Stadtverkehr
Da es immer wieder Kritik an der Fahrgastinformation zu Straßenbahnbauarbeiten gab, wollte die BVG einmal an einem Beispiel zeigen, was sie kann. Und das zeigte sie dann auch – ein eher ernüchterndes Ergebnis.
17. Dez 2014
Es hätte so gut werden können. Da es in letzter Zeit bei kaum einer Baustelle der Straßenbahn akzeptable Fahrgastinformation gab, wollte die BVG sich am Hackeschen Markt völlig neu aufstellen. Ein neues Konzept sollte erarbeitet werden, alte Denkmuster und Prinzipienreiterei sollten aufgegeben werden. Dafür holte man sich sogar externe Hilfe – leider nicht vom Berliner Fahrgastverband IGEB.
Gute Ansätze waren ja zu erkennen: ein neues Layout der Hinweiszettel und der Schilder an den Haltestellen, sehr viel mehr Skizzen und Umgebungskarten, Einsatz von Fußtapsen für die Wegeleitung. Die Mittel für eine erfolgreiche Fahrgastlenkung waren also vorhanden. Man hätte sie jetzt nur noch richtig einsetzen müssen. Doch da hakte es leider.
Es ist wie zu Schulzeiten: Eine Prüfung steht an. Man kauft sich gute Fachbücher, tolles Papier und neue Stifte, organisiert seinen Schreibtisch neu. Überall kommen
nützliche Klebezettel ran. Doch als die Prüfungsfragen ausgeteilt werden, stellt man fest, dass das alles nichts bringt, wenn man das wichtigste nicht gemacht hat: seine Hausaufgaben!
Das Versagen ist vorprogrammiert. Wer seine Hausaufgaben nicht macht, hat keine Chance zu bestehen – egal wie schön die Utensilien sind. Wenn die Inhalte nicht stimmen, bringt die tolle Form gar nichts! Fahrgastinformation ist nun einmal nicht gleich Marketing. Beim Marketing geht es darum, das Unternehmen und alle Umstände so positiv wie nur irgend möglich darzustellen. Bei der Baustellenkommunikation muss ohne viel Blabla knallhart und verständlich mit wenig Worten herübergebracht werden, was nicht fährt und wie es weitergeht. Vorgaukeln falscher Tatsachen ist da kontraproduktiv.
Größtes Problem waren die vielen sich widersprechenden Angaben. Fußtapsen, die zu einer Haltestelle führten, an der in der DAISY-Zeile auf eine Ersatzhaltestelle hingewiesen wurde, von der man gerade kam. Hinweistexte, die einem lange Umwege aufbürdeten, obwohl der Einstig direkt vor Ort in das gewünschte Verkehrsmittel möglich gewesen wäre. Miserabel geplanter Ersatzverkehr, falsche Ansagen in den Zügen, fehlende Fahrpläne auf Umleitungsstrecken, falsch platzierte Ersatzhaltestellen und – nicht zu vergessen – die obligatorisch falsche Beschilderung haben die akzeptable Baumaßnahme in einen unerträglichen Kommunikationsalptraum verwandelt.
Am schlimmsten war die Situation direkt am Alexanderplatz. Mehrmals innerhalb der zwei Wochen musste nachgebessert werden. Erst kurz vor Schluss hat man es geschafft, einen halbwegs akzeptablen Zustand herzustellen.
Dabei waren durchaus gute Ansätze erkennbar. Das häufige Einsetzen des BVG-Navi-Symbols hatte einen hohen Wiedererkennungswert geschaffen und die ebenfalls schwarz-gelben Flatterbandstreifen am oberen Rand aller Bauinformationsschilder haben gut auf den Bauzustand aufmerksam gemacht. Der verstärkte Einsatz von Grafiken und Umgebungskarten ist ebenfalls äußerst positiv zu bewerten. Zusammenfassend kann man sagen, dass die BVG eine gute neue äußere Form für die Bauinfos gefunden hat – nur der Inhalt war halt leider miserabel.
Welche externe Unterstützung man sich dort auch immer gesucht hat: Experten im Informationsdesign waren das nicht. Eine gute Darstellung funktioniert nun einmal nur mit guten Informationen und einem guten Konzept. Letzteres hat hier aber gefehlt. Bleibt zu hoffen, dass man sich bei der BVG seiner Stärken und Schwächen besinnt, nicht aufgibt und für den nächsten Versuch keine Marketing-, sondern Informationsdienstleister ins Haus holt.
IGEB Stadtverkehr
aus SIGNAL 6/2014 (Dezember 2014), Seite 24