Fernverkehr
Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2014 bietet die Deutsche Bahn AG zu ausgewählten Angeboten kostenfreie Sitzplatzreservierungen an. Das hört sich gut an. Aber so einfach ist es nicht.
13. Apr 2015
Bahnreisende mit Komfortanspruch, die in der 1. Klasse reisen, bekommen nun eine Reservierung geschenkt. Bedingung ist aber, dass die Fahrkarte 1. Klasse ein fahrplanbasierter Normalpreis oder ein Sparpreis ist. Wer pauschale Touristangebote wie z. B. das Rail&Fly-Ticket zum Flughafen oder die diversen Rundreisepässe, aber auch wer eine Jahreskarte oder die BahnCard100 nutzt, muss weiterhin 4,50 Euro zahlen.
Eine weitere Gruppe von Reisenden, für die eine Reservierung bezahlt werden muss, sind die Familienkinder, die bis einschließlich 14 Jahre in Begleitung eines Groß-/Elternteils auf dessen Ticket mitfahren.
Hat man eine Fahrkarte für die 2. Klasse und löst einen Klassenübergang vor Fahrtantritt am Schalter nach, bekommt man auch hier keine freie Reservierung.
Die Systematik, warum zwischen den Erste-Klasse-Kunden differenziert wird, ist für den Reisenden nicht wirklich nachvollziehbar. Es sind schlicht technische Unzulänglichkeiten der Prüfung des Zusammenhangs von Ticket und Reservierung.
Die inkludierte Sitzplatzreservierung (iSPR), so wird die beim Kauf einer Erste-Klasse-Fahrkarte kostenlose Sitzplatzreservierung bezeichnet,
ist für den Reisenden bis zum Abfahrtstag des ursprünglich gebuchten Zuges einmal kostenfrei änderbar. Weitere Umbuchungen sind dann kostenpflichtig.
Bereits wenige Wochen vor dem Fahrplanwechsel im Dezember 2014 nahm die DB eine Änderung bei der Buchung von Gruppensparpreisen vor. Schon immer gab es bei diesen Angeboten eine Reservierungspflicht. Das ist ohne Frage sinnvoll, um auch das gemeinsame Reisen für alle im Zug zu ermöglichen. Ursprünglich kostete eine Gruppenreservierung pauschal 30,00 Euro. Im Jahr 2013 änderte die DB das Entgelt auf 2,00 Euro je Reisenden für je zwei Züge pro Richtung, was insbesondere bei größeren Gruppen für Unmut sorgte. Um die Reservierung den Kunden wieder schmackhaft zu machen und ihre Akzeptanz zu stärken, hat die DB das Entgelt von 2,00 Euro pro Person nun gestrichen.
Kann eine getätigte Reservierung nicht in Anspruch genommen werden, weil beispielsweise der Wagen ausgefallen ist oder der Fahrgast wegen Verspätung seinen Anschlusszug nicht erreicht, erstattet die Deutsche Bahn auch für die kostenlosen Reservierungen ein Reservierungsentgelt in Höhe von 4,50 Euro pro Reisendem.
Vom 26. Januar bis zum 7. März konnten Bahnreisende ein Aktionsangebot „Einsteiger-Ticket“ kaufen. Abgesehen von den vielen verwirrenden Bedingungen für das Ticket, gab es immerhin eine kostenlose Platzreservierung. Aber ob man sie brauchte oder nicht, jeder Käufer musste eine nehmen, soweit er einen normalen InterCity oder ICE nutzte. Das stieß auf Unverständnis, insbesondere dann, wenn es für Teilstrecken keine Reservierungen gab. Beispielsweise bei Fahrplanänderungen aufgrund von Bauarbeiten werden oft betroffene Bahnhöfe zur Reservierung gesperrt, während andere Streckenabschnitte des Zuges reserviert werden können.
So war es möglich, alle verfügbaren Angebote zu kaufen, nur das reservierungspflichtige Aktionsangebot nicht. Selbst wenn der Verkäufer den Fahrschein hätte ausgeben wollen, ließ dies sein Verkaufsprogramm wegen einer Zahlsperre ohne Reservierung nicht zu. Wollten mehrere Reisende zusammen fahren, aber unterschiedliche Angebote nutzen, so mussten durch den Verkäufer verschiedene Reservierungen teilweise getrennt gebucht werden.
Aus Bahnkreisen ist zu vernehmen, dass an einem System getüftelt werde, Fahrschein und Reservierung grundsätzlich zwangsweise miteinander zu verbinden, ohne das als Globalpreisfahrkarte für jeden Zug einzeln ausstellen zu müssen, wie es die französische Bahn SNCF mit ihren TGV-Zügen handhabt. Dort mag das gehen, wenn lange Distanzen ohne Zwischenhalte gefahren werden.
Für Deutschland, wo die Halteabstände insgesamt kürzer und das Fahrverhalten anders sind, eignet sich ein Reservierungszwang wohl kaum. So müsste ein Reisender, der lange Distanzen zurück legen möchte und nur für eine kurze Teilstrecke keine Reservierung mehr bekommen kann, gleich auf die ganze Reise verzichten. Die schlechten Erfahrungen mit einer Reservierungspflicht beim Aktionsangebot „Einsteiger-Ticket“ sollten der Bahn eine Lehre sein. (BfVst)
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 2/2015 (April/Mai 2015), Seite 29