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Auf Erfolgskurs: Der RegionalExpress
RE 1 Berlin - Frankfurt (Oder) bestens angenommen Weitere Linien ab Sommer 1995

Das ist schon ein ermutigender Start: Der neue RegionalExpress (RE) bescherte der Bahn zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) einen Fahrgastzuwachs von 40 Prozent. Im Juni zählte sie hier durchschnittlich 8.500 Reisende pro Tag, davon nutzten 6.400 die RE-Züge. Vor der Einführung des neuen Angebotes waren es in den Nahverkehrs- und Eilzügen insgesamt nur etwa 6.000. Hans Leister, bei der DB AG gemeinsam mit Karl-Heinz Friedrich für den Regionalverkehr Berlin-Brandenburg zuständiger Bereichsleiter, räumt dem RegionalExpress ähnlich gute Marktchancen ein wie im Fernverkehr dem InterCityExpress.


IGEB

1. Aug 1994

In den nächsten Jahren soll ein RE-System entstehen, das die wichtigsten Städte Brandenburgs mit Berlin verbindet. Schon ab 28. Mai 1995 will die Deutsche Bahn AG weitere Linien einrichten. Dann bietet sie voraussichtlich an:

RE 1 Ost und West

Foto: I. Schmidt
Fürstenwalde an einem Werktag um 6 Uhr morgens. Der RegionalExpress nach Berlin Hbf fährt ein. Eine Stunde später dasselbe Bild: Wieder ist der Bahnsteig gut gefüllt. Vor den Sommerferien konnte es den in Fürstenwalde Zusteigenden in der morgendlichen Spitzenzeit sogar passieren, daß sie in der 2. Klasse keinen Sitzplatz mehr bekamen. Aber auch die Züge von Berlin nach Frankfurt sind schon morgens zumindest bis Fürstenwalde gut besetzt. Und bei gutem Wochenendwetter nutzen viele Berliner Radfahrer das neue attraktive Angebot. Foto: I. Schmidt

Die RE 1 gibt's ab nächsten Sommer also gleich zweimal: Im Westen verkehrt sie stündlich von Berlin Zoologischer Garten nach Brandenburg, im Osten wird sie über Eisenhüttenstadt und Guben bis Cottbus verlängert. Die Vergabe einer Nummer an de facto zwei Linien erfolgt, weil 1997 (nach Sanierung und Elektrifizierung der Stadtbahn) beide Abschnitte verknüpft werden sollen. Der Berliner Fahrgastverband IGEB sieht bei der Numerierung jedoch Korrekturbedarf und verweist auf die schlechten Erfahrungen in Berlin mit der U2 A und B vor der Durchbindung am 13.11.1993. Nicht nur ortsunkundige Fahrgäste hatten damals Schwierigkeiten. Um Mißverständnisse jeder Art auszuschließen, sollte der Abschnitt Berlin Zoo - Brandenburg keinesfalls als RE 1 bezeichnet werden. RE 5 wäre eine sinnvolle Alternative.

Mit der neuen "RE 1 West" wird die Fahrzeit zwischen dem Bahnhof Zoo und Brandenburg drastisch auf 36 bis 38 Minuten verkürzt. Heute braucht z.B. der IC noch 55 Minuten. Halten wird der RE nur in Berlin-Charlottenburg, Berlin- Wannsee und Potsdam Stadt. Werder (Endpunkt der Regionalbahnlinie 1 vom südlichen Außenring) wird ausgespart - nach Auffassung der IGEB ein Manko, ebenso wie der von vielen vermißte Stop der "RE 1 Ost" in Erkner. Wie beispielsweise in München üblich sollten nach Auffassung der IGEB die Express-Züge immer am Endbahnhof des S-Bahn-Systems halten.

“RE1“ steht auf der Zugzielanzeige des neuen Steuerwagens. Im Kursbuch der Deutschen Bahn AG sind die stündlich zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) verkehrenden Regional Express-Züge allerdings noch als Eilzüge deklariert. Foto: Marc Heller
Nicht gerade mit Hochgeschwindigkeit, aber ohne Halt durchfährt der ansonsten 120 km/h schnelle RegionalExpress den Bahnhof Erkner. Halten sollen die Züge hier erst nach einem Umbau des Bahnhofs und seiner Gleisanlagen. Foto: I. Schmidt
Spezieller Service: Kaffee und Tageszeitungen bietet die DB AG den Reisenden in der 1. Klasse des RegionalExpresses. Außerdem gibt es hier (noch?) zu allen Tageszeiten freie Sitzplätze. Foto: I. Schmidt

Im "Fall Erkner" verweisen Hans Leister und Karl-Heinz Friedrich auf betriebliche Zwänge. Züge Richtung Frankfurt (Oder) müßten zum Heranfahren an den Bahnsteig das Gegengleis kreuzen - und das im Stundentakt unter Rücksichtnahme auf Fern- und Güterverkehr sowie auf die ebenfalls stündlich fahrende R 13. Außerdem: wegen der hohen Akzeptanz erwägt, die Bahn AG für die RE 1 eine Taktverdichtung auf 30 Minuten. Zwar ist das wohl erst 1997 zu realisieren, doch wäre ein Halt in Erkner bei unveränderter Betriebssituation dann erst recht illusorisch. Immerhin: Langfristig soll die Strecke Berlin - Frankfurt (Oder) mit EU-Mitteln ausgebaut werden, dann erfahren die Gleisanlagen im Bahnhof Erkner eine Umgestaltung - in welcher Weise genau hängt auch von möglichen neuen Angeboten ab, etwa einem von Berlin mit zu finanzierenden StadtExpress parallel zur S-Bahn.

Während am westlichen Ende der Regionalbahnlinie 1, in Werder, das Umsteigen auf den RegionalExpress durch den bisher nicht geplanten Halt des RE vereitelt werden soll, ist am östlichen Ende der R1, in Berlin-Karlshorst, zwar ein Umsteigen auf den RE möglich. Doch wer aus Richtung Werder kommend in Berlin-Karlshorst eintrifft, muß auf den stündlich verkehrenden RE 34 Minuten warten. In Richtung Werder beträgt die Übergangszeit sogar 56 Minuten - ein unhaltbarer Zustand. Gerade während der Zeit, in der durch die Stadtbahnsanierung das Durchfahren Berlins per Bahn nicht mehr möglich ist, muß eine attraktive Südumfahrung angeboten werden. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf für die DB AG.

RE 2,3 und 4

Die übrigen RE-Linien werden zunächst alle zwei Stunden bedient, später kann es einen Stundentakt oder abschnittsweise sogar einen Halbstundentakt geben.

Der einst bereits für 1994 avisierte RE 2 (vgl. SIGNAL 9-10/93 ) verkehrt ab 28. Mai 1995 von Berlin-Lichtenberg über Berlin-Schöneweide nach Cottbus. Die Linie ersetzt auf diesem Abschnitt die Eilzüge der heutigen Relation Schwedt - Hoyerswerda. Dazu kommen zwischen Berlin und Cottbus wieder alle zwei Stunden InterRegios, denn die Ausdünnung des IR-Angebots zum letzten Fahrplanwechsel stieß auf viel Kritik.

Schwedt wird künftig durch die RE 3 mit Berlin verbunden. In Angermünde soll möglichst Anschluß von und nach Szczecin (Stettin) gewährleistet sein. Gedacht ist an "Pendelfahrten" mit einer VT 628-Triebwagengarnitur. Im Süden beschreibt die RE 3 einen großen Bogen, erschließt so aber den Elbe-Elster-Kreis: Via Jüterbog, Falkenberg und Rußland führt sie bis Senftenberg.

Auch um den Verlauf der Linie RE 4 nachzuvollziehen, bedarf es des genauen Studiums der Streckenkarte. Von Potsdam Pirschheide kommend, erreicht sie in Blankenfelde die "Dresdener Bahn", verläßt diese wieder kurz vor Doberlug-Kirchhain, um vor Finsterwalde auf die Strecke nach Cottbus zu treffen. Der Abschnitt Wünsdorf - Finsterwalde wird wahrscheinlich ohne Halt durchfahren, in Finsterwalde besteht Anschluß nach Senftenberg. Ideal verknüpft die RE 4 die brandenburgische Landeshauptstadt mit Wünsdorf. In die dortige "GUS-Militärstadt" sollen ja bald 1.000 Landesbedienstete umziehen. Kommt es tatsächlich dazu, würde der RegionalExpress auch als "Beamten-Shuttle" fungieren - wahrscheinlich mit speziellen Konferenz- bzw. Büroabteilen ausgestattet. Langfristig ist für den Abschnitt Potsdam Pirschheide - Wünsdorf aber ein anderes Bedienungskonzept vorgesehen; denn die Züge der RE 4 sollen später einmal die Route Neuruppin - Berlin - Senftenberg befahren.

Konzept für's Jahr 2000

Grundgedanke des doppelklassigen RE-Systems ist die Erschließung regionaler Entwicklungszentren bei nur wenigen Unterwegshalten und Linienlängen bis zu ca. 250 Kilometern, ausnahmsweise sogar darüber. Mit neuen Fahrzeugen - zum Beispiel Triebzügen mit gleisbogenabhängiger Wagenkastensteuerung - wird generell eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h möglich. In Berlin und Brandenburg könnte bis zur Jahrtausendwende folgendes Netz realisiert sein:

Länderübergreifende Linien:

Foto: Stefan Schnerr
Oben: Warten auf die R5. Der erste Zug aus Nauen kam erheblich verspätet, aber in den folgenden Tagen (Bild unten) klappte es besser. Seit dem 27. Juni verkehren die Züge der R5 nicht mehr nach Jungfernheide, sondern zu einem provisorischen Bahnsteig auf dem Westring unmittelbar neben der Ringbahnhalle des S-Bfs Westkreuz. Diese durch Bauarbeiten auf dem Nordring bedingte Veränderung bedeutet eine deutliche Attraktivierung der R-Bahn, vor allem durch die Anschlüsse zu den S-Bahn-Zügen Richtung Friedrichstraße und Neukölln. Die nächste Veränderung der R5 plant die Bahn für 1995. Dann sollen die Züge wieder über die Hamburger Bahn, also über Falkensee, nach Nauen verkehren Foto: Thomas Billik

Innerhalb Berlins sind alternativ zum projektierten, bekanntlich aber noch recht umstrittenen Nord-Süd-Tunnel auch andere Linienführungen denkbar, z.B. über den nördlichen Innenring und Lichtenberg. Insbesondere die von Neuruppin kommende RE 4 könnte schon ab 1998 so fahren - den Lückenschluß zwischen Hennigsdorf und Tegel natürlich vorausgesetzt. Denkbar ist auch eine interimsweise bis Gesundbrunnen verkehrende "RE 4 Nord".

Über den Umfang des Netzes und die Taktdichte entscheiden letztlich die Länder. Sie müssen den RegionalExpress ab 1. Januar 1996 bestellen - und bezahlen.

Übriger Regionalverkehr und StadtExpress

Sie zählt nicht zum RE-System, doch wird sie mindestens ebenso gefeiert werden: die für Sommer 1995 in Aussicht gestellte Regionalzug-Verbindung zwischen Nauen und Westkreuz - über Falkensee! Auf der neuen Route der R5 sollen Triebwagen des Typs VT 628 zum Einsatz kommen, teilweise im Durchlauf von/nach Wittenberge. Über Staaken sind Züge der Relation Rathenow - Spandau vorgesehen, doch müssen die Fahrgäste hier wegen Bauarbeiten im Abschnitt Wustermark - Spandau möglicherweise ein Jahr lang auf den ungeliebten "Schienenersatzverkehr" ausweichen.

Schließlich: Zum 28. Mai 1995 soll er nun doch kommen, der mehrfach avisierte StadtExpress (SE) zwischen Berlin-Schöneweide und Wünsdorf. Seine Qualitätsnormen - Stundentakt, modernste Wagen mit 1. und 2. Klasse - werden aber schon heute von den Zügen der noch als R 2 bezeichneten Linie erfüllt. Der StadtExpress bedient die vom RegionalExpress ohne Halt durchfahrenen Stationen.

IGEB

aus SIGNAL 6/1994 (August 1994), Seite 4-6