Planung und Betrieb
Der vom Bezirk Schöneberg initiierte „Runde Tisch“ zum Bahnhof Papestraße, zuletzt meist Südkreuz und künftig wahrscheinlich Südbahnhof genannt, hat wieder getagt (siehe auch SIGNAL 3/97). Am Dienstag, dem 22. April 1997 wurden von dem im Auftrag der DB AG tätigen Architekturbüro JSK Perkins und Will die gegenüber der Ursprungsplanung deutlich reduzierten Entwürfe zu diesem Bahnhof vorgestellt.
1. Jun 1997
Grundsätzlich orientiert sich die Bahnhofsplanung stark an den Vorgaben durch die Bahntrassen. Neue Empfangshallen sollen dabei unter den Ringbahngleisen sowohl auf Schöneberger Seite (Zugang Naumannstraße) als auch auf Tempelhofer Seite (Zugang Werner-Voß-Damm) erstellt werden, ebenso auch entsprechende Vorplätze (Bus-, Taxen-, Pkw-Vorfahrten). In den Empfangshallen sind die Service-Einrichtungen für die Reisenden untergebracht, z.B. das Reisezentrum. Da die Schöneberger Seite eine höhere Bedeutung erhalten soll, sind Vorfahrt und Empfangshalle hier großzügiger als auf der Tempelhofer Seite geplant. Von beiden Empfangshallen aus gelangen die Reisenden künftig über Treppen, Fahrtreppen und Aufzüge direkt auf den Ringbahnsteig, der gegenüber seiner jetzigen Lage Richtung Westen über die geplanten Bahnsteige der Nord-Süd-Trasse verschoben wird.
Vorgesehen sind für die Nord-Süd-Richtung ein S-Bahnsteig mit 16 m Breite und drei Bahnsteige für den Fen-/Regionalbahnverkehr mit jeweils 11 m Breite, wobei diese Bahnsteige ihren Zugang ebenfalls über Treppen, Fahrtreppen und Aufzüge direkt über den Ringbahnsteig erhalten. Dem Ringbahnsteig wird somit künftig einerseits die Verteilerfunktion der Fahrgastströme im Bahnhof, andererseits auch - als Ersatz für die aufgegebene Passerellen-Planung - eine Verbindungsfunktion zwischen den Bezirken Schöneberg und Tempelhof zukommen, was mit einer geplanten Breite von 35 m berücksichtigt ist. Erreicht wird dies durch eine entsprechende Aufweitung der S-Bahn-Trasse Richtung Norden. Dennoch ist diese Lösung für die Fußgänger eine deutliche Verschlechterung gegenüber der bisher geplanten, ohne Treppenstufen durchquerbaren Passerelle.
Bereits beim l. Runden Tisch war von der DB AG angekündigt worden, den künftigen Südbahnhof aufgrund seiner Lage nahe dem Schöneberger Autobahnkreuz zum "Autofahrer-Bahnhof" Berlins ausbauen zu wollen. Aus diesem Grund ist der Bau eines viergeschossigen Parkhauses mit insgesamt 2.400 Stellplätzen vorgesehen. Dieses Parkhaus wird über der Nord-Süd-Bahn-Trasse sowohl nördlich als auch südlich der Ringbahn angeordnet. Die Längsausdehnung beträgt insgesamt ca. 350 m! Seitens des DB AG-Vertreters, Herrn Ulrich Langner, wurde allerdings angemerkt, daß es bezüglich der Stellplatzzahl in Abhängigkeit von den Ergebnissen des z.Z. noch in Arbeit befindlichen Verkehrsgutachtens noch Änderungen geben kann. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß der Bau eines Regionalbahnsteigs an der Ringbahn trotz der Parkhausplanung als Option erhalten bleibt.
Für die Realisierung des Bahnhofs kann - abgesehen von den Vorplätzen - ausschließlich Bahngelände genutzt werden. Das bestehende, durchaus denkmalwerte Empfangsgebäude des S-Bahnhofs Papestraße wird im Rahmen der Baumaßnahmen allerdings abgerissen werden.
Herr Fechner von der Magnetbahn-Planungsgesellschaft bestätigte noch einmal, daß der Lehrter Zentralbahnhof als Endpunkt für den Transrapid - gerade auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Prüfung des Projekts -Priorität habe gegenüber dem Südbahnhof. Deshalb wird der Transrapid bei den laufenden Planungen zum Südbahnhof nicht berücksichtigt.
Hinsichtlich der Realisierung des Südbahnhofes wurde berichtet, daß mit den Baumaßnahmen frühestens im Herbst 1998 begonnen wird. Voraussetzung ist dafür natürlich ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluß. Die Einleitung des zuvor erforderlichen Planfeststellungsverfahrens ist für Mitte 1997 geplant und soll ca. 15 Monate dauern. Die Inbetriebnahme des Südbahnhofs ist offiziell weiterhin für das Jahr 2002 vorgesehen, wobei eingeräumt wurde, daß zu diesem Zeitpunkt möglicherweise nicht alle Baumaßnahmen abgeschlossen sind.
Unserer Einschätzung nach wurde mit dem überarbeiteten JSK-Entwurf eine unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten akzeptable Lösung gefunden. Unbefriedigend ist am derzeitigen Planungsstand, daß eine Erschließung im Busverkehr nur unzureichend berücksichtigt wurde bzw. noch keine Abstimmungsgespräche mit der BVG stattfanden. Abzulehnen ist die Dominanz des Autos bei der geplanten Erschließung des Bahnhofs. Leider nicht näher erläutert wurde - vom Reisezentrum einmal abgesehen - der Umfang der Service-Einrichtungen, die im Bahnhof untergebracht werden sollen. Gerade angesichts der prognostizierten 200.000 Nutzer pro Tag muß diesem Bereich besondere Beachtung zukommen. Dazu zählen Informations- und Verkaufsstellen für den städtischen Nahverkehr, Touristeninformation, Zimmervermittlung, Bahnhofs-Buchhandel, gastronomische Angebote und vieles mehr.
IGEB
aus SIGNAL 4/1997 (Juni 1997), Seite 18