Aktuell
Während die massiven Einschränkungen im Fahrplan-Angebot der BVG in der Öffentlichkeit lebhaft diskutiert und kritisiert wurden, merkten nur wenige, daß die Deutsche Bahn AG den S-Bahn-Fahrgästen seit dem Fahrplanwechsel am 29. Mai ähnliche Unverschämtheiten zumutet. Wer von Sonntag- bis Donnerstagabend spät nach Berlin zurückkehrt oder sich bis Mitternacht in der Innenstadt vergnügt (was in Berlin ja nicht schwer fällt), der kommt mit der S-Bahn nicht mehr nach Hause!
1. Jul 1994
Der Berliner Fahrgastverband IGEB bewertet die Angebotseinschränkungen bei der S-Bahn sogar noch negativer als diejenigen bei der BVG, weil die BVG für den Weg ab der City wenigstens für einen großen Teil ihrer Fahrgäste akzeptable Nachtbusangebote bereithält. Wer aber die letzte S-Bahn nach Oranienburg oder Strausberg verpaßt hat, kann weder laufen noch einen Bus benutzen, sondern muß 50 bis 70 DM für ein Taxi ausgeben. Und durch solche Erfahrung verärgerte Fahrgäste werden beim nächsten Mal, wenn irgend möglich, mit dem Auto fahren.
Ein paar Beispiele:
Vergleicht man das abendliche S-Bahn-Angebot Berlins mit München, so wird deutlich, wie unerträglich provinziell die Bahn in Berlin geworden ist. Käme der ICE um 0.10 Uhr nicht in Berlin Zoologischer Garten, sondern in München Hauptbahnhof an, dann könnten die Reisenden um diese Zeit noch alle (!) S-Bahnhöfe in München und seinem Umland (im Gegensatz zu Berlin ohne Umsteigen!) erreichen.
Die gravierenden Verschlechterungen bei der Berliner S-Bahn können auch nicht aufgewogen werden durch den verbesserten S-Bahn-Nachtverkehr in den Nächten Freitag/Sonnabend und Sonnabend/Sonntag. Die Konzentration des Angebotes auf die Wochenendnächte ist für eine Stadt mit Metropolenanspruch erbärmlich und wird vom Berliner Fahrgastverband IGEB entschieden abgelehnt. Bereits zum "kleinen Fahrplanwechsel" am 26. September erwartet der Fahrgastverband von der Deutschen Bahn AG eine Korrektur der jüngsten Fehlentscheidungen - im Interesse der Fahrgäste und der Stadt Berlin.
IGEB
aus SIGNAL 5/1994 (Juli 1994), Seite 9