Titelthema Fahrgastinformation

Mitnahme von mehreren Fahrrädern


söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

20. Jun 2014

Die Beschwerdeführerin unternahm mit ihren beiden Kindern eine Fahrt von Stuttgart nach Ludwigshafen. Auf dieser Fahrt nahm sie insgesamt vier Fahrräder mit (ihr eigenes, zwei Kinderfahrräder, ein weiteres Familienfahrrad). Vor Antritt der Reise habe sie sich im Internet auf der Seite des Verkehrsunternehmens über die Konditionen der Fahrradmitnahme informieren wollen, habe dort aber keine Antwort auf ihre Frage finden können, ob und wie der Transport eines zusätzlichen Fahrrades zu erfolgen hat. Sie habe sich daher an einem Fahrkartenschalter beraten lassen und schließlich ein Baden-Württemberg-Ticket sowie eine Fahrradtageskarte für vier Fahrräder erworben.

Auf der Fahrt bemängelte ein Kontrolleur die Mitnahme des vierten Fahrrades. Es sei nur ein Rad pro Person zugelassen und die Beförderung von drei Personen zusammen mit vier Fahrrädern daher nicht möglich. Daraufhin

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wurde der Beschwerdeführerin eine Fahrpreisnacherhebung über 40 Euro ausgestellt. Die Frage, wie das Fahrrad korrekt transportiert werden müsse, habe vom Kontrolleur nicht beantwortet werden können.

Die Beschwerdeführerin reichte nach der Fahrt einen „Widerspruch“ gegen die Fahrpreisnacherhebung ein und bat um Rücknahme der Forderung.

Antwort der Beschwerdegegnerin

Das Verkehrsunternehmen lehnte den gegen die Fahrpreisnacherhebung eingelegten Widerspruch mit der Begründung ab, dass jeder Reisende nur ein Fahrrad mitnehmen dürfe. Dennoch wurde die Forderung auf 20 Euro reduziert. Zwar zahlte die Beschwerdeführerin sodann die reduzierte Forderung, doch war sie weiterhin mit der Fahrpreisnacherhebung nicht einverstanden. Sie wandte sich an die söp und bat um Prüfung des Vorganges.

Schlichtungsarbeit

Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführerin und kam zu dem Ergebnis, dass die Rechtmäßigkeit der ausgestellten Fahrpreisnacherhebung zweifelhaft ist.

Ausgehend von § 12 Abs. 1 Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) ist der Reisende nur dann zur Zahlung eines erhöhten Fahrpreises verpflichtet, wenn er keine gültige Fahrkarte vorzeigen kann oder einer Verpflichtung nach § 9 Abs. 3a, b, d EVO nicht nachkommt. Keine dieser Voraussetzungen war vorliegend gegeben, da die Beschwerdeführerin insbesondere für alle mitgeführten Fahrräder eine Fahrradtageskarte gelöst hatte und auch vorzeigen konnte.

Die einschlägigen Beförderungsbedingungen des Verkehrsunternehmens bestimmten zwar, dass jeder Reisende nur ein Fahrrad mitführen darf. Die Konstellation, dass von einem Reisenden mehrere Fahrräder mitgenommen werden, wurde jedoch nicht explizit geregelt. Im Falle eines „Verstoßes“ gegen die Mitnahmeregelung folgte aus den Beförderungsbedingungen jedenfalls nicht die Ausstellung einer Fahrpreisnacherhebung.

Gegebenenfalls hätte der Beschwerdeführerin von vornherein die Beförderung des vierten Fahrrads untersagt werden müssen. Dies ist aber offenbar nicht geschehen. Die Beschwerdeführerin hatte sich vor Fahrtantritt informiert, wie ein zusätzliches Fahrrad mitgenommen werden kann. Eine fundierte Antwort hat sie nach eigenen Angaben aber nicht erhalten. Auch der Zugbegleiter, der die Fahrpreisnacherhebung ausgestellt hat, habe ihr diese Frage nicht beantworten können.

Eine kostenlose Beförderung als Handgepäck wäre möglich gewesen, wenn es sich bei dem zusätzlichen Fahrrad um ein zusammengefaltetes Faltrad gehandelt hätte. Sofern eine Faltung nicht möglich war, kann ein zusätzliches Fahrrad nur als Reisegepäck (Sondergepäck) befördert werden. Für die Beförderung als Reisegepäck wären Kosten in Höhe von 25,50 Euro angefallen. Warum der Beschwerdeführerin diese Informationen nicht vor Reiseantritt gegeben werden konnten, war für die söp nicht festzustellen.

Die söp schlug daher vor, die Kosten für die bereits bezahlte Fahrpreisnacherhebung in Höhe von 20 Euro zu erstatten. Das Verkehrsunternehmen teilte mit, dass der Kundenbetreuer das Fahrrad des Zuges hätte verweisen müssen. Angesichts der Tatsache, dass die Reise mit Kindern erfolgte, habe der Kundenbetreuer aber darauf verzichtet. Die vom Kundenbetreuer getroffene Maßnahme, ein erhöhtes Beförderungsentgelt zu erheben, sei daher situativ die kundenfreundlichste Lösung gewesen. Dennoch erklärte sich das Verkehrsunternehmen zur Erstattung der beglichenen Forderung in Höhe von 20 Euro bereit. Die Beschwerdeführerin zeigte sich mit diesem Vorschlag einverstanden und nahm die Erstattung dankend entgegen.

Dr. Katja Schmidt

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de

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aus SIGNAL 3/2014 (Juni/Juli 2014), Seite 9