Fernverkehr

Änderungen im Fernverkehrsangebot

Mit der Wiederinbetriebnahme der Stadtbahnstrecke für den Fern- und Regionalbahnverkehr am 24. Mai 1998 werden für Berlin und Brandenburg durchgreifende Verbesserungen im Verkehrsangebot realisiert. Eine weitere deutliche Attraktivitätssteigerung des Eisenbahnverkehrs wird mit der lange erwarteten Inbetriebnahme der Neu-/Ausbaustrecke (NBS/ABS) Berlin - Hannover am 27. September 1998 erzielt.


IGEB, Abteilung Fernverkehr

1. Jun 1998

Berlin - Hannover - Köln (Kursbuchtabelle 5)

Die ICE-Linie 10 beginnt/endet in Berlin Ostbahnhof. Sie verkehrt bis zur Inbetriebnahme der Neu-/Ausbaustrecke Berlin - Hannover im 2-Stunden-Takt. In Hamm erfolgt die Teilung: ein Halbzug bedient die Strecke Hagen - Wuppertal - Köln - Bonn, der andere die Strecke Dortmund - Bochum - Essen - Duisburg - Düsseldorf. Ab 27. September erfolgt die Verdichtung auf einen 1-Stunden-Takt über die NBS/ABS, wobei aufgrund der begrenzten Fahrzeugkapazität zwischen Hamm und Bonn vorläufig nur der 2-Stunden-Takt angeboten werden kann. Statt der Halte Berlin-Wannsee und Potsdam Stadt werden dann im Wechsel Berlin-Spandau und Wolfsburg bedient. Durch noch nicht abgeschlossener Baumaßnahmen an dem neuen Streckenabschnitt kann zu diesem Zeitpunkt die optimale Fahrzeit von eindreiviertel Stunden zwischen Berlin und Hannover noch nicht erreicht werden.

Die InterCityNight-Züge (ICN) der Relation Berlin - Köln - Frankfurt (Main) verkehren von und nach Berlin-Lichtenberg über die Stadtbahn.

Berlin - Braunschweig - Frankfurt (Main) - Mannheim - München (Kursbuchtabelle 6)

Keine wesentlichen Änderungen gibt es in dieser Relation. Künftig erhalten alle Züge der ICE-Linie 6 einen Halt in Hildesheim. Die Fahrzeit zwischen Braunschweig und Berlin wird um einige Minuten verlängert, Start-/Zielbahnhof in Berlin ist der Ostbahnhof. Die CityNightLine-Züge (CNL) der Relation Berlin - Basel - Zürich verkehren ab/bis Berlin-Lichtenberg über die Stadtbahn.

Hamburg - Berlin - Dresden/Leipzig - Nürnberg - München (Kursbuchtabelle 8)

Mit den beiden IC-/EC-Linien Hamburg - Berlin Zoologischer Garten - München und Hamburg - Berlin - Dresden - Prag/Wien/Budapest wird zwischen Hamburg und Berlin ein 1-Stunden-Takt angeboten, wobei mit IC815/816 in Tagesrandlage Lübeck anstatt Hamburg angebunden wird. Das Kehren der Züge in der Relation Hamburg - Berlin - München im Bahnhof Berlin Zoologischer Garten bleibt bestehen, es erfolgt in diesem Fall keine Durchbindung über die Stadtbahnstrecke. Neu ist der IC-Halt alle zwei Stunden in Hamburg-Bergedorf.

Generell wurden die Fahrzeiten in den o.g. Relationen um einige Minuten verlängert; Grund hierfür ist das Bestreben der DB AG, die Verspätungen, die in der Vergangenheit zu erheblichem Unmut bei den Bahnkunden geführt haben, zu reduzieren.

Entfallen wird zum Fahrplanwechsel das Schnellzugpaar D378/379 "Metropol" Berlin - Budapest mit Kurswagen nach Wien. Ersetzt wird dieses Zugpaar durch eine Euro-Night-Verbindung (EN) Berlin - Wien - Budapest (über Nürnberg und Passau).

Görlitz - Cottbus - Berlin - Schwerin/Lübeck (Kursbuchtabelle 21)

Die Züge der InterRegio-Linie 32 (Berlin - Cottbus - Görlitz) werden über die Stadtbahnstrecke geführt, Start-/Zielbahnhof ist der Bahnhof Berlin Zoologischer Garten. Zwischen Cottbus und Görlitz wird das Zugangebot auf vier IR-Zugpaare beschränkt (z.Z. fünf), die Verkehrszeit in diesem Abschnitt ebenfalls bis zum 26. September 1998. Danach beginnen/ enden diese Züge in Spremberg.

Die Direktverbindung nach Zittau (nur samstags) entfällt.

Dresden/Chemnitz - Berlin - Neustrelitz - Rostock (Kursbuchtabelle 30)

Die Züge der InterRegio-Linie 34 (Dresden/Chemnitz - Berlin - Rostock) werden über Berlin Ostbahnhof geführt. Für den notwendigen Fahrtrichtungswechsel sind 17 bzw. 21 Minuten eingeplant. Einschränkungen gibt es bezüglich der Anbindung von Warnemünde; die drei IR-Zugpaare werden freitags bis sonntags bis zum 26. September 1998 verkehren.

Stralsund - Berlin (Kursbuchtabelle 31)

Die InterRegio-Züge dieser Relation werden über Berlin Ostbahnhof - anstatt über Berlin- Lichtenberg - nach Frankfurt (Main), Chemnitz und Leipzig durchgebunden. Ähnlich wie bei der IR-Linie 34 erfolgt in Berlin Ostbahnhof ein Fahrtrichtungswechsel.

Frankfurt (Main) - Erfurt - Berlin (Kursbuchtabelle 35)

Die Züge der InterRegio-Linie 36/41 werden über die Stadtbahn geführt und beginnen/enden in Berlin Zoologischer Garten, soweit keine Durchbindung Richtung Norden, z.B. Binz, erfolgt.

Eröffnung der elektrifizierten Stadtbahn-Ferngleise durch Bundesverkehrsminister Wissmann und den Regierenden Bürgermeister Diepgen am 20. Mai 1998. Foto: Marc Heller

Das Nachtschnellzugpaar D1 554/1 555 wird durch ein InterRegio-Zugpaar ersetzt, allerdings ohne Schlaf- und Liegewagen. Dieses beginnt/endet in Berlin Zoologischer Garten (Führung über Berlin Ostbahnhof und Berlin-Schönefeld. Die Möglichkeit der Schlaf- und Liegewagenbenutzung ist in dieser Relation somit ausschließlich auf den InterCity-Night (ICN) mit dem Laufweg Berlin - Köln - Bonn - Frankfurt (Main) beschränkt. Der ICN trifft jedoch erst um 10 Uhr in der Mainmetropole ein, für die meisten Geschäftsreisenden zu spät. Der frühestmögliche ICE (Berlin Zoo ab 5.51 Uhr) erreicht Frankfurt (Main) um 10.43 Uhr - ebenfalls viel zu spät, um noch morgendliche Konferenztermine wahrnehmen zu können. So bleibt der von der Bahn vielumworbene Kundenkreis auf das Flugzeug angewiesen.

Berlin - Wolfsburg/Magdeburg - Hannover - Bad Bentheim

Generell werden die InterRegio-Züge in dieser Relation über die Stadtbahnstrecke verlängert. Zumindest die Tagesverbindungen Berlin - Schiphol sollen ab 27. September 1998 über die Neu-/Ausbaustrecke Berlin - Hannover geführt werden mit den Halten Berlin-Spandau, Stendal und Wolfsburg in diesem Abschnitt. Ein Systemhalt in Rathenow wird z.Z. noch geprüft.

Im Raum Berlin erhält das IR-Zugpaar 316/317 (Berlin - Malmö) den neuen Laufweg Berlin-Lichtenberg - Stadtbahn - Berlin-Spandau-Oranienburg. Das Nachtschnellzugpaar in dieser Relation (D318/319) beginnt/endet in Berlin Zoologischer Garten (Laufweg über Berlin Ostbahnhof in Richtung Norden).

Berlin - Stettin (Kursbuchtabelle B2)

Neu angeboten wird das täglich in der Mittagszeit verkehrende Zugpaar D324/325 „Albatros" im Abschnitt Berlin - Stettin. Aufgrund des Einsatzes nicht qualitätskonformen Wagenmaterials kann dieses Zugpaar entgegen ersten Planungen nicht als InterRegio geführt werden. Sämtliche Züge in dieser Relation beginnen/enden unverändert in Berlin-Lichtenberg.

Berlin - Warschau - Kiew/Moskau (Kursbuchtabelle B5)

Die InterCity-Züge in dieser Verbindung beginnen/enden in Berlin Zoologischer Garten. Neu eingeführt wird das Zugpaar EC44/45 „Paberewski" zwischen Berlin und Warschau. Das Zugpaar D298/299 „St. Petersburg-Expreß" entfällt, Kurswagen von/nach St. Petersburg werden von D246/247 „Moskwa-Expreß" mitgeführt. Die Kurswagen nach Simferopol, Charkow, Akmola und Odessa werden neu mit D344/345 (Berlin - Kiew) befördert.

Bewertung aus Fahrgastsicht

Mit den beschriebenen Maßnahmen wird im Jahr 1998 überwiegend ein erheblicher Qualitätssprung im Eisenbahnfernverkehr erzielt. Allerdings verbleiben auch - speziell im internationalen Verkehr - zum Teil gravierende Mängel, die nachfolgend aufgezeigt werden sollen:

Unbefriedigend ist der Ersatz des Nachtschnellzugpaares D378/379 „Metropol" durch eine EuroNight-Verbindung (EN). So positiv wie eine Komfortverbesserung zu bewerten ist, dürfte mit dieser Maßnahme jedoch - nicht zuletzt wegen des Umweges über Nürnberg und Passau - auch eine spürbare Fahrpreiserhöhung verbunden sein. Bei Redaktionsschluß lagen die Tarife allerdings noch nicht vor. Ob sich ein derartiges Angebot vor dem Hintergrund immer höherer finanzieller Belastungen der Bürger am Markt tatsächlich positionieren läßt, ist zumindest zweifelhaft; freuen dürften sich wahrscheinlich einmal mehr Busunternehmen und Fluggesellschaften.

Attraktivitätssteigernde Maßnahmen sind auch in der Relation Berlin - Stralsund - Malmö erforderlich. Als für den Bahnkunden negativ sind bei sämtlichen Verbindungen mit überlangen Aufenthaltszeiten von zum Teil mehr als einer Stunde im Fährhafen Trelleborg zu bewerten.

Wenig kundenfreundlich ist auch die Bahnverbindung Berlin - Kopenhagen. Ab 24. Mai 1998 ergeben sich in Hamburg Hbf im ungünstigsten Fall Übergangszeiten von mehr als 1,5 Stunden. Weshalb überlassen es hier die beteiligten Bahngesellschaften den Busunternehmen und Fluggesellschaften, attraktive Angebote zu machen?

Eine wirkungsvolle Verbesserungsmaßnahme im Vergleich zum Flugverkehr wäre sicherlich auch die Einrichtung einer direkten Nachtverbindung zwischen Berlin und London; derzeit gibt es in dieser Relation bekanntlich ausschließlich Umsteigeverbindungen.

Im Binnenverkehr ist zum Teil leider eine Ausdünnung des für eine flächendeckende Erschließung im Eisenbahnfernverkehr wichtigen IR-Netzes zu verzeichnen (z.B. in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern). Gerade für die Funktion des Gesamtsystems ist allerdings auch der Erhalt bzw. die Attraktivitätssteigerung von Linien mit geringerer Ertragslage entscheidend.

Berlin Ostbahnhof: Herzlich willkommen in der Bundeshauptstadt! Foto: Marc Heller

Insbesondere für Tagestouristen wäre der Fortbestand der Frühverbindung zwischen Berlin und Warnemünde zumindest an Wochenenden sinnvoll. Bedingt durch die Inbetriebnahme der Neu-/Ausbaustrecke Berlin - Hannover und der damit einhergehenden Verlagerung des hochwertigen Fernverkehrs wird die Anbindung der Landeshauptstädte Potsdam und Magdeburg künftig kritisch zu verfolgen sein; gerade von Magdeburg besteht ein erhebliches Reisendenaufkommen in Richtung Hannover und Frankfurt/Main.

IGEB, Abteilung Fernverkehr

aus SIGNAL 4-05/1998 (Juni 1998), Seite 24-27