Berlin
Kleine Anfrage vom 19. April 2004
1. Jan 2005
Der Vorstand der Berliner Verkehrsbetriebe teilt zu den Fragen 1-4 Folgendes mit:
Die durchschnittliche Fahrzeit der U-Bahn hat sich im Zeitraum seit 2000 nur unwesentlich, ohne Auswirkungen auf den Fahrzeug- und Personaleinsatz (lediglich im Sekundenbereich!) verändert. [Fahrzeit in Minuten]
Gesamt-Fahrzeit U-Bahn-Kleinprofil: | 113 | |
Gesamt-Fahrzeit U-Bahn-Großprofil: | 185 | |
Gesamt-Fahrzeit U-Bahn (Summe): | 298 |
Die durchschnittliche Fahrzeit, gemessen als Reisegeschwindigkeit, ist im Bus-Linienverkehr in den Jahren von 2001 mit 19,63 km/h bis zum April 2004 mit 19,57 km/h fast konstant geblieben.
Die Entwicklung der Geschwindigkeit wurde durch folgende Faktoren negativ beeinträchtigt:
Im Gegensatz zum Durchschnitt aller Linien hat sich die Reisegeschwindigkeit auf den beschleunigten Linien erhöht, obwohl noch auf keiner dieser Linien 100 % der vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt werden konnten.
Bei den im Beschleunigungsprojekt am weitesten fortgeschrittenen Linien (X 69,101, 194,227, 240) war im Zeitraum 2001 bis April 2004 eine Erhöhung der Geschwindigkeit von 17,66 km/h auf 18,68 km/h, also durchschnittlich um 1,02 km/h zu verzeichnen.
Entwicklung der durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit für das gesamte Netz:
vor 2000: | 17,4 km/h |
2000: | 17,8 km/h |
2001: | 18,3 km/h |
2002: | 18,9 km/h |
2003: | 19,4 km/h |
2004: | 19,6 km/h |
In den beschleunigten Abschnitten beträgt der Wert für das Jahr 2004 (ohne City) 20,7 km/h."
Die durchschnittliche Haltezeit auf U-Bahnhöfen beträgt 20 bis 35 Sekunden.
Die Verlustzeiten an signalisierten Kreuzungen betragen je Buslinie etwa 15 bis 20 % der Reisezeit. Weitere Kennziffern sind nicht verfügbar und können mit vertretbarem Aufwand nicht erhoben werden.
Durch Signalanlagen bedingte durchschnittliche Haltedauer an Haltestellen und Kreuzungen im Verhältnis zur Fahrzeit:
vor 2000: | 20 % |
2000: | 18 % |
2001: | 15 % |
2002: | 11 % |
2003: | 8 % |
2004: | 6 % |
Hierzu hat die BVG mit Hinweis auf die Wahrung insbesondere von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eine Stellungnahme abgelehnt.
Bei der U-Bahn gab und gibt es kein Beschleunigungsprogramm. Daher können zu diesen Punkten keine Aussagen getroffen werden. Es wurden und werden lediglich Langsamfahrstellen auf diversen U-Bahn-Linien behoben, die jedoch nur zu geringfügigen Änderungen der Fahrzeiten führen.
In der Umsetzung befinden sich derzeit folgende Linien mit geplanten Fahrzeitverkürzungen: 129,144,148,167,186,187, 265."
Bis spätestens September 2005 sollen auch die Beschleunigungsmaßnahmen auf den Linien X 54, 100, 108, 109, 133, 149/ X 34/X49, 150/158, 154, 156, 192, 195, 197/297, 200, 210, 241, 255, 260, 348 und 360 abgeschlossen sein und damit sämtliche 35 Linien der Priorität A mit Beschleunigungsmaßnahmen ausgestattet sein. Nach Inbetriebnahme einer „beschleunigten" Lichtsignalanlage (LSA) wird die Feinjustierung an der Anlage und nachfolgend die Fahrplananpassung vorgenommen.
Einzelne Maßnahmen an LSA wurden zurückgestellt, da sie eventuell von einer Angebotsoptimierung des Busnetzes betroffen sind.
Des Weiteren befinden sich Abschnitte der Königstraße, der Hildburghauser Straße/Nahmitzer Damm sowie der Johannisthaler Chaussee für eine streckenbezogene Beschleunigung in der Vorplanung. Die Umsetzung soll im Frühjahr 2005 erfolgen.
Die Um- und Neubauten von LSA sind im Jahr 2003 abgeschlossen worden, weitere noch vorgesehene Maßnahmen an Anlagen im Citybereich dienen der Fahrplanstabilisierung, wesentliche Fahrzeiteinsparungen sind damit nicht mehr zu erwarten.
Schwerpunkt wird künftig sein, die erreichten Effekte beizubehalten. Insbesondere die Lärmsanierungsprogramme (Beispiel Altstadt Köpenick) könnten wieder zu Fahrzeiterhöhungen führen.
Die Münchener Verkehrsbetriebe bewerten die Ende 2003 abgeschlossene flächendeckende Beschleunigung der Straßenbahn an Lichtsignalanlagen (LSA) überaus positiv („schneller, pünktlicher, effizienter, mehr Kunden!"). Die Reisegeschwindigkeit der Straßenbahn in München konnte in den letzten 10 Jahren von 16,5 km/h auf 20,2 km/h erhöht werden. Allerdings wurde erst im Jahr 1999 der zeitaufwendige Fahrscheinverkauf durch den Fahrer eingestellt. Im Streckennetz von 71 km konnten 14 Straßenbahnen eingespart werden, die jährlichen Betriebskosten konnten um 4,2 Mio. € gesenkt werden.
Die Straßenbahnen in Köln und Stuttgart, als hochwertige „Stadtbahn" betrieben, kommen heute auf eine mittlere Reisegeschwindigkeit von ca. 26 km/h, die Leipziger Straßenbahn erreichte im Jahr 2000 18,7 km/h und 2003 19,2 km/h, die Dresdener Straßenbahn im Jahr 2000 19,6 km/h, 2003 19,9 km/h mit dem Ziel von 21,4 km/h im Jahr 2007.
Ein bundesweiter Vergleich der Reisegeschwindigkeiten ist wenig aussagekräftig, da nur in Kenntnis der örtlichen Rahmenbedingungen die Werte verglichen werden können. Diese Bedingungen werden u.a. bestimmt durch:
Die Programme der BVG bzw. des Senats zur Modernisierung und Beschleunigung des Bus- und Straßenbahnsystems sind im bundesweiten Vergleich als äußerst ehrgeizig und technisch anspruchsvoll anzusehen. Die BVG als größtes deutsches Nahverkehrsunternehmen installiert bundesweit erstmalig ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem, eine satellitengestützte Standortverfolgung mit Abgleich durch Wegstreckenmessung und Haltestellenstandort, und dazu ein digitales Bündelfunksystem. Auf dieser technischen Ausrüstung aufbauend haben BVG und Senat die Umsetzung eines linienbezogenen Beschleunigungsprogramms für Straßenbahn und Omnibus mit einem technischen Überwachungssystem der verkehrsabhängigen LSA-Steuerung vereinbart.
Andere Städte rüsten sukzessive ihre LSA im Rahmen der anstehenden Erneuerung dieser Anlagen mit der Beeinflussung durch ÖV-Fahrzeuge aus, haben gezielt LSA bisher auf wenigen ausgewählten Linien mit dieser Technik ausgestattet (Hamburg) oder verfügen bereits seit längerem über die Beschleunigung an LSA (u. a. Bremen, Hannover, Köln, Stuttgart und Nürnberg).
Berlin, den 1. Juli 2004
Staatssekretärin Maria Krautzberger
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
[IGEB] Interessante Fragen, interessante Antworten. Aber zufrieden stellen können sie nicht. Nur zwischen den Zeilen kann man lesen, dass Senat und BVG hinter dem Fahrplan für die Busbeschleunigung weit zurückliegen. Und auch die Straßenbahnbeschleunigung ist keineswegs nur eine Erfolgsgeschichte. In den Außenbezirken, vor allem aber in Berlin-Mitte gibt es noch erhebliche ungenutzte Beschleunigungspotenziale. Deshalb ist Berlin vom Standard anderer Städte noch weit entfernt.
Geradezu eine Frechheit ist die Weigerung der BVG, die Frage 3 zu beantworten. Noch peinlicher wird es dadurch, dass der Berliner Senat aus München Zahlen zu den Einspareffekten vorlegen kann, nicht aber vom Berliner Verkehrsbetrieb BVG. Das alte West-Berliner Übel, Verkehrspolitik in der Geheimhaltungsstufe der Militärpolitik gleich zu stellen, lebt offensichtlich weiter. Wie lange wollen sich die Berliner Abgeordneten gefallen lassen, dass die BVG Steuergelder einsetzt, sich aber einer Effektivitätskontrolle verweigert?
Erfreulich ist, dass Frau Krautzberger die IGEB-Position teilt, dass sich der Zwang zum Vorne-Einstieg bei Bussen auf die Reisegeschwindigkeit im Busverkehr auswirkt. Aber auch hier liegen dem Senat bekanntlich keine konkreten Zahlen der BVG vor, die deshalb weiterhin behaupten kann, bei den BVG-Buslinien gäbe es durch den Zwang zum Vorne-Einstieg keine Reisezeitverlängerungen. Doch Zweifel an der BVG-Behauptung können Sie sich sparen. Sie wissen doch: Betriebsgeheimnis.
Jutta Matuschek (PDS)
Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
aus SIGNAL 6/2004 (Dezember 2004/Januar 2005), Seite 12-13