Nahverkehr

(Keine) Tram in der Friedrichstraße Oder: Meiden Sie (z.Zt.) die Linie 1


IGEB

1. Mai 1994

Das Thema Tram-Sabotage am Beispiel Friedrichstraße entwickelt sich leider immer mehr zu einem "Dauerbrenner", zum einen wegen der die Tram stets vernachlässigenden Planung (vgl. SIGNAL 2-3/94 ), zum anderen wegen der vermeidbaren Alltagsprobleme: In SIGNAL 8/93 war bereits das Kappen der für die Linie 50 erforderlichen geradlinigen Verbindung Chausseestraße - Friedrichstraße dokumentiert und kritisiert worden. Seit dem 14. März 1994, ein dreiviertel Jahr später als ursprünglich geplant, fährt mit der Linie 1 nun endlich wieder eine Tram durch die Friedrichstraße, und schon zeigen sich weitere Defizite.

Unverständlich ist beispielsweise, warum die (frühere) Haltestelle am U-Bf Oranienburger Tor, wo die einzige direkte Umsteigemöglichkeit zwischen Tramlinie 1 und U6 existiert, in beiden Richtungen ohne Halt durchfahren wird.

Auf der Friedrichstraße sind die Tram-Saboteure in den Amtsstuben derzeit besonders erfolgreich: Fehlende Netzverknüpfung zur Chausseestraße, häufige Betriebsunterbrechungen wegen Falschparkern auf den Tramgleisen und die stillgelegte Haltestelle (siehe Foto) am U-Bf Oranienburger Tor sorgen dafür, daß die Tram-Linie 1 für die Fahrgäste völlig unattraktiv und entsprechend schlecht besetzt ist. Foto: IGEB

Ein noch größeres Ärgernis sind die regelmäßig im Bereich Kupfergraben auf den Gleisen parkenden Autos: Fast täglich muß deshalb der Betrieb auf dem Abschnitt Friedrichstraße - Kupfergraben stundenweise eingestellt werden. Die BVG hat dafür inzwischen ein betrieblich perfektes Krisenmanagement ausgearbeitet, indem kurzfristig die Züge zur Endstelle Schwarzkopffstraße umgeleitet werden, so daß der Betrieb wenigstens auf den übrigen Abschnitten der Linie 1 aufrecht erhalten bleiben kann. Im wörtlichen Sinne "auf der Strecke" bleiben hierbei natürlich die Fahrgäste: Ohne Informationen über die Betriebseinstellung warten sie vergeblich auf einen Straßenbahnzug! Dieser unmögliche Zustand sollte am besten dadurch behoben werden, daß die BVG jeweils kurzfristig einen Schienenersatzverkehr mit Taxen organisiert. Die dabei entstehenden Kosten wären nach dem Verursacherprinzip von den Falschparkem zu bezahlen.

Aus den genannten Gründen sind die Bedingungen für Tram-Fahrgäste in der Friedrichstraße z.Z. unzumutbar, und entsprechend niedrig sind derzeit die Fahrgastzahlen. Man kann also jetzt schon Wetten abschließen, welches "Argument" die Tram-Saboteure der Senatsverkehrsverwaltung als nächstes in die Debatte um die Tram in der Friedrichstraße einbringen werden.

IGEB

aus SIGNAL 4/1994 (Mai 1994), Seite 16