Schienenverkehrswochen 2014

Mehr Fahrgäste erfordern mehr Fahrzeuge

Bericht vom Fahrgast-Sprechtag U-Bahn 2014


Jens Fleischmann

17. Dez 2014

Zu den Schienenverkehrs-Wochen 2014 gehörte natürlich auch wieder ein Fahrgast-Sprechtag zur Berliner U-Bahn. Auf Einladung des Berliner Fahrgastverbands IGEB kamen für die BVG Christoph Boisserée, Abteilungsleiter Fahrzeuge U-Bahn, Winfried Otto, Betriebsleiter U-Bahn, sowie Detlef Brook und Michael Gruhn vom Baubetriebsmanagement der U-Bahn, um über aktuelle Themen zu berichten und sich den Fragen des Publikums zu stellen.

Kennzahlen

2013 hat die Berliner U-Bahn 510 Millionen Fahrgäste befördert. Mit 1242 Wagen, verteilt auf 16 Baureihen/Typen, wurden 20,7 Millionen Nutzzugkilometer und 119,6 Millionen Nutzwagenkilometer geleistet. Die Pünktlichkeit betrug 97,3 Prozent und die Zuverlässigkeit 99 Prozent. 2013 arbeiteten 1894 Personen im U-Bahn-Bereich.

Fahrzeuge

Die Fahrzeugertüchtigung der Baureihe F76 läuft planmäßig. Der Prototyp-Doppeltriebwagen (DTw) 2622/2623 wurde am 17. Juli 2014 von der Technischen Aufsichtsbehörde (TAB) abgenommen und ist seit 19. Juli störungsfrei im Einsatz. Mitte September folgte mit dem DTw 2602/2603 das erste Serienfahrzeug und Mitte Oktober mit DTw 2586/2587 bereits das zweite.

Im April 2014 begann die Fertigung der Prototypen der neuen Kleinprofilbaureihe IK und im August erfolgte der Abschluss der Endmontage. Die beiden Prototypen werden im Februar 2015 ausgeliefert und dann umfangreich – später auch im Fahrgasteinsatz – getestet. Für den November

ANZEIGE

2016 ist der Beginn der Fertigung von 24 Serienfahrzeugen geplant, die zwischen Dezember 2017 und November 2018 ausgeliefert werden sollen. Es besteht eine Option auf 10 weitere Fahrzeuge, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch gezogen wird. Wann dies geschehen wird, ist allerdings noch nicht entschieden.

U 5 am Alexanderplatz während des GDL-Streiks der Lokführer bei der Deutschen Bahn. Doch nicht nur in solchen Sondersituationen kommt die U-Bahn immer öfter an ihre Kapazitätsgrenze. Größtes Problem: Verkürzte Züge durch Fahrzeugmangel. Foto: Tom Gerlich (15. Oktober 2014).

Weitere Neufahrzeuge, dann auch wieder für das Großprofil, sollen im Rahmen des Projekts „bedarfsgerechte und zukunftssichere Beschaffung von Schienenfahrzeugen“ erfolgen, welches ab 2018 für zunächst 15 Jahre laufen soll und die Straßenbahn einschließt. Dabei sollen jährlich 150 Millionen Euro in Neufahrzeuge investiert werden, von denen drei Viertel (ca. 112,5 Mio Euro) der U-Bahn zugute kämen. Damit soll die Finanzierung durch den Aufgabenträger langfristig gesichert und ein verbessertes Kostenniveau bei der Beschaffung erreicht werden.

Für dieses Projekt erfolgt eine Fahrzeugbedarfsermittlung und eine Festlegung der Fahrzeugkonfiguration (2-, 4- oder 6-Wagen-Züge) sowie eine Bewertung der Auswirkungen auf den Betrieb und die Infrastruktur und das Herausstellen eines optimalen Werkstattkonzepts für die neuen Fahrzeuggenerationen. Zusätzliche neue Fahrzeuge sind auch mehr als notwendig, zumal der Altersdurchschnitt der Fahrzeuge momentan bei 26 Jahren liegt und ein weiteres Wachstum des U-Bahn-Verkehrs um 6 Prozent bis 2033 prognostiziert wird.

Für die Lieferung der umstrittenen neuen Kunstschalensitze wurde der Zuschlag erteilt. Die ersten Mustersitze werden noch 2014 erwartet. Die Ausstattung der Fahrzeuge soll dann im ersten Quartal 2015 mit der Baureihe F76E beginnen. Die Baureihe F74E und alle bis dahin ertüchtigten Fahrzeuge der Baureihe F76E behalten vorerst ihre Polstersitze.

Infrastruktur und Baumaßnahmen

Am 15. Mai 2014 erfolgte das Richtfest der neuen Betriebsleitstelle auf dem Gelände der U-Bahn-Betriebswerkstatt Friedrichsfelde. Ende August 2015 soll der Umzug von der Potsdamer Straße in das neue Gebäude erfolgen. Erstmals sind dann Klein- und Großprofil in einem Raum vereint.

Die Baumaßnahmen auf der südlichen U 8 zwischen Boddinstraße und Hermannstraße befinden sich im Abschluss. Bereits seit 25. August wird der Abschnitt wieder befahren, zunächst nur eingleisig und nur alle 10 Minuten. Ab Mitte Oktober 2014 steht das zweite Gleis zur Verfügung, womit das volle Betriebsprogramm aufgenommen werden kann. Eine neue Einschränkung auf der U 8 ist jedoch bereits für Ende November angekündigt. Bis Mitte Dezember erfolgt zwischen Osloer Straße und Voltastraße eine Vollsperrung mit Schienenersatzverkehr (SEV).

Im Jahr 2014 wurden und werden die Dammabschnitte auf der U 5 und U 6 saniert und die Tunnel im Bereich Vinetastraße (U 2), Bismarckstraße/Hardenbergstraße (U 2), Rüdesheimer Platz (U 3), Rathaus Schöneberg (U 4), Bw Friedrichsfelde (U 5), Mehringplatz (U 6), Chausseestraße (U 6) und Leinestraße (U 8) von außen abgedichtet. Die Abdichtungen haben in der Regel auf den U-Bahn-Verkehr keine Auswirkung. Zur Grundinstandsetzung stehen noch 2014 folgende Bahnhöfe an: Afrikanische Straße (U 6), Bismarckstraße (U 2/U 7), Blaschkoallee (U 7), Kaiserin-Augusta-Straße (U 6), Kurt-Schumacher-Platz (U 6) und Wutzkyallee (U 7).

Ende 2013 waren 111 Bahnhöfe mit 137 Aufzügen und 9 Rampen versehen. Weitere Aufzüge erhielten bzw. erhalten 2014 Richard-Wagner-Platz (U 7), Onkel-Toms-Hütte (U 3), Leinestraße (U 8) und Kurfürstendamm (U 1).

Im Sommer 2015 wird die U 9 zwischen Walther-Schreiber-Platz und Rathaus Steglitz umgebaut. Dabei wird die untere Ebene des Bahnhofs Schloßstraße geschlossen, womit auch die Züge Richtung Steglitz künftig am oberen Bahnsteig halten werden. Dazu ist eine anderthalbmonatige Vollsperrung zwischen Rathaus Steglitz und Walther-Schreiber-Platz nötig. Geplant ist zusätzlich zum SEV die Buslinie 285 über die Schloßstraße bis zum Walther-Schreiber-Platz zu verlängern.

Ebenfalls im Sommer 2015 wird die U 5 erneut eingeschränkt. Zwischen Biesdorf-Süd und Wuhletal erfolgen die letzten Kabelkanalerneuerungen im Rahmen einer Vollsperrung mit SEV.

Fahrgastinformation

Versuchsweise finden sich auf einigen Bahnhöfen in den Verteilergeschossen Monitore, die die örtlichen Umsteigemöglichkeiten zu allen Verkehrsmitteln in Echtzeit anzeigen. Sie sind aber teilweise gut versteckt und weisen eine verbesserungswürdige Informationsdarstellung auf.

In Schwachlastzeiten und aufgrund von Wagenmangel verkehren bei der Berliner U-Bahn regelmäßig Kurzzüge. Da diese im Hinblick auf Halteposition, Anzeige auf den dynamischen Fahrzielanzeigern (Daisy) und einer sicheren Abfertigung ein gewisses Konfliktpotenzial aufweisen, ist ein Projekt „Kurzzug“ in Arbeit, um hier optimale Lösungen zu finden. Dabei gibt es auch die Idee, auf den Daisy-Anzeigern das Wort „Kurzzug“ mehrsprachig anzuzeigen.

Bei Baumaßnahmen und Betriebsstörungen wäre mehr Aufwand bei der Fahrgastinformation wünschenswert, dies gilt sowohl für die akustische, optische als auch die personelle Information. Die technischen Systeme in den Fahrzeugen und auf den Bahnhöfen stoßen aber aufgrund ihres Alters dabei deutlich an ihre Grenzen. So können zwar bei Daisy die Fahrziele überschrieben werden, wovon auch regelmäßig Gebrauch gemacht wird, aber dies nur für alle Züge. So kommt es bei baustellenbedingten Teleskopierungen von Linien vor, dass in Daisy alle Züge mit dem normalem Linienende angegeben werden, aber einige Züge planmäßig schon vor dem Umsteigebahnhof zum SEV enden und somit keine Möglichkeit bieten, dieses Linienende ohne Zugwechsel zu erreichen.

Sonstiges

Ab dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2014 werden die Linien U 1, U 2, U 3 und U 5 sonntags bis donnerstags bis zum Betriebsschluss im 10-Minuten-Takt verkehren. Der 15-Minuten-Takt für die letzte halbe Stunde entfällt. Ab Mitte April 2015 ist für die U 6 in der Hauptverkehrszeit eine Verdichtung auf einen 4 1/3-Minuten-Takt vorgesehen. Das würde 2 Züge pro Stunde mehr bedeuten. Für diese und auch die bereits erfolgten Mehrleistungen wurden zwar neue Fahrer eingestellt, aber die Zahl der Fahrzeuge reicht kaum aus.

Die U 1 soll wieder mit 8-Wagen-Zügen verkehren, wofür 11 DTw benötigt werden. Dies hängt aber maßgeblich von der Anzahl an verfügbaren Fahrzeugen ab und kann deshalb frühestens mit der Auslieferung der neuen Fahrzeuge der Baureihe IK umgesetzt werden. Da die neuen Fahrzeuge aber auch ältere Fahrzeuge der Baureihe A3L71 ablösen sollen, ist dies nicht einmal sicher.

Das Projekt „Mehr Personal auf Bahnhöfen“ läuft weiter, fällt aber kaum auf. Noch immer sind 10 Bahnhöfe – die dem Bedarf entsprechend auch mal gewechselt werden – mit Servicepersonal besetzt, das allerdings aus dem eigenen Personalbestand besetzt werden muss. Das Land Berlin beteiligt sich nicht mit Zusatzmitteln an diesem Projekt, weshalb eine Erweiterung auch kaum möglich sein wird.

Die Bahnhöfe der Berliner U-Bahn werden von den Fahrgästen als heller und sauberer empfunden als die der S-Bahn. Hierfür hat die U-Bahn in den letzten Jahren einiges geleistet. So wird auf ein verbessertes Lichtkonzept bei Grundinstandsetzungen von U-Bahnhöfen inzwischen grundsätzlich geachtet. Es wäre wünschenswert, wenn solche Standards verbundweit gelten würden.

Das Bike-und-Ride-Programm sorgt für weitere Fahrradabstellmöglichkeiten an U-Bahnhöfen. Der aktuelle Planbereich liegt in Charlottenburg, Wilmersdorf und Schöneberg. Der nächste Bereich ist mit Tempelhof und Neukölln bereits beplant. Auch eine Realisierung für Mitte ist vorgesehen. Bis zum August 2014 gab es 2.755 Fahrradstellplätze an U-Bahnhöfen sowie Straßenbahn- und Bushaltestellen. Dabei wurden auch 41 Überdachungen realisiert.

Jens Fleischmann

aus SIGNAL 6/2014 (Dezember 2014), Seite 18-19