Fernverkehr
17. Dez 2014
Die Beschwerdeführerin ist mexikanische Staatsbürgerin und hielt sich zu Besuch in Deutschland auf. Sie spricht nur spanisch und französisch. Der Freund der Beschwerdeführerin buchte für sie eine Fahrkarte für eine Fahrt von Dresden nach Paris. Er erwarb für sie ein Online-Ticket und gab auf diesem Ticket die Beschwerdeführerin als Reisende an. Als Identifikationsnachweis war die Visa-Karte der Beschwerdeführerin genannt.
Bei der Fahrkartenkontrolle habe der Zugbegleiter die Beschwerdeführerin auf Englisch nach ihrer Kreditkarte gefragt. Diese Aufforderung habe sie aber nicht verstanden und stattdessen dem Zugbegleiter erklärt,
dass ihr Freund die Fahrkarte für sie erworben habe. Der Zugbegleiter nahm die Kreditkarte der Beschwerdeführerin entgegen, ohne diese mit dem Online-Ticket abzugleichen und verkaufte ihr eine neue Fahrkarte zu einem Preis von 101,20 Euro.
Der Freund der Beschwerdeführerin wandte sich an das Verkehrsunternehmen und machte die Erstattung der Kosten für die nachgekaufte Fahrkarte geltend, da die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Kontrolle im Besitz einer gültigen Fahrkarte gewesen sei.
Das Verkehrsunternehmen reagierte mehrere Monate nicht auf den Erstattungsantrag des Freundes der Beschwerdeführerin. Daher wandte er sich an die söp und bat um Prüfung und Durchführung eines Schlichtungsverfahrens.
Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführerin und kam zu dem Ergebnis, dass sie einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die im Zug nachgekaufte Fahrkarte hat.
Die Beförderungsbedingungen für den Internetverkauf von Fahrkarten bestimmen, dass das Online-Ticket als persönliche Fahrkarte nicht übertragbar ist und nur in Verbindung mit der bei der Buchung angegebenen ID-Karte gültig ist. Bei Alleinreisen müssen Reisender und ID-Karten-Inhaber identisch sein. Kann bei der Fahrkartenprüfung keine auf den Namen des Reisenden lautende ID-Karte vorgelegt werden, liegt eine Reise ohne gültige Fahrkarte vor.
Zwar buchte der Freund der Beschwerdeführerin das Ticket. Das Online-Ticket war aber auf den Namen der Beschwerdeführerin ausgestellt und enthielt auch die Kreditkartennummer der Beschwerdeführerin als angegebene ID. Diese Kreditkarte führte die Beschwerdeführerin auf der Fahrt bei sich. Offenbar ging der Zugbegleiter ohne nähere Prüfung aufgrund der Sprachschwierigkeiten davon aus, dass das Online-Ticket nicht vorschriftsmäßig verwendet wird und verkaufte eine neue Fahrkarte. Allerdings hätte er bei einem Vergleich der von der Beschwerdeführerin ausgehändigten Kreditkarte erkennen können, dass es sich bei der vorgezeigten Kreditkarte um die ID handelt, die auch auf dem Online-Ticket angegeben war. Darüber hinaus bezahlte die Beschwerdeführerin die Fahrkarte im Zug mit der auf dem Online-Ticket angegebenen Kreditkarte.
Die Schlichtungsstelle kam daher zu dem Ergebnis, dass der Neukauf der Fahrkarte nicht erforderlich gewesen ist, so dass der Beschwerdeführerin Fahrtkosten in Höhe von 101,20 Euro zu erstatten sind. Warum der Erstattungsantrag von dem Verkehrsunternehmen nicht bearbeitet wurde, konnte die Schlichtungsstelle nicht feststellen.
Das Verkehrsunternehmen stimmte dem Vorschlag zu und veranlasste eine Erstattung in Höhe von 101,20 Euro. Darüber hinaus entschuldigte sich das Verkehrsunternehmen für die lange Bearbeitungszeit. Aufgrund einer technischen Störung sei der Antrag nicht bearbeitet worden. Die Beschwerdeführerin zeigte sich mit der Erstattung und der Entschuldigung einverstanden.
Dr. Katja Schmidt
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
aus SIGNAL 6/2014 (Dezember 2014), Seite 8