Schienenverkehrswochen 1996
Im Rahmen der Schienenverkehrs-Wochen war Hans Leister, Regionalbereichsleiter Regionalverkehr Berlin/Brandenburg der Deutschen Bahn AG, am 15. Mai zu Gast beim Fahrgastforum des Deutschen Bahnkunden-Verbandes, Landesverband Brandenburg. Anknüpfend an diesen Abend können die Ausführungen zu den Neuerungen und Änderungen des Regionalbahnfahrplanes 1996/97 (siehe SIGNAL 4/96) ergänzt und vertieft werden.
1. Jul 1996
Den Einstieg gaben erste Erfahrungen und Rückblicke zum abgelaufenen Fahrplanjahr 1995/96. Der durchschnittliche Fahrgastzuwachs im Regionalverkehr betrug etwa 30%, jedoch stark nach einzelnen Linien differenziert. Erfolgsprodukte sind weiterhin der RegionalExpress RE l zwischen Berlin, Frankfurt (Oder) und Cottbus, aber auch die Vorortlinien nach Wünsdorf (RB 24) und Küstrin (RB 26). Durch die Einrichtung des RE-Busses zwischen Neuruppin und Berlin Zoo hat sich die Einsteigerzahl in Neuruppin gegenüber dem bisherigen Bahnangebot verdreifacht! Nicht erfüllt wurden die Erwartungen bei der RE 1-West von Berlin Zoo nach Brandenburg (Havel) und beim RE 4 zwischen Potsdam-Pirschheide und Cottbus. Die hier geführte Argumentation, daß sich auf solchen neuen Verbindungen erst in ein bis zwei Jahren ein stabiles Fahrgastpotential aufbaut, hat die DB AG bei der Weiternutzung der Nebenbahnen bisher allerdings kaum gebraucht!
So bezeichnete Herr Leister die Zukunft der Strecken Forst - Weißwasser und Pritzwalk - Putlitz als äußerst ungewiß. Beide Linien seien durch parallele Busverkehre ersetzbar. Interessant ist auch die Begründung, warum der Bahnhof Uckro zum Fahrplanwechsel als neuer RE 4-Halt in "Luckau-Uckro" umbenannt wurde: damit die Stadt Luckau, die dann mit Einstellung der verbliebenen Verbindung nach Lübben über gar keinen Bahnanschluß mehr verfügt, wenigstens noch im internationalen Bahncomputer steht - es könnte ja ein potentieller Investor danach fragen ...
Langsam zeichnet sich auch die zukünftige Fahrzeugkonzeption für den Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg ab. Herausragend ist die Festlegung, die RE-Linien 1 und 2 bei Wiedereröffnung der Stadtbahn mit einer neuen Generation von Doppelstockeinheiten zu betreiben. Das Fahrzeugkonzept der DWA sieht neben der klassischen Lok-Wagen-Reihung auch den Einsatz von Doppelstock-Triebköpfen vor. Ein Zug besteht aus Wagen der 2. Klasse mit Niederflureinstieg und erweitertem Lichtraumprofil sowie einem kombinierten Wagen für die 1. Klasse und einem Bistro und ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausgelegt. Zur Zeit werden die Zugumläufe geplant, um die dem DB AG-Regionalbereich Berlin/Brandenburg in Aussicht gestellten 28 Zugeinheiten effektiv einzusetzen.
Vorrangig für die StadtExpress-Linien um Berlin und Cottbus soll ab etwa 1999 der neue elektrische Triebzug ET 425/426 eingesetzt werden. Für den Betrieb auf den Nebenbahnen entscheidet sich die DB AG voraussichtlich für die Produkte Talent (Talbot) und GTW2/6 (ADtranz. DWA). Letzterer ist ein kurzkoppelbarer modularer Triebwagen mit wahlweisem elektrischem und dieselelektrischem Antrieb, so daß Flügellinien betrieben werden können. Neueste Erfahrungen lassen allerdings erkennen, daß im Regionalverkehr bei Dieselbetrieb selbst bei vorhandener Fahrleitung oftmals günstigere Betriebskosten entstehen als bei elektrischem Betrieb.
In der nächsten Zeit sind weitere Angebotserweiterungen absehbar: Noch 1997 sollen die neuen Haltepunkte "Schwedt ZOB" (ZOB = Zentraler Omnibusbahnhof) und "Jänschwalde" (als Ersatz für Peitz Ost) entstehen. Um die Bahnsteigkapazität in Berlin-Charlottenburg zu erhöhen, werden die beiden äußeren Gleise zum Durchfahren und die beiden mittleren Gleise zum Wenden für die zukünftigen SE-Linien aus Nauen. Rathenow und Belzig benutzt. Der RE 1 verkehrt weiterhin ohne Halt zwischen Berlin-Wannsee und Berlin Zoologischer Garten, obwohl der Berliner Senat die Wiederherstellung des Haltes in Berlin-Charlottenburg einfordert.
Der Fahrplan des RE 1-Ost ist dagegen auf Zukunft geplant. Geänderte Kehrzeiten in Berlin Hauptbahnhof sollen jederzeit eine Verdichtung des Angebotes auf einen Halbstundentakt zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) ermöglichen. Auch der Süden Brandenburgs setzt auf neue Direktverbindungen: Ab September 1996 werden die heutigen Regionalbahn-Linien RB 43 (Herzberg - Falkenberg) und RB 47 (Falkenberg - Finsterwalde - Cottbus) sowie die RB 44 (Cottbus - Ruhland - Falkenberg) und KBS 216 (Falkenberg - Dessau) miteinander verknüpft. Damit entstehen attraktive Bahnverbindungen innerhalb des Landkreises Elbe-Elster und zum Oberzentrum Cottbus.
Deutscher Bahnkunden-Verband
Landesverband Brandenburg
aus SIGNAL 5/1996 (Juli 1996), Seite 16