Schienenverkehrswochen 1998
Der Sprechtag fand am 5. Mai, diesmal im Betriebshof Müllerstraße, statt. Die BVG war durch den Unternehmensbereichsleiter Omnibus, Herrn Lawerentz sowie Herrn Graetz und Herrn Müller vertreten.
1. Jun 1998
Zunächst stellte die BVG ihr Umbauprogramm vor, das für einen Teil der Busflotte vorgesehen ist. Im Heckbereich sollen "Gruppensitze" entstehen: Vor der Heckbank soll eine bzw. zwei Reihen Längs- statt den bisherigen Quersitzen angebracht werden. Von der Änderung, die u.a. schon bei den Verkehrsbetrieben in Potsdam und Hannover anzutreffen sind, verspricht sich die BVG geringere Vandalismusschäden. Die Fahrzeuge sollen so übersichtlicher werden und potentielle Täter sich beobachtet fühlen. Im Oberdeck der Doppeldecker wird außerdem der Sitzabstand vergrößert und es werden zusätzliche Haltewunschtasten angebracht.
In den Eindeckbussen wird ein Sitz für Kleinwüchsige abgesenkt und mit zusätzlicher Haltewunschtaste ergänzt. Die Rampe an der zweiten Tür soll durch ein längeres Modell ersetzt werden. Obwohl diese Änderungen nach Angaben der BVG unter Beteiligung der Fahrgästen entwickelt wurden, gab es auch Kritik. Der Sitzplatzverlust durch die Gruppensitze (zwei Plätze pro Einheit) wurde bemängelt, ebenso die in manchen Typen zum Erreichen der Sitze zu überwindende Stufe. An Umbaukosten entstehen je Doppeldecker und Gelenkbus 10.000 DM und je Eindecker 5.000 DM. Dem stehen im Busbereich Vandalismusschäden in Höhe von 7,5 Millionen DM pro Jahr gegenüber, die man natürlich zu senken hofft.
In diesem Zusammenhang war auch zu erfahren, daß sich die Hublifte an der ersten Tür nicht bewährt haben und durch "billigere und bessere" mechanische Rampen ersetzt werden sollen. Ganz auf eine Einstiegshilfe an der ersten Tür wird jedoch nicht verzichtet werden, damit Behinderte beim Fahrer einsteigen können.
Die BVG strebt einen Anteil von ca. einem Drittel Doppeldecker beim Fahrzeugpark an. Das nächste Fahrzeug soll gegenüber der 95er-Serie erheblich verändert werden. In 1998 gibt es dehalb keine Neuanschaffungen.
Bei der Be- und Entlüftung in den Eindeckern scheint es Meinungsverschiedenheiten zu geben: während die Fahrgäste Klappfenster (dem Standard älterer Fahrzeuge entsprechend) forderten, setzt die BVG auf Klimaanlagen. An dieser Stelle sei noch mal an die Erfahrungen der S-Bahn GmbH vom Sommer 1997 verwiesen. Den neuen S-Bahnen fehlten Klappfenster. Deshalb hatten sie schnell den Makel der "Saunabahn" weg. Inzwischen hat die S-Bahn GmbH die Fahrzeuge mit Klappfenstern nachrüsten lassen.
Im Fahrplan- und Linienbereich wurde die Aufteilung der Linie 204 kritisiert. Unmut rief die Tatsache hervor, das die Hildegard Straße in Wilmersdorf nicht mehr bedient wird. Die BVG-Vertreter verteidigten die Maßnahme mit der schwachen Auslastung der Linie in diesem Bereich und der umwegreichen Streckenführung. Nach der Eröffnung des Südrings habe der Bus hier noch stärker als im Gesamtnetz Fahrgäste verloren. Es wurde aber auch deutlich, daß solche Entscheidungen zwangsläufig auch im Zusammenhang mit der Sparpolitik des Senates zu sehen sind.
Am Hackeschen Markt wurde vor kurzem eine Funküberwachung der Anschlüsse im Nachtverkehr eingeführt - eine alte IGEB Forderung. Trotzdem bleibt dieser Bereich auch für den Bus ein Problem: Die Politik des Senates, fehlende Berücksichtigung des ÖPNV bei der Bebauungsplanung und fehlendes Verständnis auf Seiten des Bezirks Mitte könnten zur Folge haben, daß der Anschlußknoten zumindest an dieser Stelle ganz aufgegeben werden muß!
Fragen gab es zur Zukunft der Busspuren in der Karl-Liebknecht-Straße nach dem Bau der Straßenbahn. Eine Mitnutzung der Tramgleise durch die Busse scheitert an fehlenden Kapazitäten beim Abfluß an der Kreuzung Karl-Liebknecht-Straße/Spandauer Straße. Bus und Straßenbahn würden sich dort gegenseitig behindern. Immerhin soll hier die spur erhalten bleiben.
An anderer Stelle gab es jedoch auch Positives zu berichten: Noch vor einiger Zeit unmöglich, soll es nun (zumindest nach Vorstellungen des Bereiches Bus) gemeinsame Haltestellen von Straßenbahn und Bus geben. Weiterhin sollen zukünftig alle Haltestellenfahrpläne in der Regel am Haltestellenmast zu finden sein. Das Wandern zwischen Wartehalle und Haltestellenmast hat dann ein Ende. Ob hier die Kritik der IGEB gewirkt hat?
Die Anschlußsicherung soll nach Einführung des Rechnergestützten Betriebsleitsystems zum Jahresende deutlich verbessert werden. In diesem Zusammenhang wird auch ein Großteil der Fahrzeuge mit automatischer Haltestellenansage nachgerüstet.
Alle Beteiligten waren sich einig, daß der Kundensprechtag auch im nächsten Jahr durchgeführt wird. Der Veranstaltungsort war gut gewählt: auf einem Betriebshof der BVG. Die BVG nutzte unter anderem die Gunst des Ortes, Fahrzeuge vorzustellen.
IGEB, Abteilung Stadtverkehr
aus SIGNAL 4-05/1998 (Juni 1998), Seite 8