Berlin

Wo geht's lang beim Metrobus?

In Berlin sollen Metrobusse mit dichtem Takt auf wichtigen Verkehrsachsen durch klassische Buslinien, die weniger stark frequentierte Stadtquartiere erschließen, ergänzt werden.


DBV Havelland

1. Jul 2004

Über die Netzplanungen zum Dezember 2004 informierte die BVG in zwei Beratungen den Spandauer Bezirksausschuss für Verkehr. Befürchtungen in Spandau mit seinen rund 220 000 Einwohnern um den Fortbestand des Busverkehrs wurden nicht bestätigt. Nach einem ersten Netzentwurf werden die gewachsenen Siedlungsachsen durch Metrobusse gestärkt. In ihrem zweiten Plan haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) die Metrobus-Idee allerdings zur Disposition gestellt.

Lediglich in fußläufig von Metrobus-Linien benachbarten Kasernen- und Industriegebieten fallen sieben schwach genutzte Haltestellen weg. Demgegenüber steht im ersten Netzentwurf eine deutliche Verdichtung des Busverkehrs in allen wichtigen Achsen, den Metrobus-Linien, wie im Bezirksausschuss Spandau für Verkehr zu erfahren war. Letztlich bestätigt diese Planung, deren Grundlage Untersuchungen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) waren, zum Teil alte Vorschläge des Deutschen Bahnkunden-Verbandes (DBV) Havelland. Hintergrund hierfür war sicherlich auch die endlich von der BVG gewonnene Erkenntnis, das die Busauslastung in den Außenbezirken besser als vermutet ist gegenüber der Innenstadt, in der ein dichtes U- und S-Bahn-Netz viele attraktivere Alternativen bietet. Der Metrobus sollte die Erschließung schnellbahnloser Gebiete aufwerten. Aber der zweite dem Spandauer Verkehrsausschusse vorgelegte Netzentwurf, in dem die ursprünglich fünf Metrobusse auf zwei Linien reduziert wurden, stellt das Produkt-Konzept in Frage.

Edelbus statt Metrobus?

Der zuerst vorgestellte Netzentwurf sah Metrobusse über den Knoten Rathaus/Bahnhof Spandau in die bevölkerungsstarken Ortsteile Wilhelmstadt und Pichelsdorf (M 36), Falkenhagener Feld und Rudolf-Wissell-Siedlung (verzweigender Linienverbund M 37 und M 38) sowie nach Staaken (Linienverbund M 31 und M 32) vor. Fast alle wichtigen Verkehrsachsen wären durch Metrobusse erschlossen werden. Zum Bahnhof Staaken gelangt man dann auch tagsüber mit dem Bus. Ausgewählte Fahrten sollten ins Umland geführt werden: M 32 nach Dallgow, M 36 nach Hennigsdorf und M 37 nach Falkensee.

Nach „Schärfung des Profils" kam der zweite Entwurf: die geringer getakteten Umlandfahrten über den Kern der Spandauer Metrobus-Linien hinaus waren nicht mehr vorgesehen und normalen Linien zugeordnet oder entfielen. Die beiden Linienverbünde wurden jeweils zu M 32 und M 37 zusammengefasst und der M 36 durch 136 und 236 ersetzt. Der 236er wird dabei mit der geplanten Linie 239 über Wasserstadt zum U-Bahnhof Haselhost verbunden. Besonders die geplanten Ringe an den Endpunkten des M 37 in den Großsiedlungen stoßen auf Kritik, weil sie wegen ihrer Größe und der Bevölkerungsdichte gegenüber den ursprünglichen Gabeln in die Siedlungsteile bei den Reisezeiten ungünstiger sind. Zudem wurden die ursprünglichen Endstellen Hahneberg und Freudstraße von Spandau abgehängt und Taktfrequenzen leicht verschlechtert.

Wichtiger Verknüpfungspunkt zwischen den Bussen einerseits und den Schienenverkehrsmitteln S-, U-Bahn und Regionalverkehr ist der Bahnhof Spandau. Foto: Frank Böhnke

Die produktschärfere Definition des Metrobusses lässt möglicherweise ein gezielteres Marketing zu. Aber ob seine Netzreduktion bei der Reise zur BVG 2005 noch alle Fahrgäste überzeugt mitnehmen kann, muss bezweifelt werden. Was soll denn kommuniziert werden, wenn der Metrobus keine Breitenwirkung mehr hat, ein knappes Gut wird? Marketing muss vor allem Emotionen beim Kunden bedienen, zu enge Produkteigenschaften des Herstellers schließen das aus. Der Produktnutzen ist höher, wenn einzelne Metrobusse sogar abweichend von der Produktphilosophie auch ins Umland fahren! Bei den Metrolinien hält der DBV deshalb die Rückkehr zum ersten Entwurf für besser.

Sonderfall Gatow/Kladow

Zu begrüßen ist dagegen, Busse nicht mehr abweichend vom 10/20-Minuten-Taktschema bei S- und U-Bahn alle 15 Minuten folgen zu lassen. Das betrifft den Berufsverkehrs-Expressbus X 49 sowie die Kladower Linien X 34 und 134, wobei jeder zweite Wagen in Hohengatow enden soll. Um den Knoten Rathaus Spandau schnell zu erreichen, ist die geradlinige Führung des 134ers über die Wilhelmstraße richtig. Die Erschließung der Pichelsdorfer Straße durch den dichter verkehrenden Metrobus M 36 bietet für alle Spandauer Ortsteile eine attraktivere Anschlussverknüpfung. Eine Weiterführung nach Kladow wäre beim M 36 zwar denkbar, das würde aber die bestehenden Direktverbindungen X 34 zum Zoo sowie möglicherweise 135 ausschließen. Sie sollte deshalb nicht realisiert werden. Gewöhnungsbedürftig ist der Rufbus 334 zu den gut 100 Einwohnern in der Gatower Siedlung Habichtswald, gegen den bereits Unterschriften gesammelt wurden. Statt unzähliger fahrplanmäßiger Leerfahrten ist hier eine wirtschaftlichere Erschließung zu erwarten. Bereits ab Ende Juni soll hier ein Pilotversuch laufen. Der DBV schlägt vor, Schülerfahrten dennoch weiterhin fest anzubieten.

Ruhleben wird aufgewertet

Die Linie 133 sollte in jedem Fall weiterhin zum Rathaus Spandau geführt werden, mindestens solange am jetzt vorgeschlagenen Endpunkt U-Bahnhof Haselhorst keine Übergangsmöglichkeit (Aufzug) für mobilitätsbehinderte Menschen besteht. Denn die Alternative Expressbus X 33 steht nicht immer zur Verfügung. Begrüßt wird eine bessere Anbindung der U 2 in Ruhleben. Von hier soll eine Linie 231 über die Wilhelmstadt und Rudolf-Wissell-Siedlung zum Waldkrankenhaus geführt werden. Ein Tausch der westlichen Endpunkte der Linien 231 und 149 (Richtung Staaken Spitze, Nennhauser Damm/Heerstraße) wäre jedoch zweckmäßig, so dass Umweglinien möglichst vermieden werden. Auf die Schleife über Torweg - Hackbuschstraße sollte aber im Interesse einer schnellen westlichen Nord-Süd-Verbindung (231 oder 149) ab Magistratweg zum Waldkrankenhaus verzichtet werden. Stattdessen eignet sich die Linie 230 (bisher 237) für die Umfahrung der Gartenstadt Staaken besser. Denn von Albrechtshof besteht schon eine schnelle Fahrtmöglichkeit mit der Regionalbahn 10 Nauen - Berlin (später mit der geplanten Falkenseer S-Bahn) zur City, so dass dem 230er durchaus die Erschließungsfunktion zukommt. Sofern S-Bahnhöfe an der Nauener Straße und am Klosterbusch-/Magistratsweg entstehen, bieten sich die Linien 130 und 231/149 außerdem als schnelle Verbindung der Großsiedlungen Falkenhagener Feld und Rudolf-Wissell-Siedlung mit der S-Bahn an.

Die ab und zu diskutierte umsteigefreie Verbindung zwischen Falkenhagener Feld und Hakenfelde ist bei Verknüpfung der geplanten 130er Wagen zur Zeppelinstraße mit der Linie 239 nach Haselhorst via Klinkeplatz möglich, (sm)

DBV Havelland

aus SIGNAL 3/2004 (Juni/Juli 2004), Seite 15