Planung und Betrieb

Empfehlungen für Angebots- und Qualitätsstandards

In seiner Sitzung am 22. April 1997 hat der VBB-Fargastbeirat (siehe SIGNAL 1/97) Empfehlungen für Angebots- und Qualitätsstandards einstimmig beschlossen. Hinsichtlich der Angebotsstandards sollen diese Empfehlungen unter Berücksichtigung der Nahverkehrspläne Grundlage der zu bestellenden Verkehrsleistungen werden. Bezüglich der Qualitätsstandards empfiehlt der Fahrgastbeirat, die entsprechenden Inhalte in die Ausschreibungen und Vertragsgestaltungen bei der Vergabe von Leistungen an die Verkehrsunternehmen einfließen zu lassen.


VBB-Fahrgastbeirat

1. Jun 1997

1. Angebotsstandards

(1) Als Bezugsbasis zur Festlegung der Mindestbedienstandards dienen die zentralörtliche Gliederung und die Erreichbarkeitskriterien entsprechend den Festlegungen nach dem Landesentwicklungsplan und den Regionalplänen.

(2) Teilflächen oder Ortsteile mit mindestens 100 Einwohnern, Gewerbegebiete mit mindestens 250 örtlichen Arbeitsplätzen und Ziele des Freizeit- oder Einkaufsverkehres mit mindestens 250 täglichen Gästen müssen mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen werden. Teilflächen sind räumlich selbständige Siedlungsgebiete einer Gemeinde.

(3) Selbständige Gemeinden sowie abgrenzbare Ortsteile, welche nicht die Bedingungen des Abs. 2 erfüllen, sind durch Sonderformen des ÖPNV angemessen nach Abs. 7 zu erschließen.

(4) Die Erreichbarkeit zentraler Orte und sonstiger raumbedeutsamer Ziele ist durch ein Mindestangebot an Verbindungen sicherzustellen. Folgendes Mindestangebot an Werktagen außer Samstagen ist grundsätzlich zu schaffen:

Die Erreichbarkeit setzt voraus, daß Hin- und Rückfahrt sowohl innerhalb eines Halbtages- als auch eines Ganztageszeitraumes gewährleistet ist. Eine Rückfahrmöglichkeit nach 22 Uhr ist vorzusehen. Das Verkehrsangebot an Samstagen, Sonn- und Feiertagen darf nicht mehr als 20% unter dem der Verkehrstage Montag bis Freitag liegen.

(5) Die Netzstruktur des gesamten ÖPNV auf Schiene und Straße ist so zugestalten, daß an Verknüpfungspunkten zwischen einzelnen Linien und Verkehrsträgern eine optimale Anschlußgewährung bis hin zum integralen Taktfahrplan möglich ist.

(6) Mit Angeboten des Schienenpersonennahverkehrs und sonstigem schienengebundenem Öffentlichem Personennahverkehr sollen zumindest bedient werden:

(7) Zur Erfüllung der Mindestbedienstandards können bedarfsgesteuerte Verkehrssysteme herangezogen werden. Bedienungsangebote wie z.B. Nachtverkehre, Rufbusse und Sammeltaxen sind dann vorzusehen, wenn es die verkehrlichen Verhältnisse erfordern.

2. Platzangebot

Das Platzangebot soll so bemessen sein, daß der mittlere Besetzungsgrad in der Spitzenstunde in Lastrichtung 65% nicht überschreitet. In der Normalverkehrszeit soll der Besetzungsgrad (unter Zugrundelegung von maximal 4 Personen je m²) als Mittelwert über die Stunde 50% nicht überschreiten. Für Fahrten über 10 Minuten Beförderungszeit soll jedem Fahrgast ein Sitzplatz zur Verfügung stehen.

3. Anschlußsicherung

An wichtigen Umsteigehaltestellen im Netz sind für die jeweiligen Hauptumsteigebeziehungen Anschlüsse fahrplanmäßig herzustellen (Ausnahme: bei Fahrplantakten unter 10 Minuten). Die Sicherung der Anschlüsse - auch zwischen unterschiedlichen Verkehrsmitteln oder Verkehrsunternehmen - ist z.B. durch Funk bzw. rechnergestützte Betriebsleitsysteme zu gewährleisten.

4. Anforderungen an bauliche Anlagen und Fahrzeuge

Die baulichen Anlagen, Fahrzeuge und Angebote sind fahrgastfreundlich zu gestalten. Mobilitätsbehinderte Personen und Personen mit Kinderwagen sollen durch entsprechende Gestaltung der Fahrzeuge und der baulichen Anlagen die öffentlichen Verkehrsmittel ohne fremde Hilfe nutzen können.

5. Anforderungen an das Personal der Verkehrsunternehmen

Das von den Verkehrsuntemehmen eingesetzte Personal ist hinsichtlich des Gesamtverkehrs- und Tarifangebotes des VBB zu qualifizieren. Hinsichtlich des Umganges mit Fahrgästen sind durch regelmäßige Schulungen die Voraussetzungen für ein kundenorientiertes Verhalten des Personals zu schaffen.

6. Fahrgastsicherheit

Den Sicherheitsbedürfnissen aller Fahrgäste ist bei der Gestaltung der baulichen Anlagen und der Fahrzeuge besonders Rechnung zu tragen. Alle Zugangsstellen zum schienengebundenen Verkehr sind mit Personal oder mit technischem Einrichtungen auszustatten, die zu allen Tageszeiten ein ausreichendes subjektives Sicherheitsgefühl vermitteln. Durch den Einsatz von Sicherheitspersonal ist das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste auch während der Schwachverkehrszeiten zu gewährleisten. Das Sicherheitspersonal ist hinsichtlich des Umganges mit Fahrgästen auszubilden und soll auch für Verkehrs- und Tarifauskünfte zur Verfügung stehen.

7. Pünktlichkeit

Die Verkehrsuntemehmen haben zu gewährleisten, daß die fahrplanmäßig vorgesehenen Verkehrsleistungen zuverlässig und pünktlich erbracht werden. Für alle Verkehrsmittel sind Pünktlichkeitsgrade zu vereinbaren. Für die Regional-, S- und U-Bahn-Verkehre ist ein Pünktlichkeitsgrad von > 95% sicherzustellen. Die Nichteinhaltung muß sanktioniert werden.

8. Sauberkeit

Die S- und U-Bahnhöfe sowie die Regionalbahnhöfe sind täglich zu reinigen. (Ausnahme: schwach frequentierte Haltepunkte der Regionalbahn). Grobe Verunreinigungen der Bahnhöfe und der Fahrzeuge sind sofort zu entfernen. Die Fahrzeuge sind mehrmals täglich zu säubern (an den Endbahnhöfen bzw. Endhaltestellen), sie sind täglich zu fegen und zu wischen, eine Grundreinigung hat mindestens monatlich zu erfolgen. Eine Außenwäsche der Fahrzeuge muß mindestens wöchentlich durchgeführt werden.

9. Fahrkartenverkauf

Grundsätzlich muß in allen Fahrzeugen bzw. auf allen Bahnhöfen der Erwerb von Einzelfahrscheinen, Sammelkarten und Tageskarten für das gesamte Verbundgebiet möglich sein. Darüber hinaus ist der Erwerb von (allen) Zeitkarten an allen wichtigen Umsteigepunkten zu gewährleisten. Ferner soll ein dichtes Netz von Verkaufsstellen eingerichtet werden.

10. Fahrradbeförderung

Die Mitnahme von Fahrrädern soll bei allen Schienenverkehrsmitteln im Rahmen der technischen Gegebenheiten grundsätzlich zulässig sein. Bei der Anschaffung (oder beim Umbau) von S- Bahn-, U-Bahn- und Straßenbahnfahrzeugen soll berücksichtigt werden, daß je Fahrzeug mindestens zwei Fahrräder an besonderen Plätzen sicher abgestellt werden können. Im Regionalverkehr soll in jedem Zug ein ausreichendes Platzangebot für Fahrräder zur Verfügung stehen. Das Ein- und Ausladen der Fahrräder muß ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe möglich sein.

11. Mindestausstattung von Haltestellen

Folgende Mindestausstattung ist an allen Haltestellen des Bus- und Straßenbahnverkehrs vorzusehen:

12. Mindestausstattung von Bahnhöfen, Haltepunkten sowie S- und U-Bahnhöfen

Zusätzlich zu der unter 11. genannten Ausstattung ist an den Bahnhöfen, Haltepunkten, sowie S- und U-Bahnhöfen folgende Mindestausstattung vorzusehen:

13. Beschwerdestelle

Bei der Verbundgesellschaft ist eine Vorschlags- und Beschwerdestelle einzurichten, die den Fahrgästen für Anregungen und Kritik zur Verfügung steht. Mit den Verkehrsunternehmen ist ein geeignetes Verfahren abzusprechen, um ggf. die Vorschläge umzusetzen bzw. den Anlaß der Beschwerde abzustellen. Für den Fall von wiederholten Verstößen gegen vertragliche Regelungen bzw. bei sonstigem Fehlverhalten der Verkehrsuntemehmen sind entsprechende Sanktionsmöglichkeiten vertraglich festzulegen. Dem VBB-Fahrgastbeirat ist quartalsweise eine Auswertung der Beschwerdestatistik zur Verfügung zu stellen.

Matthias Horth
Vorsitzender des VBB-Fahrgastbeirates

VBB-Fahrgastbeirat

aus SIGNAL 4/1997 (Juni 1997), Seite 16-17