erst, wenn das Finanzierungsproblem tatsächlich gelöst wird. Trotz der Verkehrsverantwortung der Länder kann der Bund beim Problem der lokalen Eisenbahnstrecken die Regionen nicht weiterhin allein lassen. Die „zweitklassige" Präsenz der Bundesregierung bei der Veranstaltung lässt jedoch befürchten, dass wieder einmal mehr Papier für die Archive „nachhaltig" mit Steuermitteln produziert wurde.
Bei den Arbeitsgruppensitzungen im Landkreis Havelland zum Erhalt der Städtebahn hatte die Verwaltung (vielleicht durch die Veranstaltung zur Nachhaltigkeitsstrategie angeregt?) ebenfalls einen Abschlussbericht vorgeschlagen. Dieser Entwurf empfahl die Buserschließung ohne Wiederaufnahme des im November 2003 eingestellten Bahnverkehrs zwischen Rathenow und Neustadt. Die Arbeitsgruppen wurden aber eingerichtet, um Lösungen zum Erhalt der Bahn für den Kreistag zu erarbeiten. Das geschah, nachdem in der Bevölkerung Unmut über die Bahn-Einstellung geäußert wurde. Der Versuch, einen endgültigen Todesstoß der Bahn durch die Arbeitsgruppen absegnen zu lassen, ohne dass die Prüfung abgeschlossen wurde, löste deshalb bei den Mitgliedern deutliche Kritik aus und wurde auf Initiative des DBV aus Protest von der Tagesordnung genommen. Curth kündigte die Vorlage eines DBV/TU Berlin-Konzeptes für Mai 2004 an. Neben fehlender Potenzialerhebung gab es Beanstandungen an der Darstellung im Berichtsentwurf, wenn beispielsweise absolute Fahrgastzahlen einer aktuellen Erhebung beim Bus (93 bis 238, je nach Wochentag) mit der bisherigen Verkehrsbelastung auf der Städtebahn (69 Reisendenkilometer) verglichen wurden und als Grundlage dienen sollten.
Auch die bloße Benennung der vorhandenen Stationszahl jeweils bei Bus und Bahn als Erschließungskriterium ließen weitere Entwicklungsmöglichkeiten unberücksichtigt.
Die Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen von CDU und PDS haben mit ihren Beiträgen und Fragen in der Diskussion einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass die Arbeit weitergeht und vertieft wird, wenn sie die Bedeutung von Zukunftsperspektiven beim Tourismus betonten. Selbst der havelländische Landrat zeigte sich in einem Nachgespräch über die Vorgehensweise der Verwaltung erstaunt.
Bei der Diskussion um Untersuchungsvarianten äußerte der Geschäftsführer des kreiseigenen Busunternehmens Havelbus, verschiedene Bus-Varianten ohne Bahn könnten auch später, nach einer Entscheidung über die Zukunft der Bahn, entwickelt werden. Der Arbeitsstand wird jetzt in einem Zwischenbericht zusammengefasst. (sm)
DBV Havelland
aus SIGNAL 2/2004 (April/Mai 2004), Seite 24