Bundeshauptstadt

Umsteigen im Berliner Nachtnetz


DBV Havelland

1. Feb 1998

Das Berliner Nachtnetz ist im Grunde gar nicht mal schlecht - und trotzdem immer wieder ein Grund zu Ärger und Frustation bei den Fahrgästen. Warum dieses? Es liegt in der Natur der Sache, daß es den wenigsten vergönnt ist, eine Direktverbindung nutzen zu können. Also wird man an der einen oder anderen Stelle umsteigen müssen. Und das ist trotz der guten Netzstruktur ein Dauerthema. Ein sehr negativ belastetes. Spitzenreiter in der täglichen Fahrgastverärgerung ist der Umsteigeknoten Hackescher Markt. Zugegeben: es hat sich schon einiges verbessert, insbesondere die Konzentration eines Teiles der Linien in der Burgstraße (vorher Spandauer Brücke) hat die Situation überschaubarer gemacht. Mit einem Nachteil allerdings: der Umsteigeweg von der Ausstiegshaltestelle der Straßenbahn zu den Haltestellen in der Burgstraße ist über Gebühr lang. Was nun aber nach wie vor überhaupt nicht funktioniert, ist die Wahrung von Anschlüssen der Busse untereinander. Schaffen es alle rechtzeitig zur planmäßigen Abfahrtzeit, sind die Chancen relativ gut, sofort weiterfahren zu können. Allerdings wurden auch schon verfrühte Abfahrten beobachtet.

Trifft einer der Busse mit Verspätung ein, ist mit Sicherheit die Versammlung der gelben Wagen aufgelöst. Besonders akut ist dies auf den Linien N5 und N52, seit wieder nur beim Fahrer eingestiegen werden darf (hier fahren Gelenkbusse!). Eine derart antiquierte Abfertigung bei einem dreitürigen Fahrzeug führt bei der besonderes am Wochenende starken Inanspruchnahme dieser Linien zwangsläufig zu Verspätungen. Und zu geplatzten Anschlüssen. Hier sind also andere Lösungen hinsichtlich der Abfertigung und Fahrscheinkontrolle gefragt: stärkere Kontrollen, wie sie ja bei S-, U- und Straßenbahn ja auch üblich sind oder gegebenfalls Einsatz von Schaffnern am Wochenende.

Was die Anschlußwahrung selbst betrifft: Es ist unbegreiflich, daß die an anderen, weit weniger bedeutenden Punkten praktizierte Überwachung der Anschlüsse über Funk oder einen Standposten vor Ort am Hackeschen Markt nicht üblich ist. Grault sich das „Dienstleistungsunternehmen" BVG vor der hier präsenten Kundschaft? Die mag in diesem bunten Viertel nicht immer pflegeleicht sein, das zeigen auch die unschönen Ereignisse der letzten Wochen, trotzdem sollte man sich im Interesse einer Mehrheit von „normalen" Fahrgästen bemühen, für einen geordneten Betriebsablauf zu sorgen.

Problematisch sind die Anschlüsse auch anderen Schnittstellen des Nachtverkehrs, wo die Busse nicht immer Sichtkontakt haben und für das Personal nicht ersichtlich ist, ob die andere Linie schon da war, oder noch gewartet werden muß. Vor allem die von privaten Taxiunternehmen bedienten Haustürlinien sind ein Unsicherheitsfaktor. Durch den Haustür-Service kann eine absolute Fahrplantreue nicht immer erwartet werden. Gerade deshalb müssen hier Möglichkeiten der Kommunikation dieser Linien untereinander gefunden werden. Unbegreiflich ist, daß die Taxi-Fahrzeuge keinen Funkkontakt zur BVG-Leitstelle haben. Mit heruntergesetzten Standards ist es keine Kunst, öffentliche Unternehmen im Preis zu unterbieten. Wir hegen die Hoffnung, daß der BVG-Unternehmensbereich Omnibus und auch die anderen am Busverkehr beteiligten Unternehmen die gern propagierte Kundenorientierung ernst nehmen und Schritte unternehmen, um die geschilderten Zustände abzustellen.

DBV Havelland

aus SIGNAL 1/1998 (Februar 1998), Seite 12