Brandenburg
Alle Jahre wieder ist Weihnachten. Und zwar so plötzlich und überraschend, dass die Auswirkungen auf die Fahrgastzahlen gar nicht vorhersehbar sind. Erfahrungswerte? Aber nicht doch, es sind doch jedes Jahr andere Züge überfüllt.
12. Feb 2014
Auf der RB 66 Berlin—Angermünde—Szczecin (Stettin), anscheinend das Stiefkind von DB Regio Nordost, ist dieses Phänomen immer wieder zu erleben. Auch 2013 waren die meist nur per Einfachtraktion der BR 628 verkehrenden Züge wieder „völlig unerwartet“ mit Fahrgästen (und deren Gepäck) überfüllt, die das Weihnachtsfest gern bei Freunden und Verwandten in Polen verbringen wollten. Das unzureichende Angebot in der Weihnachtszeit war die Krönung einer durchwachsenen Gesamtleistung. Mehrfach gab es bei den ab Berlin fahrenden Zügen Einfach- statt planmäßiger Doppeltraktion und wiederholt defekte oder stark verunreinigte Sanitäreinrichtungen.
Alle Jahre wieder ist der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) nur Zuschauer. Denn die RB 66 gehört noch zum so genannten „großen Verkehrsvertrag“ von 2003,
bei dem DB Regio selbst die Zuglängen und Qualitätsstandards festlegt und deutlich mehr Geld pro Kilometer erhält, als bei neu abgeschlossenen Verkehrsverträgen. In den neuen Verträgen ist jetzt alles genau geregelt. Angesichts der durch den alten Verkehrsvertrag noch überaus guten Bezahlung verwundert es schon, dass DB Regio offenbar nicht in der Lage ist, ein ausreichendes Platzangebot mit sonst als Reserve herumstehenden abgeschriebenen Triebwagen bereitzustellen. Das Verhalten von DB Regio zeigt, warum die Verkehrsverträge immer dicker werden und irgendwann alles bis zur letzten Schraube vertraglich festgehalten wird. Denn was nicht im Vertrag steht, das muss ja auch nicht geleistet werden, auch wenn es zuvor selbstverständlich war.
Alle Jahre wieder wird aber auch die Ausschreibung der Strecke verschoben. Grund: Die Bundesregierung kann sich über Absichtserklärungen hinaus nicht entscheiden, wann und wie sie die Strecke ausbauen lässt (s. Seite 28). VBB und Land Brandenburg müssen nun endlich einen Schlussstrich ziehen und die unhaltbaren Zustände auf der RB 66 schnellstmöglich per Neuvergabe beenden. Eine mögliche Elektrifizierung wird wohl kaum innerhalb der nächsten acht Jahre erfolgen, insofern kann beruhigt auf Dieseltraktion gesetzt werden, zumal auch bei einer vollständigen Elektrifizierung zwei verschiedene Stromsysteme zu benutzen sind (in Deutschland 15 000 V mit 16 2/3 Hz, in Polen 3000 V Gleichstrom).
Im Übrigen gibt es mit der NEB ein Konkurrenzunternehmen, das tägliche Praxiserfahrung im grenzüberschreitenden Verkehr nach Polen vorweisen kann. (ge)
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
aus SIGNAL 1/2014 (Februar 2014), Seite 26