Planung und Betrieb
1. Mai 1994
Nachdem in den vergangenen Jahren die Berliner Sonderfahrten auf der "Heidekrautbahn" immer wieder für Aufsehen sorgten, bieten nun auch der Potsdamer Fahrgastverband PRO BAHN und dessen Mitglied ARGUS Potsdam e.V. - Gruppe Stadtverkehr eine Sonderfahrt, die schon bei der Eröffnung viel Beachtung fand. Im Gegensatz zu PRO BAHN und IGEB in Berlin nutzen wir die Tram. Wie kam es dazu?
Potsdam besaß den weltweit ersten Wagen der auch in Berlin verkehrenden Tram-Serie KT4D. Dieser führ nach seiner Übergabe von den CKD-TATRA-Werken in Prag an den Verkehrsbetrieb von 1975 bis 1989 als Wagen 001 durch Potsdam. Seit Oktober 1989, als Ersatzteilprobleme und die Zuführung von Berliner Wagen vom Typ KT4D zur Abstellung führten, stand der Wagen zusammen mit dem zweiten Wagen seiner Serie, auch wegen fehlender Platzkapazitäten im Verkehrsbetrieb, unter "freien Himmel" auf einem Betriebshof. Dieses führte dann Anfang 1993 zur Verschrottung des zweiten Wagens.
Nicht zuletzt durch diese Verschrottung arlarmiert, fragten wir während der monatlichen Treffen mit der ViP-Geschäftsfiihrung, nach den weiteren Plänen für den 001. Seitens des ViP-Geschäftsführers wurde zwar der Wunsch des ViP nach einer Sanierung des historischen Fahrzeuges und einer geschützten Unterstellung geäußert, aber das Problem sei die Finanzierung zum jetzigen Zeitpunkt durch den Verkehrsbetrieb. Deshalb wurde beschlossen, sich gemeinsam um eine witterungsfeste Unterstellung zu bemühen und die Möglichkeiten einer Wiederherstellung zu erkunden.
Im November 1993 war dann eines unserer Gruppenmitglieder bei der Suche nach einer Unterstellmöglichkeit erfolgreich. Durch die Mitgliedschaft in der EUROVAPOR-Sektion Berlin, einem Verein zum Erhalt von Dampfloks und historischem Eisenbahnmaterial, fand sich eine Unterstellmöglichkeit in der Lokhalle der EUROVAPOR in Basdorf, wohin nach einer Grobinstandsetzung im März 1994 die Überführung erfolgte. Der 001 wechselte aus rechtlichen Gründen mit dieser Unterstellung nicht nur den Ort, sondern auch den Eigentümer, so daß er nun im Privatbesitz unseres Gruppenmitgliedes ist.
Die sichere Unterstellung veranlaßte uns nun, nach weiteren Finanzierungsquellen für die nötige Sanierung des Fahrzeuges zu suchen. Dabei kam uns die Idee, ein Spendenkonto zu schaffen und Sonderfahrten durchzuführen, deren Erlöse für die Aufarbeitung genutzt werden könnten.
Genau zu diesem Zeitpunkt stellte sich heraus, daß eine angekündigte Brückensanierung, die den Verkehr auf der Tram-Ausflugslinie verhindert hätte, aus finanziellen Gründen erst Ende 1994 beginnen kann und der Ausflugslinienverkehr somit 1994 doch möglich wäre. Aus verschiedenen Gründen hielt der Verkehrsbetrieb den Betrieb der Tram-Ausflugslinie trotzdem nicht für möglich und setzte dafür auf ein verstärktes Bus-Angebot.
Diese Entscheidung brachte uns auch nach Auswertung unserer Beobachtungen aus dem letzten Jahr, wo die Tram-Linie recht gut frequentiert war, zu der Überlegung, die Tram- Ausflugslinie an ausgewählten Tagen selber zu betreiben und dabei Spendenmittel für den 001 einzufahren. Der ViP-Geschäftsführer war von dieser Idee begeistert und stimmte zu.
Am Ostersonntag begannen wir, unter der Projektbezeichnung "PRO BAHN/ARGUS-TRAM-TOURS" mit dem Sonderfahrbetrieb. Dieser erfolgt mit dem modernisierten KT4D mit der Wagennummer 102, der eine Ausflugslinienlackierung für den ViP besitzt, und umfaßt eine Stadtrundfahrt vom Bahnhof Potsdam Stadt durch die historische Innenstadt und die russische Kolonie zum Kapellenberg, von dort über den Platz der Einheit zum Schloß Charlottenhof und wieder zum Stadtbahnhof. Dazu gibt es Verkehrs- und stadtkundliche Erklärungen. Die Vermittlung von Gaststättenplätzen in ausgewählten Gaststätten durch Mobiltelefon in der Tram (mit Unterstützung der Brandenburgischen Automobil GmbH) gehört ebenso zum Angebot wie der Verkauf von Publikationen von PRO BAHN, der Verkauf des SIGNAL und eines neuen Ausflugsplanes für Potsdam. Auf der speziell für die Ausflugs-Tramlinie geschaffenen Fahrkarte wird über die Verwendung des erhofften Erlöses nach Abzug der Miet- und Nebenkosten und über den 001 informiert.
Da uns der Erfolg der ersten Tour am Ostersonntag und die positiven Reaktionen der Fahrgäste auf unser Angebot bestätigten, daß wir eine Marktlücke füllen, wiederholen wir diese Fahrten mit der speziell gestalteten Bahn und speziellen Themen jeweils an den ersten Sonntagen im Monat zwischen 9.30 Uhr und etwa 16.00 Uhr jeweils vom Bahnhof Potsdam Stadt aus, sowie an bestimmten Tagen mit etwas anderen Linienführungen und Angeboten, über die wir dann gesondert informieren werden.
Darüber hinaus freuen wir uns natürlich über jede Spende für "unseren" 001, die Sie leider noch nicht steuerlich absetzen können.
Unser Konto: 315 96 39, BLZ 120 700 00, Deutsche Bank Potsdam, Empfänger: Müller/Hellwig mit dem Zahlungsgrund "Spende TW 001".
ARGUS Potsdam
Gruppe Stadtverkehr
aus SIGNAL 4/1994 (Mai 1994), Seite 19-20