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Neuer BVG-Fahrplan mit gravierenden Einschränkungen

Mit dem Fahrplanwechsel am 29. Mai 1994 mußten alle BVG-Fahrgäste erneut erhebliche Einschränkungen des gesamten Verkehrsangebotes hinnehmen. Insbesondere durch eine drastische Verkürzung der Betriebszeiten bei U-Bahn, Tram und Bus wird Berlin zum Provinzdorf. Dies sind die schwerwiegendsten Kürzungen


IGEB

1. Jul 1994

Der U-Bahn-Verkehr beginnt morgens bis zu 30 Minuten später und hört abends bis zu 40 Minuten früher auf. Einige Beispiele:

Im Straßenbahnbereich sind die Streichungen z.T. noch gravierender:

Auch im Busbereich gibt es durch verkürzte Betriebszeiten und durch Taktausdünnungen erhebliche Verschlechterungen.

Weltstadtbahnhof Berlin Zoologischer Garten mit ICE und ExpressBus X09, vom Flughafen Tegel kommend. Doch der Schein trügt. Wer mit dem letzten ICE zu mitternächtlicher Zeit in Berlin eintrifft, erlebt die Metropole als Millionen-Dorf: Weder der X09 noch der 109 verkehren zu dieser Zeit noch, und seit dem Fahrplanwechsel sind auch viele S- und U-Bahnhöfe nicht mehr erreichbar! Die Verantwortung für diesen Skandal trägt der Berliner Senat, der der BVG den Geldhahn immer weiter zudreht, während für den Straßenbau die Millionen nur so fließen, sei es zur Ermöglichung von Nachtbauarbeiten, sei es zum Ausgraben alter Betonteile, die dem Straßentunnel unter dem Großen Tiergarten im Weg sind. Foto: Stefan Schnerr

Der spätere Betriebsbeginn, betroffen sind davon vor allem die U-Bahn- und Tramfahrgäste, stellt eine empfindliche Schikane für alle Schichtarbeiter dar, die nun kaum noch die BVG benutzen können. Das Nachtbusnetz ist für sie überhaupt kein Ersatz, da es im wesentlichen dem Freizeit- Verkehr von der City in die Außenbezirke dient und mit seinen Anschlüssen auf andere Verkehrsströme nicht ausgerichtet ist.

Der erheblich frühere Betriebsschluß auf fast allen BVG-Linien sorgt dafür, daß Fernreisende, die mit einem der letzten Züge in die deutsche Hauptstadt kommen, oft keinen Anschluß zum Nahverkehr mehr haben und ein Taxi nehmen müssen, ebenso wie z.B. viele Theater-, Kino und Konzertbesucher, die nach der Vorstellung noch ein Restaurant oder eine Kneipe aufsuchen wollen.

Die Verantwortung für dieses Desaster liegt jedoch nicht bei der BVG. Sie mußte den Fahrplan zurücknehmen, weil der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses ihr aus dem laufenden Wirtschaftsplan weitere 53 Millionen DM gestrichen hat. Bereits zuvor hatte das Verkehrsuntemehmen eine Sparanstrengung von 200 Mio DM absolviert.

Mit dem BVG-Jahresfahrplan 1994/95 ist die Verkehrspolitik des CDU/SPD-Senates an einem neuen Tiefpunkt angelangt. Immer dreister verteilen die Abgeordneten des Hauptausschusses das Geld um: So werden durch diese blamablen und schikanösen Betriebseinschränkungen u.a. 140 Millionen DM Mehrkosten für den Straßentunnel unter dem Tiergarten finanziert, die zur Trassenfreimachung eingesetzt werden, um alte Tunnelanlagen und Fundamente im Erdreich des Großen Tiergartens zu entfernen.

Mit dieser Prioritätensetzung bei CDU und SPD bleiben die Fahrgäste wieder einmal auf der Strecke. Nicht nur frühere Versprechen für einen "Vorrang des ÖPNV" erwiesen sich stets als Lüge, auch die derzeitige Zusage einer Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer wird unter diesem Senat weniger als je zuvor eingelöst. Im Interesse der Fahrgäste, aber auch im Interesse des Ansehens der Stadt Berlin und der Lebensbedingungen in dieser Stadt fordert der Berliner Fahrgastverband IGEB die Regierungsfraktionen auf, schnellstens durch Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die BVG die bis zum 28. Mai 1994 gültigen Betriebszeiten der BVG in vollem Umfang wieder zu ermöglichen.

IGEB

aus SIGNAL 5/1994 (Juli 1994), Seite 8-9