Aktuell
Am 11. Februar 1998 legte die IGEB auf ihrer Jahrespressekonferenz der Öffentlichkeit ihre Bewertung der Verkehrspolitik des vergangenen Jahres vor. Mit diesem Rückblick wurden acht Forderungen aus Fahrgastsicht für 1998 verbunden, die wir hier im Auszug wiedergeben. Der komplette Text ist auf der IGEB-Homepage „http://www.igeb.org“ hinterlegt.
1. Mär 1998
Im Bedarfsplan müssen die Prioritäten zugunsten der Straßenbahn verändert werden. Für dasselbe Geld ist ein sehr viel größerer Nutzen erzielbar als beim U-Bahn-Bau. Obgleich im ÖPNV-Gesetz ausdrücklich die Hinzuziehung und Mitwirkung Dritter bei der Aufstellung des Nahverkehrsplanes erwähnt wird (in anderen Bundesländern durch Nahverkehrsbeiräte üblich), erfolgte die Erarbeitung in Berlin als „geheime Kommandosache". Nicht einmal eine öffentliche Diskussion fand im Vorfeld des Senatsbeschlusses statt. Daher verwundert es kaum, daß der verabschiedete Berliner Nahverkehrsplan nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen entspricht:
Weder die Kosten und Finanzierbarkeit der einzelnen geplanten Investitionsmaßnahmen sind sachgerecht und transparent, noch sind für die zahlreich vorgeschlagenen Maßnahmen Prioritäten unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten gesetzt.
Es ist typisch für die kurzatmige, von der Tagespolitik bestimmte Verkehrspolitik, daß im vom Senat beschlossenen Nahverkehrsplan der Baubeginn der U5-Verlängerung ab 1999 vorgesehen ist, aber Senator Jürgen Klemann den Bau des U-Bahnhofs „Unter den Linden" kaum 14 Tage später für 1998 ankündigt - ohne Planungsrecht und gesicherte Finanzierung.
In der vorliegenden Form ist der Nahverkehrsplan eine unverbindliche Absichtserklärung. Angesichts der Finanzsituation muß die Politik, anstatt kostenträchtige U-Bahn-Projekte zu favorisieren, zugunsten des effizienteren Ausbaus der Straßenbahn radikal verändert werden. Für alle Investitionsmaßnahmen müssen eine vergleichende Kosten-Nutzen-Untersuchung durchgeführt werden (und daraus abgeleitet) im Nahverkehrsplan eindeutige Prioritäten zugunsten der finanziell realisierbaren Projekte gesetzt werden!
Das Land Berlin haftet als Gewährsträger allein und uneingeschränkt und hat noch dazu durch das Eigenbetriebsreformgesetz eine gesetzliche Weiterbeschäftgungsverpflichtung für die ca. 16 000 BVG-Mitarbeiter. Deshalb muß der Senat endlich dafür sorgen, daß Beschleunigungsmaßnahmen sofort umgesetzt werden. Nur so kann ein effizienter Betrieb und gleichzeitig eine Attraktivitätssteigerung erreicht werden.
Die BVG ist von infrastrukturbedingten Mehraufwendungen zu entlasten. Das Eigenkapital ist wieder auf eine wirtschaftlich vertretbare Basis zu erhöhen.
Die IGEB fordert ein Umschwenken zu preiswerten Umweltkarten, die Senkung der Sozialtarife und eine mindestens zweijährige Stabilität bei den anderen Tarifen.
Die bis zur geplanten Einführung des Verbundtarifes Berlin-Brandenburg zur Verfügung stehende Zeit soll genutzt werden, bisher Versäumtes nachzuholen und das Tarifmodell nochmals in Ruhe zu überarbeiten und mit allen Beteiligten abzustimmen. Eine mögliche Lösung dafür wäre z. B. das für die Zeitkarten vorgesehene Tarifsystem, das von allen Verkehrsunternehmen auch ohne nennenswerten finanziellen Aufwand umsetzbar ist, auch für Einzelfahrkarten zugrunde zu legen.
Die IGEB fordert
Die IGEB fordert die BVG zum wiederholten Male auf, für die modernisierten Tatra-Straßenbahnen vom Typ KT4D Niederflurmittelteile zu beschaffen. Mit dieser kostengünstigen Maßnahme könnte ein großer Teil des Straßenbahnnetzes behindertengerecht werden.
Alle Verkehrsunternehmen müssen dauerhaft Garantieversprechen abgeben, wie es bei der BVG probeweise geschieht. Die Verbundgesellschaft soll die Koordination und Bearbeitung der Garantieforderungen zentral durchführen.
IGEB
aus SIGNAL 2/1998 (März 1998), Seite 4-5