Regionalverkehr
Mit neuen Konzepten für den Schienenverkehr setzt sich immer häufiger das Prinzip des Integralen Taktfahrplanes (ITF) durch. Sachsen und Brandenburg sind die einzigen Bundesländer, die dieses Prinzip noch nicht konzeptionell umgesetzt haben. Wie dies in Brandenburg geschehen sollte, hat der Deutsche Bahnkunden-Verband, Landesverband Brandenburg, jetzt gezeigt.
1. Mai 1996
In einer 150-seitigen Broschüre wurde der Nachweis erbracht, daß ein solches Modell auch und gerade im Flächenland Brandenburg möglich ist. Grundprinzip des ITF ist das Festlegen von Linienläufen, deren Züge sich im exakten Takt zur selben Zeit an Knotenbahnhöfen begegnen. Dies ist Voraussetzung für den öffentlichen Verkehr "aus einem Guß" mit kurzen Anschlußzeiten, beginnend beim Fembahnverkehr über den Regionalbahnverkehr bis hin zum Busverkehr in ländlichen Räumen ("Abwärtskompatibilität").Noch stehen die Chancen dafür in Brandenburg nicht schlecht: Die Eisenbahn besitzt noch ihr ausgeprägtes Netz, das allerdings durch weitere Betriebseinstellungen mehr und mehr zerfällt. Der Entwurf des ITF macht sich insbesondere die für das märkische Bahnnetz charakteristische Eigenschaft zunutze, daß der Verkehr von und nach Berlin auf den schnellen Hauptstrecken stattfindet, während die tangentialen und netzbildenden Nebenbahnen die ländlichen Räume verbinden und erschließen. Fahrplantechnologische Verknüpfungspunkte sind damit die Knoten- und Abzweigbahnhöfe von Haupt- und Nebenbahnen sowie die Netzknoten der regionalen Bahnnetze.
Das ITF-Konzept legt bei überregionalen Bahnlinien weitestgehend das "Zielnetz 2000" zugrunde, sieht allerdings zur Bedienung der Regionen keine Stillegungen vor. Die Behauptung, bei solch einem engmaschigen Netz sei kein optimaler integraler Taktfahrplan möglich, konnte durch ausführliche, dem Konzept beigelegte fahrplantechnologische Studien widerlegt werden.
Da das ITF-Konzept grundsätzlich von einem Zielzustand ausgeht, ist schon heute der mittel- und langfristige Investionsbedarf auf einzelnen Streckenabschnitten erkennbar. Danach ergibt sich eine Prioritätenliste, um die optimalen Abschnittsfahrzeiten zu erreichen. Nicht in jedem Fall geht es um ein "so schnell wie möglich", sondern vielfach um ein "so schnell wie nötig".
Jeder vorgeschlagene Linienlauf der Produkte IR, RE, SE und RB wurde auf seine Kompatibilität zum höherwertigen Produkt, nach Taktfolge, Knotenanschlüssen, Kreuzungsbahnhöfen und Zugangsstellen untersucht. Aus den Zielvorgaben ergibt sich die angestrebte Streckengeschwindigkeit.
Erste praktische Erfahrungen mit Integralen Taktfahrplänen, z.B. dem "Allgäu-Schwaben-Takt" im Südwesten Deutschlands, lassen sich auch auf Brandenburg übertragen. Obwohl über 50% mehr Zugkilometer gefahren werden, ist die Kostensteigerung merklich geringer ausgefallen, da durch optimierte Zugumläufe Fahrzeuge gespart sowie gezielte Rationalisierungsinvestitionen in den Fahrweg getätigt wurden. Mehreinnahmen durch Fahrgastzuwachs haben die Mehrkosten ausgeglichen. Deutlich höhere Fahrgastaufkommen sind vor allem auf den Zweigstrecken festzustellen, da hier die Vorteile des ITF durch das quantitativ gesteigerte Zugangebot und die verbesserten Umsteigemöglichkeiten vorrangig spürbar sind.
Die Broschüre "Integraler Taktfahrplan für Brandenburg und Berlin“ (A4, 150 Seiten, geheftet) ist erhältlich gegen eine Schutzgebühr von DM 25,- und kann beim DBV Brandenburg, Straße der Pariser Kommune 12, 10243 Berlin bestellt werden.
Deutscher Bahnkunden-Verband Landesverband Brandenburg
aus SIGNAL 3-04/1996 (Mai 1996), Seite 18