Aktuell
Mit der Wiederinbetriebnahme des S-Bahn-Südringes im Dezember gab es bei der BVG umfangreiche Änderungen im Busliniennetz und bei den Busfahrplänen. Dies veranlaßte die BVG immerhin zur Herausgabe einer 2. Ergänzung zum Kursbuch 1993/94. Aber die Fahrgäste müssen sich den für sie jeweils gültigen Fahrplan nun aus drei verschiedenen Büchern heraussuchen! Belohnt werden die fündigen mit verbesserten Linienführungen. Hauptärgernisse sind Taktausdünnungen und immer mehr Linien, die zeitweise nur auf Teilstrecken befahren werden, sowie die unveränderten Bushaltestellen am S-Bahn-Südring.
1. Apr 1994
Die wichtigste Neuerung im Busliniennetz war die Einführung eines neuen Produktes: dem "ExpressBus". Die BVG knüpft damit an die in den 60er und 70er Jahren vom Bf Zoo ausgehenden Schnellbuslinien (mit Sondertarif) an. Die ExpressBus-Linien sollen im Schienenverkehrsnetz fehlende Verbindungen schaffen und dabei - für den Fahrgast positive - Rationalisierungseffekte bringen, indem vorhandene Verkehrsmengen in kürzerer Zeit und mit weniger Personal- und Wageneinsatz bewältigt werden. Deswegen sollen die ExpressBus-Linien nur an den wichtigsten Umsteigepunkten halten und durch begleitende Maßnahmen wie Busspuren und Ampelvorrangschaltungen beschleunigt werden.
Als "S-Bahn-Vorlaufbetrieb" für den auch in den nächsten Jahren noch stillliegenden Nordring wurde als erste ExpressBus-Einie der X26 zwischen S-Bf Westend und Weißensee, Prenzlauer Allee Ecke Ostseestraße eingerichtet. So sinnvoll das Konzept und die Linienführung auch sind, so ist beides leider nur halbherzig umgesetzt worden. Gravierendster Nachteil sind die fehlenden Beschleunigungsmaßnahmen. Zwar sind im Zuge der Linienführung einige Busspurmeter neu eingerichtet worden, sie reichen jedoch bei weitem nicht aus, und sie sind zudem in ihrem Geltungszeitraum so knapp bemessen, daß dieser noch nicht einmal ausreicht, die falsch parkenden Autos abzuschleppen. Daß die Verantwortung dafür nicht bei der BVG, sondern beim Verkehrsstaatssekretär und seinem Senator hegt, wurde in SIGNAL 1/94 bereits dokumentiert.
Einen anderen Mißstand muß man jedoch der BVG anlasten: Völlig unverständlich für ein derartiges Qualitätsprodukt ist die zu bestimmten Zeiten verkürzte Wegführung nur bis zum S-Bf Bornholmer Straße. Erschwerend kommt hinzu, daß die BVG es bisher nicht geschafft hat, in ihrem Informationsmaterial, gerade auch im Linienplan, zeitweise verkürzte Buslinien einheitlich und allgemein verständlich darzustellen. Bleibt zu hoffen, daß derartige Schnitzer bei den weiteren ExpressBus-Linien unterbleiben.
Daß die BVG sowohl zur Wiederinbetriebnahme der U-Bahn im November als auch der S- Bahn im Dezember eine kostenlose Ergänzung zum Kursbuch verteilte, wurde bereits lobend erwähnt - obwohl es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müßte. Unverständlich ist jedoch, warum die BVG die Chance vergab, den im Kursbuch vom Mai vergessenen Fahrplan des Busses 138 in einer der beiden Ergänzungen nachzureichen. Das Versäumnis beim Kursbuch war ärgerlich, aber niemand ist perfekt. Das Versäumnis bei zwei Nachträgen zu wiederholen, ist unverzeihlich.
Neben der Einführung der Linie X26 sind auch die meisten anderen Änderungen im Busliniennetz positiv zu bewerten. So ist durch die jetzt erfolgte Führung des 121ers nach Rosenthal endlich eine Verknüpfung zwischen der Tramlinie 53 und der Nordbahn (Sl) hergestellt worden. Auch die Neuordnung der Buslinien im Bereich rund um die Grenzallee einschließlich der neuen Ost-West-Verbindung 177 über den Dammweg und die Linienneuordnung in Rudow mit der neuen durchgehenden Verbindung Rudow - Köpenick (Linie 360) sind wichtige Verbesserungen im Liniennetz.
Leider nicht in dieses positive Gesamtbild paßt die Rückverlegung des 181 ers über Bismarckstraße zum Friedrich-Wilhelm-Platz. Die betrieblichen Probleme, die die BVG offenbar bei der Abwicklung des Verkehrs auf dem 182er zwischenzeitlich hatte, dürfen nicht zur Einstellung einer notwendigen innerbezirklichen Verbindung zwischen Klinikum Steglitz/Birkbuschstraße und Lankwitz fuhren! Die u.a. mit dieser Maßnahme "eingesparten" Fahrer sitzen nun stattdessen zu Dutzenden "als Überhang" in den Kantinen der Betriebshöfe und spielen Skat, während die Fahrgäste laufen müssen! Bleibt zu hoffen, daß die BVG - wie inzwischen versprochen - diese Lücke ab Mai 1994 wieder schließt.
Ebensowenig nachvollziehbar sind die neuerlichen Änderungen in Schöneweide: Da wird die OL 365 aufgehoben und angekündigt, daß dafür nunmehr die veränderte OL 160 in beiden Richtungen über den Lindhorstweg und die Springbornstraße fährt. Abgesehen davon, daß dadurch zwei Haltestellen im Segelfliegerdamm nicht mehr bedient werden, können Lindhorstweg und Springbornstraße bis heute nicht in Richtung Schöneweide befahren werden, so daß (um den Fahrgästen der genannten Straßen eine Direktveibindung zum Bf Schöneweide zu erhalten) faktisch die Linie 365 weiterbetrieben wird. Das kuriose aber ist, daß diese Linie nun ebenfalls als Linie 160 bezeichnet wird. Steigt man am Bf Schöneweide in den Bus 160 und beachtet das provisorisch angebrachte Zielschild nicht, kann es einem passieren, daß man nicht, wie erwartet, in Altglienicke, sondern wieder am Ausgangspunkt ankommt. Auch ein Blick ins zweite Ergänzungskursbuch verschafft einem keine Klarheit. Der veränderte Zweite, als Ringlinie betriebene 160er, existiert dort überhaupt nicht. Warum wird diese Linie bis zur Herstellung der geplanten Straßenverhälnisse nicht als Buslinie 365 weitergeführt?
Dauerbrenner in puncto Verwirrung sind auch die immer häufiger auftretenden wechselnden Betriebszeiten auf bestimmten Streckenteilen. So wird die vorstehend bereits genannte Linienführung der Buslinie 177 über den Dammweg nach Treptow dadurch geschmälert, daß die Endstelle Karl-Kunger-Straße nur zeitweise angefahren wird. Abends, am Sonnabend-Nachmittag und Sonntags ist schon am S-Bf Plänterwald Schluß. Auchh weniger benutzerfreundlich sind die Betriebszeiten der Buslinie 241 auf dem Abschnitt Sonnenallee - S-Bf Baumschulenweg. Für die zuvor gut durch die Busline 170 bediente Teilstrecke ist nun mit Ausnahme der HVZ immer ein zusätzlicher Umsteigevorgang an der Sonnenallee Ecke Baumschulenstraße notwendig, gerade drei Haltestellen vor dem S-Bahnhof. Eine Parallelität zum S-Bahn-Südring ist im übrigen nicht gegeben, denn der 241er erschließt zwischen Köllnische Heide und Baumschulenweg wichtige Bereiche, die von der S-Bahn nicht berührt werden.
Vergessen (?) hat man im Zusammenhang mit der Südring-Eröffnung auch die Verlegung von Bushaltestellen an die neu eröffneten S-Bahnhöfe. Lediglich im Zusammenhang mit der neuen Express-Buslinie wurde direkt am Bf Westend eine neue Haltestelle eröffnet. An so wichtigen Umsteigepunkten wie z.B. Witzleben, Hohenzollerndamm oder Tempelhof werden den zwischen S-Bahn und Bus umsteigenden Fahrgästen weiterhin unnötige Fußwege und Straßenüberquerungen zugemutet. Es verstärkt sich der Eindruck (s. auch Rückseite von SIGNAL 1/94 ), daß es bei der BVG derzeit eine Neuauflage des S-Bahn-Boykottes gibt.
Trotz der in der Summe positiv zu wertenden Liniennetzverbesserungen und
der nun endlich realisierten Einführung der ersten ExpressBus-Linie
verschlechtern sich die Bedingungen für die Busfahrgäste immer mehr:
IGEB
aus SIGNAL 2-03/1994 (April 1994), Seite 14-15