Fernverkehr

Der Hochgeschwindigkeitsverkehr bei der DB AG

Der fahrplanmäßige Hochgeschwindigkeitsverkehr mit Geschwindigkeiten bis 250 km/h wurde im Bereich der DB AG am 2. Juni 1991 aufgenommen. Seit diesem Zeitpunkt kommen die für das neue Angebot im Personenfernverkehr entwickelten InterCity-Expresszüge (ICE1) zum Einsatz. Seitdem wurde mit dem ICE ein von Jahr zu Jahr steigendes Fahrgastaufkommen bewältigt.


IGEB
Abteilung Fernverkehr

1. Jun 1998

Diese Tatsache ist auch im Umsatz ablesbar. So erzielte die DB AG mit dem ICE im Jahr 1992 einen Umsatz von ca. 0,5 Milliarden DM, 1995 bereits über 1,4 Milliarden DM und 1996 schließlich ca. 1,5 Milliarden. Der Anteil am Gesamtumsatz des Geschäftsbereichs Fernverkehr liegt mittlerweile bei fast 30 %. Die drei ICE-Stammlinien führen über die Neubaustrecken Hannover - Würzburg und Mannheim - Stuttgart und realisieren dort den wesentlichen Anteil der für den Fahrgast sehr attraktiven Reisezeitgewinne. Die Inbetriebnahme der Neubaustrecke zwischen Berlin und Hannover im September 1998 wird für den Fahrgast in zahlreichen Relationen erneut deutliche Fahrzeitverkürzungen bringen, z.B. beträgt die Fahrzeit zwischen Berlin und Hannover dann 1 Stunde 45 Minuten. Im Vorgriff darauf wurde bereits zum Fahrplanwechsel am 1. Juni 1997 die neue Linie Berlin - Magdeburg - Hannover - Köln mit ICE-Zügen der zweiten Generation eingerichtet.

Neben genannten Gründen ist der ICE auch aus anderen Gründen ein Erfolg:

Fahrzeug konzeption derzeit eingesetzter bzw. künftiger ICE-Generationen

ICE 1

Seit 1991 sind 60 Züge der ersten Generation im Einsatz. Sie bestehen aus zwei Triebköpfen und bis zu 14 Mittelwagen (davon ein Speisewagen). Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 280 km/h. 20 Züge sind für den Einsatz auch in der Schweiz hergerichet.

ICE2

Seit 1. Juni 1997 werden zwischen Berlin und Köln ICE-Züge der zweiten Generation (ICE2) eingesetzt Sie haben auf dieser Verbindung die IC- Züge ersetzt. Auf dem Foto durchfährt der ICE2 Brandenburg Hauptbahnhof. Foto: Christian Schultz

Die ICE-Züge der zweiten Generation wurden seitens der DB AG als Halbzug, bestehend aus Triebkopf, sechs Mittelwagen und einem Steuerwagen bestellt Das Betriebskonzept mit kuppelbaren, kürzeren Zügen ermöglicht die Bildung von Flügelzügen mit umsteigefreien Direktverbindungen. Seitens der DB AG wird mit dem Einsatz der Halbzüge - bedingt durch die Möglichkeit einer besseren Anpassung an das Fahrgastaufkommen - auch eine Verbesserung des Wirtschaftsergebnisses erwartet Bestellt wurden 44 ICE 2, die seit dem 1. Juni 1997 vorrangig auf der Strecke zwischen- Berlin - Hannover - Köln eingesetzt werden, zum Teil noch ohne Steuerwagen.

Bezüglich des Fahrzeugkonzeptes hat es beim ICE 2 gegenüber dem ICE 1 im wesentlichen folgende Änderungen gegeben:

ICE 3

Der ICE der dritten Generation ist speziell für den Betrieb auf der in Bau befindlichen Neubaustrecke Köln - Frankfurt/Main mit einer fahrplanmäßigen Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h und Trassierungsparametern von 40 Promille Neigung ausgelegt. Bedingt durch die Einbeziehung neuer Endpunkte, wie z.B. Amsterdam und Brüssel, ist die Reduzierung der Achslasten auf maximal 17 Tonnen erforderlich. Die DB AG hat 1994 insgesamt 50 ICE3-Züge bestellt, 13 davon werden für den grenzüberschreitenden Verkehr als Mehrsystemzüge mit vier Spannungssystemen ausgerüstet. Zusätzlich hat die Niederländische Eisenbahn (NS) vier eigene ICE3-Züge in der Viersystemausführung bestellt, wobei diese Züge vorzugsweise in der Relation Frankfurt/Main - Amsterdam eingesetzt werden sollen.

Beibehalten wurde das beim ICE2 eingeführte Konzept der automatisch kuppelbaren 200 Meter langen Halbzüge für eine Flügelzugbildung. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wird beim Wechselspannungsnetz 330 km/h, beim Gleichspannungsnetz 220 km/h betragen; abweichend vom ICE1 bzw. ICE2 wird es keinen Triebköpfe geben, statt dessen wird die elektrische Antriebsausrüstung auf den gesamten Halbzug verteilt (Triebwagenkonzept), wobei die Hälfte der Radsätze angetrieben wird.

Der insgesamt achtteilige ICE3 wird aus drei Wagen der 1. Klassen, einem Restaurant-Wagen und vier Wagen der 2. Klasse bestehen. Die Fahrzeuge erhalten wie beim ICE2 eine Großraumeinrichtung mit Reihen- und Vis-a-vis-Bestuhlung in der 2. Klasse und überwiegend auch in der 1. Klasse. Hier sind jedoch auch sechs Abteile in geschlossener Bauweise vorhanden. Die Beschränkung dieser Wahlmöglichkeit ausschließlich auf die 1. Klasse kann aus Fahrgastsicht nicht zufriedenstellen. Wie beim ICE2 bereits beschrieben, werden gerade Abteile von Kleingruppen und Familien bevorzugt, wobei dieses Kundenpotential - nicht zuletzt aus finanziellen Gründen - in der Regel die 2. Klasse nutzt. Die Züge des ICE3 sollen ab 1999 den Betrieb aufnehmen.

ICT (Intercity-Triebwagen)

Auch dieses Fahrzeug ist nicht zuletzt wegen seines äußeren Erscheinungsbildes der „ICE-Familie" zuzurechnen. Nachdem bereits seit 1992 Triebwagen mit Neigetechnik für den Regionalverkehr zur Verfügung stehen, folgen nun auch entsprechende Fahrzeuge für den Fernverkehr. Hauptvorteil dieser Nei Tech-Züge ist die Möglichkeit der Fahrzeitverkürzung ohne teure Streckenneubauten. Die Wagenkastenneigung ermöglicht dabei höhere Kurvengeschwindigkeiten ohne Komfortverlust.

Bestellt wurden von der DB AG:

Für weitere ICT7 besteht eine Option.

Die Höchstgeschwindigkeit wird 230 km/h (ICT5, ICT7), beim ICT-VT 200 km/h betragen.

In Schweden hat sich der Einsatz von NeiTech-Zügen vom Typ X2000 sehr bewährt. Die Attraktivität des Eisenbahn-Fernverkehrs wurde damit spürbar gesteigert. Foto: X2000 im Bahnhof Lund. Foto: Christian Schultz

Ähnlich wie beim ICE3 wird auch beim ICT die Antriebsausrüstung unterflurig auf den Zug verteilt (Triebwagenkonzept); der Vorteil sind mehr Sitzplätze bei gleicher Zuglänge und eine gleichmäßige Verteilung der Radlasten. Wie beim ICE3 sind beim ICT in der 2. Klasse nur Großraumwagen vorgesehen, in der 1. Klasse wird es auch 4er-Abteilung geben - zwei pro Zug. Erfreulich ist, daß es im ICT ein Restaurantwagen gibt und im ICT5/ICT-VT ein Bistro. Die ICT werden voraussichtlich ab Herbst 1998 in der Relation Stuttgart - Zürich, später auch München - Leipzig - Berlin und Saarbrücken - Mannheim - Frankfuri/Main - Dresden/Berlin, eventuell Salzburg - Karlsruhe und Düsseldorf - Erfurt fahren. Die Diesel-ICT kommen voraussichtlich ab 1999 auf den nicht durchgängig elektrifizierten Relationen zum Einsatz, z.B. Nürnberg - Dresden und München - Lindau - Zürich.

Während in Deutschland jetzt erst im Fernverkehr langsam der Einsatz von NeiTech-Zügen beginnt, sind andere Länder da bereits viel weiter. In Schweden fährt zum Beispiel der X2000 seit vielen Jahren. Im Rahmen weiterer Bestellungen von Nei-Tech-Zügen könnten in vielen anderen Fernverkehrsrelationen attraktivere Reisezeiten erreicht werden, insbesondere auf Mittelgebirgsstrecken. Allerdings sei nicht verschweigen, daß auch bestehende Strecken für den Einsatz von Nei-Tech-Zügen hergerichtet werden müssen.

Thalys-Hochgeschwindigkeitszüge

Seit 14. Dezember 1997 fahren sieben Zugpaare pro Tag in der Relation Köln - Brüssel - Paris Thalys-Hochgeschwindigkeitszüge im 2-Stunden-Takt. Im Abschnitt Brüssel - Paris wird dabei die Höchstgeschwindigkeit von 300 km/ h erreicht. Für den Betrieb in dieser Relation stehen 17 Viersystemzüge zur Verfügung. Die Thalys-Züge bestehen jeweils aus zwei Triebköpfen und acht Großraum-Mittelwagen mit einem Bar-/Cafeteria-Wagen.

Tarifentwicklung durch den Hochgeschwindigkeitsverkehr

Die Einführung des ICE-/ICT-Verkehrs bedeutet für den Fahrgast einen höheren Fahrpreis (ICE-Relationspreise). In der Regel handelt es sich nämlich um kein zusätzliches Angebot, sondern um den Ersatz bislang verkehrender IC-Züge. Ein Ausweichen der Bahnkunden z.B. auf Interregiozüge ist nur bedingt möglich bzw. wird durch Umsteigeverbindungen sehr umständlich.

Seit 1993 ist auch Berlin an den DB-Hochgeschwindigkeitsverkehr angeschlossen. ICE1 durchfährt den Bahnhof Potsdam-Wildpark auf seiner Fahrt nach München über Braunschweig, Göttingen, Mannheim und Ulm. Foto: Christian Schultz

Beispielhaft sei hier die Einführung der ICE2 in der Relation Berlin - Magdeburg - Hannover - Köln am 1. Juni 1997 genannt, was gleichzeitig mit einer spürbaren Fahrpreiserhöhung verbunden war. Zwar wurde zu diesem Zeitpunkt eine Komfortverbesserung erzielt; bedingt durch die unfertige Neubaustrecke Berlin - Hannover war aber noch keine Fahrzeitverkürzung erzielbar, die aus Fahrgastsichteine Fahrpreisanhebung hätte rechtfertigen können.

Für die Zukunft ist deshalb sehr zu hoffen, daß der Hochgeschwindigkeitsverkehr dauerhaft zu einem Mehrverkehr auf der Schiene bzw. zur Entlastung des Straßen- und Luftverkehrs beiträgt und nicht durch die Tarifpolitik letztlich doch unattraktiv wird.

IGEB
Abteilung Fernverkehr

aus SIGNAL 4-05/1998 (Juni 1998), Seite 28-30