Reise- und Ausflugsverkehr

Anmerkungen zum DB-Fernverkehr 1997/98

Erwartungsgemäß sind die Änderungen zum Jahresfahrplan 1997/98 relativ gering, da wichtige Bauvorhaben wie die Neubaustrecke Berlin - Hannover und die Sanierung der Stadtbahn, die durchgreifende Verbesserungen im Bahnverkehr ermöglichen werden, erst zum oder während des Jahresfahrplanes 1998/99 abgeschlossen werden. Eine Ausnahme bildet lediglich die Strecke Berlin - Hamburg.


IGEB

1. Jun 1997

Eine wichtige Änderung für die Bahnkunden bedeutet die Sperrung des Hauptbahnhofs für den Fern- und Regionalbahnverkehr seit dem 1. Juni. Für die Dauer eines Jahres sollen die Bahnanlagen im östlichen Teil des Hauptbahnhofs - ohne Beeinträchtigung durch den laufenden Betrieb - saniert werden. Als Ersatz wurde für die Züge des RE l (Ost) ein Behelfsbahnsteig am S-Bahnhof Warschauer Straße errichtet, während die übrigen bislang am Hauptbahnhof beginnenden bzw. endenden Fern- und Regionalzüge nun zum Bahnhof Berlin-Lichtenberg geleitet werden.

Andererseits wird auch im diesjährigen Fahrplanabschnitt Potential zur kurzfristigen Verbesserung des Bahnangebots nach wie vor nicht genutzt, z.B. die von den Fahrgastverbänden vorgeschlagenen Systemhalte in Blankenfelde (IR-Züge) und Schöneweide (IC-/IR-Züge).

Auf den einzelnen Relationen von/nach Berlin ergeben sich im Fernverkehr folgende Veränderungen:

Berlin - Hannover - Köln
(Kursbuch-Tabelle 5)

Die IC-Züge wurden im Abschnitt Berlin - Köln durch die neuen Triebzüge vom Typ ICE 2 ersetzt. Angeboten wird weiterhin ein 2-Stunden-Takt bei praktisch unveränderten Fahrzeiten. Die Züge dieser ICE-Linie 10 fahren westlich von Dortmund über Essen und Duisburg, womit die bisherigen Direktverbindungen nach Hagen, Wuppertal und Solingen-Ohligs entfallen sind. Die Umstellung auf ICE bedeutet für die Bahofkunden leider auch eine Verteuerung des Angebotes, ohne daß damit gleichzeitig eine wesentliche Verbesserung (keine verkürzten Fahrzeiten, dagegen Komforteinschränkungen durch ausschließlichen Einsatz von Großraumwagen in der 1. und 2. Klasse) verbunden ist.

Berlin - Braunschweig - Frankfurt am Main - München
(Kursbuch, Tabelle 6)

Die Züge der ICE-Linie 6 (Berlin Zoologischer Garten - Frankfurt am Main - Stuttgart - München) halten wieder alle in Braunschweig. ICE 698 Frankfurt am Main ab um 5.12 Uhr, Berlin Zoologischer Garten an um 10.03 Uhr, fährt im neuen Fahrplanabschnitt täglich.

Hamburg - Nauen - Berlin - Dresden/München
(Kursbuch-Tabelle 8) und
Berlin - Hamburg - Kopenhagen
(Kursbuch-Tabelle A3)

Bedingt durch die Fertigstellung der Baumaßnahmen zwischen Berlin-Charlottenburg und Nauen sowie die durchgehende Elektrifizierung der Strecke Berlin - Hamburg ist in dieser Relation das Angebot durch wiederum verkürzte Fahrzeiten und eine Erhöhung des Zugangebotes attraktiver geworden. Der bislang für die Bespannung der Züge mit Diesellokomotiven notwendige Betriebshalt in Nauen entfiel, zusätzlich auch für die EC-Zugpaare der Relation Prag - Dresden - Berlin-Lichtenberg - Hamburg.

Die kürzeste Fahrzeit zwischen Berlin und Hamburg beträgt jetzt 2 h 20 min bzw. 2 h 29 min in der Gegenrichtung, was eine Fahrzeitverkürzung von 18 bzw. 10 min bedeutet. Mit einem ICE-Zugpaar, das mangels ausreichender Kapazität in der Wartungsanlage Grunewald nach Hamburg überführt werden muß und nicht in Berlin-Spandau und Wittenberge hält, wird auf der Fahrt von Hamburg nach Berlin sogar eine Fahrzeit von nur 2 h 14 min erreicht, so daß die Fahrzeit des legendären "Fliegenden Hamburgers" in den 30er Jahren um 3 Minuten unterboten wird.

Daß die Bahn schon jetzt noch schneller fahren kann, bewies die ICE-Sonderfahrt am 29. Mai zur Taufe des "Fliegenden Hamburgers". Dieser benötigte nur 2 h 5 min. Würde diese Fahrzeit planmäßiggefahren, würden sich die Nutzen-Kosten-Rechnungen für den Transrapid weiter verschlechtern. Um der Magnetbahn überhaupt eine Chance zu geben, erfolgte der Streckenausbau Berlin - Hamburg entgegen der ursprünglichen Planung nicht für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h, sondern nur für 160 km/h. Die Sonderfahrt zeigte nun, daß trotz dieser Restriktion schneller, als im Fahrplan vorgesehen ist, gefahren werden kann. Dies gilt natürlich nicht nur für den ICE, sondern auch für die anderen IC/EC-Züge, wie die Bahn inzwischen einräumte. So wurde - versehentlich oder absichtlich? - deutlich, wie nach dem reduzierten Streckenausbau nun über die Fahrplangestaltung ein weiteres Mal zugunsten der Transrapidrechnungen manipuliert wird - auf dem Rücken der Reisenden.

Foto: Marc Heller
Foto: Marc Heller
Getrübt wurde die Eröffnungsfreude durch den unverantwortlichen Zustand des neuen Bahnhofs Spandau. Noch nicht einmal die provisorischen Wartehäuschen mit den vorerst einzigen Überdachungen und Sitzmöglichkeiten standen zur Verfügung. Bei den Zugzielanzeigern funktionierte nur die Uhr, und überall lösten sich die neu verlegten Bahnsteigplatten. Welches Unternehmen würde seinen Kunden zur Laden- oder Büroeröffnung solche Zustände zumuten? Foto: Marc Heller

Die durchgehende Verbindung Berlin - Hamburg - Kopenhagen (EC 182/183) gibt es nur bis zum 27. September. Bedingt durch den Einsatz neuer Doppelend-Fährschiffe und den Einsatz von Dieseltriebwagen des Typs IC-3 der Dänischen Staatsbahnen wird die Fahrzeit Hamburg Hbf - Kopenhagen zwar deutlich verkürzt, der Umsteigezwang in Hamburg Hbf ist für die Bahnkunden von und nach Berlin allerdings unbefriedigend. Als Ersatz für o.g. EC-Zugpaar wird ab 28. September zwischen Berlin Zoologischer Garten und Hamburg-Altona IC 708/709 eingesetzt, bei praktisch unveränderten Fahrzeiten.

Neu ist bei den Tagesverbindungen IC 812/813 (Hamburg - Berlin - Garmisch-Partenkirchen/Seefeld in Tirol) neben dem bereits bestehenden Halt in Hamburg-Bergedorf ein Halt in Büchen. Neu ist ebenfalls die Durchbindung des Zugpaares EC 174/175 Budapest - Dresden über Berlin-Lichtenberg hinaus bis Hamburg-Altona. Zwischen Dresden Hbf und Berlin Zoologischer Garten wird die Fahrzeit vom Zugpaar ICE 678/679 "Elbe-Kurier" geringfügig auf 2 h 5 min, in der Gegenrichtung 2 h 4 min gekürzt, dies bedeutet eine Beschleunigung um 7 bzw. 4 Minuten. Für die in der Relation Berlin-Lichtenberg - Dresden eingesetzten IC-/EC-Züge ergeben sich Fahrzeitreduzierungen von 5 min, in der Gegenrichtung allerdings nur von 3 min.

In der Relation Berlin - Saalfeld - Nürnberg - München werden die Fahrzeiten im IC-Verkehr dagegen im Vergleich zur derzeitigen Situation etwas gestreckt, obwohl der verlängerte Aufenthalt in Berlin-Wannsee, bisher bedingt durch die Diesellokbespannung auf dem Abschnitt Berlin Zoologischer Garten - Nauen, nun reduziert werden konnte.

Die durchgehende Verbindung Berlin - Erfurt - Würzburg mit IR 2202/2203 "Rennsteig" entfiel bzw. wird neu in der Relation Erfurt - Würzburg - Stuttgart geführt.

Lübeck/Hamburg - Berlin - Görlitz
(Kursbuch-Tabelle 21)

Neu angeboten wird eine InterRegio-Verbindung in der Relation Wismar - Bad Kleinen - Schwerin - Wittenberge - Berlin Zoologischer Garten (IR 2034/2035) und ab 28. September eine IR-Verbindung zwischen Lübeck und Berlin-Lichtenberg über o.g. Laufweg (IR 2036/2037).

Rostock - Berlin - Dresden/Chemnitz
(Kursbuch-Tabelle 30)

Die Gesamtfahrzeit der InterRegio-Züge Rostock - Berlin - Chemnitz erhöht sich um 18 min auf 5 h 37 min, in der Gegenrichtung um 15 min auf 5 h 32 min. In der Relation Rostock - Berlin - Dresden verlängert sich die Fahrzeit ausschließlich in dieser Richtung um 17 min auf 5 h 6 min. Längere Fahrzeiten ergeben sich speziell in der Richtung Berlin-Lichtenberg - Rostock bzw. durch größere Aufenthaltszeiten der IR-Züge in der Gegenrichtung im Bahnhof Lichtenberg.

Ein gutes Angebot speziell für Tagestouristen, die von Berlin an die Ostsee wollen, ist seit 1. Juni die Frühverbindung von Berlin-Lichtenberg (ab 6.47 Uhr) über Rostock nach Warnemünde (an 9.57 Uhr) mit IR 2378.

Berlin - Stralsund
(Kursbuch-Tabelle 31)

Erfreulich ist die Reduzierung der langen Aufenthaltszeit in Stralsund von 25 min im vergangenen Fahrplanabschnitt auf jetzt 14 min bei IR 317 "Kurt Tucholsky" (Malmö - Berlin-Lichtenberg). In einigen Fällen haben sich die Aufenthaltszeiten in Stralsund bei den durchgehenden Zügen der Relation Rügen - Berlin allerdings auch erhöht. Wünschenswert aus Sicht der Bahnkunden wäre die Einrichtung einer Frühverbindung Berlin - Binz bzw. einer Spätverbindung in der Gegenrichtung, um auch in dieser Relation attraktive Tagestouren zu ermöglichen.

Berlin/Hamburg - Niederlande - London
(Kursbuch-Tabelle H4)

Die InterRegio-Züge der Relation Berlin Zoologischer Garten - Hannover - Amsterdam - Schiphol erhalten neu Verkehrshalte in Potsdam Stadt und Brandenburg. Das bestehende Nachtschnellzugpaar D 340/341 "Amstelland" wird in einen IR umgewandelt. Die Fahrzeiten der Tages-InterRegios werden sich in dieser Relation um rund 20 min verlängern.

IGEB

aus SIGNAL 4/1997 (Juni 1997), Seite 12-13